Hypnose, Louwen-Diät & Co.Gynäkologin nimmt Trends unter die Lupe: Was wirklich den Geburtsschmerz lindert

A woman screaming in pain from strong contractions. Childbirth.
Gerade bei Erstgebärenden ist die Angst vor der Geburt häufig groß.
globalmoments
von Dr. med. Judith Bildau

Ich erlebe immer wieder schwangere Patientinnen, die große Angst vor der bevorstehenden Geburt haben. Häufig wird diese Angst auch noch durch „Horrorgeschichten“ getriggert, die die Frauen von Freundinnen und Bekannten erzählt bekommen oder im Internet lesen. Was dagegen helfen kann.

Angst vor der Geburt zu haben, ist normal!

Ich erinnere mich gut an eine mir sehr liebe Patientin, die zum Ende des siebten Schwangerschaftsmonats völlig aufgelöst in meine Praxis kam. Sie saß vor mir und weinte: „Ich habe solche Angst vor der Geburt, dass ich nicht einmal mehr schlafen kann. Eigentlich weiß ich gar nicht so genau, warum. Aber sobald ich daran denke, muss ich anfangen zu weinen und kriege regelrecht Panik. Was ist, wenn ich das nicht schaffe? Was, wenn dem Baby oder mir irgendetwas passiert?

Ich setzte mich neben sie. Sie schluchzte. „Alle anderen im Geburtsvorbereitungskurs scheinen sich darauf zu freuen, fiebern der Geburt regelrecht entgegen. Was ist falsch mit mir?“

Mit meiner Patientin war natürlich gar nichts falsch – und natürlich war und ist sie nicht die einzige Schwangere, die Angst vor der bevorstehenden Geburt hat. Das ist nämlich zunächst einmal völlig normal. Jede werdende Mutter fühlt sich unsicher, aufgeregt und oft auch ängstlich bei dem Gedanken daran, was da auf sie zukommen wird.

Untersuchungen haben gezeigt, dass allerdings etwa jede siebte Schwangere unter extremeren Gefühlen, ja, sogar regelrechter Panik, vor der Geburt leidet. Das Ganze nennt man Tokophobie. Hier beeinträchtigen die Sorgen rund um das Thema Geburt den gesamten Alltag. Die Frauen können unter anderem nicht mehr schlafen, weinen viel und leiden unter fehlendem Appetit – wie meine Patientin.

Die Ursachen dafür sind nicht eindeutig geklärt. Besonders scheinen aber Frauen davon betroffen zu sein, die zum ersten Mal gebären, über ein mangelndes Selbstvertrauen verfügen oder unter psychischen Problemen wie Angststörungen oder Depressionen leiden.„Ich habe vor allem Angst vor den wahnsinnigen Schmerzen. Ich habe neulich erst gelesen, dass der Wehenschmerz der schlimmstmögliche Schmerz sein soll. Das halte ich nicht durch!“, erklärte mir meine Patientin. Gemeinsam mit ihr überlegte ich nun, was ihr nun am besten helfen konnte.

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Im Video: Frau streamt Geburt live auf YouTube

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Vor der Geburt und währenddessen: Diese Dinge können helfen, die Angst und den Schmerz zu nehmen

  • Hypnobirthing – mit Hypnose durch die Geburt!

Viele denken bei dem Begriff „Hypnose“ sofort an Willenlosigkeit. Darum geht es allerdings beim Hypnobirthing mitnichten. Vielmehr sollen dabei bestehende Ängste vor der Geburt visualisiert und aufgelöst werden. Die Entbindung wird im Vorfeld immer wieder durchgespielt und es werden verschiedene, auch visuelle, Techniken entwickelt, die schließlich gegen die Ängste und Schmerzen im Kreissaal helfen. Und das funktioniert! Untersuchungen haben gezeigt, dass Hypnobirthing tatsächlich einen positiven Effekt auf das Erleben der Geburt hat.

  • Auf die Ernährung achten!

Prof. Louwen, Leiter der Geburtshilfe der Universitätsklinik Frankfurt, empfiehlt als Vorbereitung auf die Geburt eine besondere Ernährung: die „Louwen-Diät“. Dadurch soll der Geburtsvorgang nicht nur kürzer, sondern auch weniger schmerzhaft werden. Die Idee dahinter: Am Ende der Schwangerschaft werden vermehrt spezielle Hormone gebildet, die Prostaglandine. Diese sorgen dafür, dass Wehen ausgelöst werden und auch der Gebärmutterhals weicher und kürzer wird. Bei einer kohlenhydrat- und zuckerreichen Ernährung wird jedoch vermehrt das Hormon Insulin gebildet, das wiederum an die gleichen Rezeptoren wie die Prostaglandine andockt und so dessen Wirkung abschwächt.

Prof. Louwen rät deshalb, ab etwa sechs Wochen vor der voraussichtlichen Entbindung auf Kohlenhydrate und Zucker zu verzichten. So sollen die Prostaglandine ihre volle Wirkung entfalten können und die Geburt letztendlich schneller und entspannter verlaufen. Studien haben bereits gezeigt, dass sich eine kohlenhydratarme Diät vor der Geburt positiv auf den Geburtsverlauf auswirkt!

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  • Auf Akupunktur setzen!

Die Macht der Nadeln: Untersuchungen haben gezeigt, dass Akupunktur einen positiven Einfluss auf die Reifung des Gebärmutterhalses und auch auf die Länge des Geburtsverlaufes hat. Es lohnt sich also, in den letzten Wochen der Schwangerschaft daraufzusetzen!

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  • In Ruhe den Geburtsort wählen!

Wichtig ist hier, sich nicht von Empfehlungen oder Erfahrungen anderer unter Druck setzen zu lassen. Schwangere sollten sich genug Zeit nehmen, sich verschiedene Geburtsorte in Ruhe anzuschauen. Das Wichtigste ist, dass sich die werdende Mutter sicher und gut aufgehoben fühlt – denn sie ist die Hauptperson!

  • Informationen über Schmerzmittel, PDA & Co. einholen!

Schwangere sollten sich unbedingt bereits vor der Geburt über die Möglichkeit der Schmerzlinderung informieren. Hier sind die Frauenärzte und -ärztinnen die richtige Anlaufstelle. Keine Frau muss den Geburtsschmerz aushalten! Es gibt sehr gute und sichere Methoden, mit denen der Wehenschmerz gelindert werden kann!

  • Ohren auf Durchzug stellen!

Viele Ratschläge aus dem Umfeld sind sicherlich lieb gemeint – meist helfen sich nur leider nicht weiter. Genauso individuell wie eine Schwangerschaft ist nämlich auch eine Geburt. Zudem sind die Erlebnisse anderer überwiegend sehr emotional gefärbt. Es bringt also überhaupt nichts, sich die Kreißsaal-Erlebnisse in allen Farben erzählen zu lassen. Das kann zusätzlich verunsichern. Deshalb besser: Ohren auf Durchzug oder ein klares „Das möchte ich gerade nicht hören“.

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Der schönste Tag ihres Lebens: Patientin bringt gesunde Tochter zur Welt

Meine Patientin belegte schließlich gemeinsam mit ihrem Partner einen Kurs in Hypnobirthing. Fünf Tage nach dem errechneten Geburtstermin brachte sie eine gesunde Tochter auf die Welt. Im Nachhinein bezeichnet sie den Tag der Geburt als einen der schönsten ihres Lebens.