Tierschutz-Anwältin klärt über die Möglichkeiten aufEuer Nachbar misshandelt seinen Hund? Was ihr jetzt tun könnt

Ihr seht einen Tierquäler – und jetzt?
Auch, wenn es schrecklich ist: Viele Menschen behandeln ihre Tiere nicht angemessen. Manche vernachlässigen Hund oder Katze, andere werden sogar gewalttätig. Doch was kann ich machen, wenn ich so etwas sehe? Wen rufe ich an – die Polizei oder das Veterinäramt? Und darf ich eigentlich für Beweismaterial jemanden filmen? Antworten gibt Melanie K. Fritz, Anwältin für Tierrecht.
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Wann spricht man eigentlich von Misshandlung bei Tieren?
Ein Hundebesitzer zerrt rabiat an der Leine. Eine Katze hat völlig verfilztes Fell. Ein Pferd steht scheinbar ausschließlich in einer Box. All das sind Fälle, in denen Tierliebhaber sagen: So sollte man nicht mit einem Tier umgehen. Doch handelt es sich hier schon um eine Misshandlung?
„Grundsätzlich spricht das Tierschutzgesetz bei Misshandlung davon, dass einem Tier ohne vernünftigen Grund erhebliche Schmerzen, Leiden oder Schäden zugefügt werden“, erklärt Melanie K. Fritz, deren Kanzlei sich auf Tierrechte spezialisiert hat. „Das kann z.B. der Fall sein, wenn ein Hund in einem heißen Auto zurückgelassen wird. Aber auch, wenn es erheblich vernachlässigt wird. Auch ein Pferd, das nur in der Box steht, kann diesen Tatbestand erfüllen.“
Je nachdem, wie schwer die Misshandlung ist, handele es sich entweder um eine Ordnungswidrigkeit oder um eine Straftat. „Die wäre mit einer Geld- oder sogar Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren bedroht“, führt Fritz aus. Letztere werde aber sehr selten verhängt.
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Tierquälerei melden: Was kann ich beim Verdacht, dass jemand sein Tier schlecht behandelt, tun?
Doch damit es überhaupt zu einer Verurteilung kommt, muss zunächst die Misshandlung festgestellt werden. Dafür sollte entweder die Polizei oder das Veterinäramt alarmiert werden. Die Polizei sollte man, laut Anwältin Fritz, nur bei akuter Gefahr alarmieren, „etwa, wenn ein Hund in einem heißen Auto sitzt.“
Wenn ein Hund bellt und alleine in der Wohnung ist, besteht keine konkrete Gefahr. In diesem Fall sollte man sich beim Veterinäramt melden. Sie sind bei der Verfolgung von Verstößen gegen das Tierschutzgesetz zuständig.
Fritz fügt hinzu: „Gerade bei Hunden kann man auch immer überlegen, ob zusätzlich eine Meldung beim Ordnungsamt Sinn macht. Die sind für die Einhaltung der Landeshundegesetze zuständig. Vor allem große Hunde oder Listenhunde sind oft gar nicht vernünftig angemeldet – gerade bei Leuten, die sich nicht kümmern.“
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Darf ich Tierquäler filmen, damit ich nachher Beweismaterial habe?
Wenn man sieht, wie jemand ein Tier misshandelt, hat man häufig das Bedürfnis, die Tat direkt festzuhalten. Der Griff zum Smartphone ist leicht. Und schließlich braucht man die Fotos und Videos ja auch zur Dokumentation. Häufig dienen die Beweismaterialien auch als Grundlage für weitere Ermittlungen – entweder vom Veterinäramt oder von Tierschutzorganisationen. Doch darf man einfach so Fremde filmen?
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Anwältin Fritz erklärt, dass es sich hier um eine Grauzone handelt. „In der Regel darf man nicht einfach so Menschen filmen. Auch, in fremde Gärten und Häuser reinzufilmen, kann sehr problematisch sein. Wenn man aber in der Öffentlichkeit ist, ist es in Ausnahmefällen eher möglich.“ Oft sei es eine Interessenabwägung. Aber: Falls man sich nicht sicher ist und keine Zeugen hat, sollte man vom Filmen eher absehen. Wer schon gefilmt hat und nun Konsequenzen fürchtet, sollte wissen: Man kann Anzeigen auch anonym stellen. Und: „Je schlimmer die Tierquälerei ist, umso eher wird wohl ein Auge zugedrückt“, sagt Anwältin Fritz.
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Es macht rechtlich keinen Unterschied, ob ein Tierquäler eine Taube oder einen Hund misshandelt
Grundsätzlich sind im Tierschutzgesetz übrigens alle Wirbeltiere gleichgestellt. Auch, wenn sich die Haltungsformen unterscheiden, damit sie artgerecht sind. Das heißt: Das Gesetz greift eigentlich für alle Tiere, auch solche, die keine Haustiere sind.
„Dennoch sieht man in der Praxis häufig, dass bei einem misshandelten Welpen eher eingegriffen wird, als bei der Misshandlung einer Stadttaube, einfach weil diese Tiere keine besonders große Lobby haben“, sagt Anwältin Fritz.