Arzt klärt auf: "Es kann immer Komplikationen geben"

Scharlach-Welle hält Familien in Schach! Warum Antibiotika zur Behandlung so wichtig sind

Kind ist krank
Die Scharlach-Welle trifft auf die Penicillin-Not. Ein Arzt erklärt, wie wichtig die Einnahme von Antibiotika bei der Erkrankung ist.
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von Madeline Jäger

Für viele Eltern ist es zum Verrücktwerden! Die Scharlach-Welle, von der das Robert Koch-Institut im Februar 2023 berichtete, hält weiter an. Zugleich ist die Behandlung mit Antibiotika wegen bestehender Lieferengpässe nach wie vor schwierig. Eltern müssen sich durch lange Apotheken-Listen telefonieren, weil insbesondere das Penicillin für Kinder fehlt. Warum Antibiotika für die Behandlung von Scharlach aber so wichtig sind, erklärt Dr. Christoph Specht im RTL-Gespräch.

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Scharlach-Welle trifft auf Penicillin-Lieferengpässe – muss das Antibiotikum immer sein?

Die aktuelle Scharlach-Welle bereitet vielen Eltern große Sorgen. Besonders dramatisch sind vier Todesfälle, über die das Westfalen-Blatt nach Angaben der Ärzteschaft im Münsterland und Ostwestfalen berichtet. Demnach sind zwischen Oktober 2022 und Februar 2023 mindestens vier junge Menschen nach einer Streptokokken-A-Infektion gestorben. Offiziell gesicherte Zahlen gibt es nicht, da die Infektionen nicht meldepflichtig sind. Ob der Tod der Kinder und Jugendlichen in Zusammenhang mit fehlenden Schnelltests und Antibiotika steht, ist unklar.

Lese-Tipp: Scharlach: Schon vier tote Kinder und Jugendliche - Medikamenten-Knappheit lässt Kinderarzt verzweifeln

Fest steht aber, dass Antibiotika beim Umgang mit der Infektion eine enorm wichtige Rolle spielen. Auch Dr. Christoph Specht rät dazu. „Man muss zwar nicht zwingend Antibiotika einnehmen, doch es gibt mehrere Gründe, Penicillin zu geben. Wenn Kinder es nämlich nicht einnehmen, sind sie weiterhin infektiös und können weder die Kita noch die Schule besuchen – außerdem kann es bei der Scharlach-Erkrankung immer Komplikationen geben“, schildert Dr. Specht.

Laut Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA) besteht schon 24 Stunden nach der ersten Antibiotika-Gabe keine Ansteckungsgefahr mehr.

Lese-Tipp: Medikamenten-Notstand: Wie lange ist das angebrochene Antibiotikum haltbar?

Invasive Streptokokken-Erkrankung macht vielen Eltern Angst

„Außerdem möchte man vermeiden, dass der Streptokokken-Erreger sich an anderen Orten im Körper ausbreitet und dort dann gefährlich werden können. Und es zu ähnlichen Komplikationen kommt, das kann man durch die Einnahme von Penicillin verhindern“, so Specht.

In seltenen Fällen könnte sich die Scharlach-Erkrankung auch zur sogenannten invasiven Form der Streptokokken-Erkrankung entwickeln, warnt Mediziner weiter. „Hierbei wird der ganze Körper in Mitleidenschaft gezogen, es kann zu einer Blutvergiftung (Sepsis) kommen und dann eben auch zu Todesfällen. Dieses Krankheitsbild sei bisher aber vor allem in England und in Spanien aufgetaucht, in Deutschland noch nicht. „Doch genau davor haben Eltern Angst“, erklärt der Arzt.

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Wann Eltern einen Kinderarzt aufsuchen sollten

Im Zweifel sollten Eltern einen Arzt aufsuchen, wenn das Kind weißliche Beläge auf der Zunge hat, Schluckbeschwerden, Fieber und deutliche Erkältungssymptome aufweist. Allein wegen der Antibiotika-Vergabe sollten Eltern nach Auftreten dieser Symptome einen Kinderarzt aufsuchen:

  • Hals-Rachen-Entzündung
  • Himbeerzunge
  • Fieber
  • Kopf- und Gliederschmerzen
  • Abgeschlagenheit
  • Schluckbeschwerden
  • Hautausschlag (kommt zwei bis drei Tage später hinzu)

Das Problem: Für Penicillin V oder andere auf Streptokokken-A zielende Antibiotika bestehen derzeit laut Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte Lieferengpässe. Dies gelte in ganz Deutschland und für alle bakteriellen Erkrankungen.

Lese-Tipp: Apotheker klärt über Wechselwirkungen auf: Diese Medikamente sollten Sie niemals zusammen einnehmen!

Im Video: Dr. Specht über Scharlach-Symptome! Anzeichen richtig deuten

Dr. Specht über Scharlach-Symptome Anzeichen richtig deuten
00:35 min
Anzeichen richtig deuten
Dr. Specht über Scharlach-Symptome

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Antibiotika-Lieferengpässe setzen Eltern zu – was sagt der Apothekerverband?

Wer jetzt ein an Scharlach erkranktes Kind zuhause hat, kann sich leider nicht darauf verlassen, schnell und in der Apotheke, um die Ecke direkt an Penicillin zu kommen. Nach RTL-Informationen bekommen betroffene Eltern oft eine Liste mit Apotheken, die sie abtelefonieren sollen und müssen dann Glück haben, dass sie schnell fündig werden.

Lese-Tipp: Lauterbach geht gegen Medikamenten-Mangel vor - für Kunden kann das teuer werden

Auf RTL-Anfrage bestätigt das BfArM, dass sich an der aktuellen Lieferengpass-Warnung nichts geändert hat. Auch nach Aussagen eines Sprechers der Bundesvereinigung Deutscher Apothekerverbände e. V. besteht das Lieferproblem weiterhin, besonders betroffene Regionen können derzeit nicht hervorgehoben werden. Ein Ende ist in Sachen Penicillin-Lieferengpässe leider nicht in Sicht – im Gegenteil. Also müssen Eltern weiterhin einen Umgang damit finden – so schwer es auch ist.