In Bad Harzburg steht die Zeit still
Sven und Michael Bartsch leben wie im 19. Jahrhundert
Mächtiges Mobiliar, malerische Muster, mechanische Musiktruhen. Ein Leben im Prunk und dem Glanz der Gründerzeit: Vor 18 Monaten beginnt dieser Traum für Sven und Michael Bartsch, Wirklichkeit zu werden. Das Ehepaar kauft sich eine alte Stadtvilla im niedersächsischen Bad Harzburg, die sie seitdem renoviert und mit antiken Möbeln wieder in neuem Glanz erstrahlen lässt.
Wie es in ihrer Villa Charlotte aussieht und wieso dann doch mehr Schein als Sein herrscht, sehen Sie im Video.
127 Jahre alte "Dame"

‘Alte Dame sucht junge Liebhaber’ – mit dieser Zeile in einer Anzeige beginnt vor anderhalb Jahren die Geschichte der „Villa Charlotte“ in Bad Harzburg. Sven und Michael Bartsch kaufen die 127 Jahre alte Stadtvilla und verwandelt sie seitdem nach und nach in ein bewohnbares Gründerzeit-Museum. Einrichtung und Architektur in den insgesamt 16 renovierten Räumen stammen hauptsächlich aus der Feder von Sven. Der 45-jährige gelernte Landschaftsgärtner hat irgendwann keine Lust mehr auf Möbel von der Stange. „Ich habe meinen Mann kennengelernt und ihm gesagt, so lebe ich (...) Er hatte vorher eine etwas andere Einrichtung, aber ich hatte ihn davon überzeugt. Mittlerweile ist er noch schlimmer als ich. Er sagt immer, guck mal hier, und das könntest du da noch einbauen“, erzählt er.
Prunk und Glanz in 16 Räumen
In seinem Zuhause legt das Ehepaar großen Wert auf einen glaubwürdigen Gründerzeit-Glanz. Alles soll so aussehen wie vor rund 120 Jahren. Das beginnt schon bei der Anordnung der 16 Räume.
„Man hatte in der Mitte des Hauses den Gartensaal, wo man am besten auch in den Garten gehen konnte. Dort schloss sich das Speisezimmer an. Von dort konnte man ins Herrenzimmer gehen, wo sich die Herren nach dem Essen zum Rauchen zurückgezogen haben“, erklärt Sven. Während die Herren Whiskey tranken, saßen die Damen für einen Plausch und zur Handarbeit im Damensalon.
Musik kommt aus der Spieluhr

Möbel und Dekoration findet das Ehepaar auf Flohmärkten, Auktionen und bei Privat-Verkäufen. Aber nicht nur die Einrichtung haben Sven und Michael der Gründerzeit angepasst. Auch ihre Kleidung ist im Stil des 19. Jahrhunderts. Und die Musik kommt bei ihnen ganz stilecht aus der Spieluhr und dem Leierkasten. „Wir mögen, dass das mechanisch funktioniert, dass es ohne Strom funktioniert. Dass die immer noch nach 130 Jahren noch so funktionieren, wie sie mal geplant waren“, sagt Michael.
Ein kostspieliger Traum?
Als Banker hat er die Finanzen im Blick. Was der Gründerzeit-Traum bisher gekostet hat, wollen die beiden aber nicht verraten. „Wir leisten es uns, weil wir dafür einfach die Liebe haben. Heutzutage ist der höchste Anteil der Lohnkosten-Anteil, und das machen wir mit unserer eigen Hände Arbeit. Das spart schon mal.“
Inzwischen bieten Sven und Michael Führungen durch das Haus an. Einzelne Zimmer sollen außerdem bald an Gäste vermietet werden – allerdings ganz zeitgemäß ohne WLAN und Fernsehanschluss. (lzi)