Das rät die Kinderärztin

Dauerzocken mit Folgen: Zwölfjähriger hat „Switchitis“ – wieviel Zocken ist in welchem Alter ok?

France, Rouans, 2023-01-28. A 9-year-old child plays Minecraft on a game console, the Nintendo Switch. Photograph by Maylis Rolland / Hans Lucas. France, Rouans, 2023-01-28. Un enfant de 9 ans joue a Minecraft sur une console de jeux, la Nintendo Switch. Photographie par Maylis Rolland / Hans Lucas. || Mindestpreis 10 Euro
Ein Zwölfjähriger aus Japan musste medizinisch behandelt werden, weil er zu viel auf der Nintendo Switch und anderen Konsolen gezockt hat. (Symbolbild)
Maylis Rolland, Maylis Rolland / Hans Lucas
von Vera Dünnwald

Was ist denn hier los?
Was klingt wie ein Niesgeräusch, gibt es wirklich und ist auf die beliebte Spielekonsole Switch von Nintendo zurückzuführen: „Switchitis“. Daran ist ein zwölfjähriger Junge aus Japan erkrankt, weil er zu viel gezockt hat. Klingt verrückt, ist aber tatsächlich eine eingetragene Krankheit, wie uns eine Kinderärztin erklärt.
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Mehrere Stunden zocken am Tag beeinträchtigen die Gesundheit des Jungen (12)

Zocken, bis der Arzt kommt! Oder bis man eben selbst hingehen muss. Ein Zwölfjähriger aus Japan muss aktuell mit den gesundheitlichen Auswirkungen seines Dauer-Gedaddels leben. Laut der wissenschaftlichen Fachzeitschrift The Journal of Pediatrics, in der sich die Ärzte um Hiroyoshi Takashi vom Numakuma-Krankenhaus in Fukushima den Fall genauer angesehen haben, beschwert sich das Kind über starke Schmerzen und Schwellungen am linken Zeigefinger. Diese bestünden seit sechs Wochen. Andere Symptome, die auf andere Krankheiten hindeuten könnten, hat er allerdings nicht. Denn eigentlich ist der Junge kerngesund.

Die Mediziner finden den wahren Grund seiner Beschwerden heraus: Im MRT ist deutlich erkennbar, dass eine Schwellung unter der Haut entstanden ist und dass ein Knochenmark-Ödem der Handknochen vorliegt. Steckt eine rheumatische Erkrankung dahinter?

Von wegen! Der Zwölfjährige verbringt einfach nur einen Großteil seiner Freizeit damit, auf der Nintendo Switch und anderen Videospielkonsolen zu zocken.

Und das sei laut den Ärzten als eindeutige Ursache für seine Symptome zu bewerten: „Als er süchtig nach dem Spiel wurde, überbeanspruchte er seinen linken Zeigefinger, um die Konsole zu bedienen. Er spielte an jedem Wochentag etwa vier Stunden und an den Wochenenden zwölf Stunden. Nachdem ihm das Spielen untersagt worden war, verbesserte sich sein Zustand innerhalb von zwei Wochen. Sein Zustand wurde schließlich als eine Unterart der ‘Nintendinitis’ diagnostiziert, für die der Name ‘Switchitis’ vorgeschlagen wurde.“

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Kinderärztin warnt: „Kinder können Auswirkungen ihres Spielverhaltens nicht einschätzen“

Kinderärztin Dr. Nikola Klün zeigt sich im RTL-Interview wenig überrascht: „Der Begriff Switchitis wurde tatsächlich so in einem seriösen, wissenschaftlichen Artikel verwendet.“ Ausgedacht ist die kuriose Erkrankung also nicht.

Und sie warnt: „Kinder können die Auswirkungen ihres Spielverhaltens nicht einschätzen und laufen damit Gefahr, leicht süchtig zu werden. Wenn das Kind ständig den Drang hat, zu zocken, sich sozial isoliert, andere Hobbys vernachlässigt, dann sind das alles Zeichen für eine Spielsucht.“ Bei manchen Kindern und Jugendlichen gehe das sogar so weit, dass sie Grundbedürfnisse wie Schlaf, Essen und Körperhygiene vernachlässigen.

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Die Obergrenze für tägliche Bildschirmzeit – also auch Gaming – variiere dabei von Alter zu Alter. Folgende Faustregel könne man sich laut der Medizinerin gut merken: „Ist das Kind beispielsweise zehn Jahre alt, sollte es maximal zehn Stunden pro Woche mit digitalen Medien verbringen. Bei einem zwölfjährigen Jungen beträgt die maximal empfohlene Bildschirmzeit entsprechend zwölf Stunden.“

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Das sollte bei der Mediennutzung der Kids beachtet werden

Außerdem sagt die Kinderärztin, dass Eltern immer ein Auge auf das Spielverhalten ihrer Kinder haben und die Medienzeit kontrollieren sollten. Zudem sollten Videogames und dergleichen altersgerecht sein. Und: Es helfe, wenn man sich für die Spielinhalte der Kinder interessiert. „Damit verhindert man, dass das Kind zu sehr in eine eigene Welt abdriftet“, erklärt sie.

„Natürlich gibt es auch diverse Apps und Einrichtungen auf den Tablets und Smartphones, die die Nutzung der Kinder kontrollieren können. Am besten versucht man dabei, die Kinder mit ins Boot zu holen. Das heißt, man sollte gemeinsam die Regeln aufstellen“, so Klün. Aber: „All das ergibt auch nur dann Sinn, wenn man selbst mit gutem Beispiel vorangeht und seine eigene Mediennutzung überdenkt.

Also, liebe Eltern: Zeit für eine Handy-Pause. Sonst gibt’s nachher noch WhatsApperitis oder Instagrammeritis.