Islamistischer Terror in Wien
Attentäter wollte im Sommer Munition in der Slowakei kaufen
Bei einem islamistischen Anschlag in der Wiener Innenstadt am Montag wurden vier Menschen getötet, mindestens 22 weitere wurden zum Teil schwer verletzt. Wie Außenminister Heiko Maas am Dienstag mitteilte, ist auch eine deutsche Staatsbürgerin unter den Opfern. Inzwischen hat die Terrormiliz Islamischer Staat (IS) den brutalen Angriff in Österreichs Hauptstadt für sich reklamiert. Der Attentäter Kujtim F. (20) wurde nur neun Minuten nach den ersten Schüssen von der Polizei erschossen.

Slowakische Polizei gab einen Tipp nach Österreich
Hätten die österreichischen Behörden früher handeln können? Offenbar bekamen sie bereits im Sommer einen heißen Tipp auf Kujtim F. Der Attentäter sei im Sommer der slowakischen Polizei bei einem versuchten Munitionskauf aufgefallen, erklärte eine Polizeisprecherin am Mittwoch dem slowakischen TV-Nachrichtensender TA3.
Die Polizeidirektion in Bratislava schrieb auf Facebook: „Die slowakische Polizei erhielt im Sommer die Information, dass verdächtige Personen aus Österreich versuchten, in der Slowakei Munition zu kaufen. Es gelang ihnen aber nicht, den Kauf zu realisieren.“ Die Information sei unverzüglich der Polizei in Österreich übermittelt worden. Weitere Angaben wolle man nicht machen, um die Ermittlungen in Österreich nicht zu gefährden.
Sieben Opfer nach Anschlag in Wien in Lebensgefahr
Unter den bei dem Anschlag Getöteten sind nach Angaben der Polizei zwei Männer und zwei Frauen, darunter auch eine Deutsche. „Wir haben jetzt die traurige Gewissheit, dass auch eine deutsche Staatsangehörige unter den Opfern des Angriffs in Wien ist“, teilte Außenminister Heiko Maas am Dienstag in Berlin mit. Wie Österreichs Kanzler Kurz am Dienstag in Wien sagte, handelt es sich bei den Todesopfern um einen älteren Mann und eine ältere Frau, einen jungen Passanten und eine Kellnerin. Ein Polizist, der sich dem Täter entgegengestellt habe, sei niedergeschossen und verletzt worden.
Laut des Gesundheitsverbunds der Stadt sind mindestens sieben der verletzten Opfer in Lebensgefahr. Sie befänden sich „in kritischem, lebensbedrohlichem Zustand“, sagte eine Sprecherin des Klinikverbandes am Dienstagmorgen der österreichischen Nachrichtenagentur APA. Zur Identität der Verletzten machte sie keine Angaben. Insgesamt würden 22 Opfer des Angriffs in mehreren Spitälern behandelt, sagte die Sprecherin weiter. Ein bei dem Anschlag verletzter Polizist befinde sich in „stabilem“ Zustand.
Anschlag in Wien: Mutmaßlicher Terrorist von der Polizei erschossen
Der Attentäter sei Sympathisant der Terrormiliz Islamischer Staat (IS) gewesen, sagte der österreichische Innenminister Karl Nehammer am Dienstagmorgen. Der 20-Jährige Kujtim F. besaß die österreichische und nordmazedonische Staatsbürgerschaft und war einschlägig wegen Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung vorbestraft. Bei seinem Angriff sei er mit einem Sturmgewehr, einer verkürzten Kalashnikov, einer Faustfeuerwaffe und einer Machete bewaffnet gewesen und habe außerdem eine Sprengstoffgürtel-Attrappe getragen.
Ob es noch weitere Täter gibt, ist derzeit unklar – die Ermittlungen laufen auf Hochtouren. Bislang gebe es keine Hinweise auf einen zweiten Täter. Auch die Auswertung der 20.000 Videos, die bei den Behörden eingegangen waren, habe keine Hinweise in diese Richtung geliefert. „Es verdichten sich die Informationen ganz erheblich, dass es sich um einen Einzeltäter handelt. Dennoch haben wir im öffentlichen Raum enorme Sicherheitsmaßnahmen ergriffen“, sagte der Chef der höchsten Polizeibehörde, Franz Ruf, am Dienstagabend im Sender ORF.
IS-Terrormiliz bekennt sich zu Anschlag
Am Dienstagabend hatte die Terrormiliz Islamischer Staat (IS) den Anschlag für sich reklamiert. Ein „Soldat des Kalifats“ habe die Attacke mit Schusswaffen und einem Messer verübt und in der österreichischen Hauptstadt rund 30 Menschen getötet oder verletzt, darunter auch Polizisten, teilte der IS am Dienstag auf seiner Plattform Naschir News mit.

Mehrere Hausdurchsuchungen im Umfeld des Attentäters von Wien
Insgesamt habe es im Umfeld des Täters 18 Hausdurchsuchungen gegeben. 14 Personen seien vorläufig festgenommen worden, sagte Innenminister Nehammer. Zwei Personen seien in der niederösterreichischen Landeshauptstadt St. Pölten festgenommen worden, berichtet die Agentur APA unter Berufung auf einen Polizeisprecher. Zudem seien zwei Hausdurchsuchungen durchgeführt worden. Der „Kurier“ berichtete am Dienstag auf seiner Website, es handele sich um Kontaktadressen des mutmaßlichen Attentäters. Widerstand geleistet habe niemand.
Auch in Linz ist nach mehreren Medienberichten eine Person in Zusammenhang mit dem Attentat festgenommen worden.

Zeuge: Mutmaßlicher Attentäter schoss mit automatischer Waffe
Ein Zeuge sagte dem Österreichischen Rundfunk (ORF), „es hat sich nach Krachern angehört. Dann hat man gemerkt, das sind Schüsse.“ Eine Person sei die Seitenstettenstraße heruntergelaufen und habe „mit einer automatischen Waffe wild geschossen“. Dann sei er abgebogen und habe weiter geschossen. Augenzeugen berichteten von „mindestens 50 Schüssen“.
Auch Augenzeuge Florian Matthies war bei dem Angriff vor Ort. Er wollte noch schnell etwas aus einer Tiefgarage holen – und landete mitten im Terror. Im RTL-Interview schildert Florian Matthies den Horror von Wien.
Anschlag einen Tag vor dem Lockdown in Österreich
Der Anschlag ereignete sich am letzten Tag, bevor in Österreich wegen der Coronavirus-Pandemie ein Lockdown mit nächtlichen Ausgangssperren gilt. Augenzeugen berichteten, dass in der Wiener Innenstadt zu diesem Zeitpunkt viele Menschen unterwegs waren.
Die Wiener Schülerinnen und Schüler seien am Mittwoch von der Schulpflicht befreit. Bürgerinnen und Bürger sollen nach Möglichkeit das Stadtzentrum von Wien weiter meiden, hieß es.