Unions-Empörung nach RTL-Interview mit Özdemir über Fleischverzicht

"Es muss den von Waldbrand betroffenen Menschen wie Hohn vorkommen"

von Philip Scupin

In Sachsen und Brandenburg lässt der Klimawandel die Wälder brennen – und Bundeslandwirtschaftsminister Cem Özdemir fordert von den Bürgern, auch deshalb weniger Fleisch zu essen. Das bringt jetzt die CDU auf die Palme.
"Es muss den von Waldbrand betroffenen Menschen wie Hohn vorkommen, wenn der Landwirtschaftsminister aus diesem Anlass über den Fleischkonsum sinniert“, sagt der stellvertrende Unions-Fraktionschef Steffen Bilger bei RTL. Özdemir sei jeder Anlass recht, seine grüne Agenda durchzubringen.
Auch aus der FDP kommt Ablehnung zu Özdemirs Vorstoß. „Die Bürger gerade in der aktuellen Krise zu weiterem Verzicht aufzufordern, ist falsch“, sagt der FDP-Agrarexperte Gero Hocker bei RTL. Er fordert, stattdessen die Land- und Forstwirtschaft beim Klimaschutz politisch besser zu unterstützen.

CDU poltert gegen Minister Özdemir

Christoph Schmidt
CDU-Politiker Bilger kritisiert den Agrarminister
deutsche presse agentur

Angesichts von Dürre und Waldbränden in Deutschland hatte der Grünen-Minister die Bürger zu mehr Einsatz gegen den Klimawandel aufgefordert. „Es gibt keinen Klimaschutz, keine Biodiversität, ohne dass man es merkt“, so Özdemir am Freitagmorgen im RTL/ntv „Frühstart“. Der Klimawandel sei menschengemacht, also könnten auch Menschen dafür sorgen, dass es nicht einfach so weitergehe. „Zum Beispiel, indem ich weniger Fleisch esse.“

CDU-Politiker Bilger wirft ihm Realitätsferne vor. Die meisten Verbraucher müssten wegen der steigenden Lebensmittelpreise ohnehin genau überlegen, worauf sie vielleicht beim Einkauf verzichten könnten. „Da braucht es keine klugen Verzichtsratschläge aus Berlin."

Minister fordert weniger Massentierhaltung

Özdemir hatte im Interview aber auch gesagt, dass man auch künftig Tierhaltung in Deutschland brauche - etwa, um tierischen als Ersatz für mineralischen Dünger zu produzieren. Die Massentierhaltung zurückzudrängen aber sei ein Beitrag zum Klimaschutz. „Wir brauchen weniger Tiere, wir brauchen sie besser in der Fläche verteilt.“ Bauern müssten aber gut finanziert werden, damit die Hofnachfolge klappe.

Um schwere Waldbrände künftig zu verhindern, spricht sich der Grünen-Politiker zudem für einen Umbau der Wälder aus, weg von Monokulturen. „Sie müssen klimaresilienter werden.“ Der Bund gebe dafür 900 Millionen Euro aus.

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Getreideabkommen zu Ukraine auf der Kippe

Im Kampf gegen eine Hungerkrise forderte Özdemir die europäische Gemeinschaft dazu auf, sich nicht auf das Getreideabkommen der Ukraine mit Russland zu verlassen und für alternative Exportrouten zu sorgen. „Die Erpressung von Putin darf man nicht akzeptieren.“ Er arbeite mit seinem ukrainischen Amtskollegen daran, die EU-Kommission zum Handeln zu bewegen, so Özdemir. „Es gibt andere Möglichkeiten: Über die Donau, über die Schiene, über die Straße.“

Der Minister zeigte sich zur Umsetzung des ukrainisch-russischen Abkommen skeptisch. „Herrn Putin zu trauen, ist kein guter Ratschlag.“ Dennoch sei jedes Getreideschiff eine gute Nachricht, das in der Ukraine sicher ablege und im globalen Süden sicher ankomme, ohne von Putin bombardiert oder aufgehalten zu werden, so Özdemir. Das sei wichtig, damit der ukrainische Export wieder in Gang komme, Getreide nicht verkomme und um Menschen zu versorgen, die darauf angewiesen seien.

Özdemir fordert "Teller statt Trog"

Özdemir forderte zudem, in Deutschland weniger Getreide als Tiernahrung zu verfüttern. Derzeit landeten 60 Prozent im Trog. „Wenn man einen Teil davon nutzen könnte für menschliche Ernährung, hätten wir schon Flächen gewonnen.“ Auch die Beimischung von Nahrung in Kraftstoffen könne man langsam und Schritt für Schritt herunterfahren, so der Grünen-Politiker.

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