Gesetzesvorlage enthält offenbar Mängel

Lauterbach geht gegen Medikamenten-Mangel vor - für Kunden kann das teuer werden

Bundespressekonferenz in Berlin - Bekämpfung von Arzneimittel-Lieferengpässen und weitere aktuelle Gesetzesvorhaben - Karl Lauterbach, Bundesgesundheitsminister -Bundespressekonferenz in Berlin - Bekämpfung von Arzneimittel-Lieferengpässen und weitere aktuelle Gesetzesvorhaben - Karl Lauterbach, Bundesgesundheitsminister -, Berlin Berlin Deutschland Haus der Bundespressekonferenz *** Federal Press Conference in Berlin Combating drug supply bottlenecks and other current legislative projects Karl Lauterbach, Federal Minister of Health Federal Press Conference in Berlin Combating drug supply bottlenecks and other current legislative projects Karl Lauterbach, Federal Minister of Health , Berlin Berlin Germany House of the Federal Press
Zu Lieferengpässen bei Medikamenten soll es künftig nicht mehr kommen. Das soll der Gesetzesentwurf von Gesundheitsminister Lauterbach sicherstellen.
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Mit einem neuen Gesetz will die Bundesregierung künftig Lieferengpässe bei Medikamenten beseitigen. Einen Medikamentenmangel wie derzeit, soll es nicht mehr geben. Experten sehen jedoch erhebliche Mängel in der Beschlussvorlage.

Neue Preisregeln und mehr Vielfalt

Egal ob Fiebersäfte, Antibiotika oder Krebs-Medikamente - die Lieferengpässe bestimmter Arzneimittel stellen viele Menschen in Deutschland noch immer vor große Probleme. Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach hatte bereits im November angekündigt, künftigen Verknappungen per Gesetz entgegenwirken zu wollen. Nun hat er einen Gesetzesentwurf präsentiert.

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Lauterbach will vor allem die Preisgestaltung für Arzneien verändern. So sollen die Preisregeln für Kinderarzneimittel gelockert werden. Festbeträge und Rabattverträge werden in diesem Bereich sogar ganz abgeschafft. Demnach können Pharmafirmen ihre Preise einmalig um bis zu 50 Prozent des zuletzt geltenden Festbetrages anheben.

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Außerdem berücksichtigt der Entwurf die Abhängigkeit nach Fernost zu minimieren. Bei Antibiotika soll somit künftig bei Ausschreibungen beachtet werden, ob die Wirkstoffe in der EU und Europa hergestellt wurden. Ziel der Maßnahmen ist es, die Vielfalt der Anbieter zu erhöhen und die Abhängigkeit von wenigen, zumeist asiatischen Produzenten wie China oder Indien zu reduzieren. "Lieferengpässe wie im jüngsten Winter wollen wir damit vermeiden", sagte der Minister.

Apotheken sollen Vorräte für drei Monate anlegen

Ab sofort sollen auch Apotheken von den sogenannten Austauschregeln profitieren. Heißt vereinfacht: Wenn ein Arzneimittel nicht verfügbar ist, dürfen Apothekerinnen und Apotheker ein wirkstoffgleiches Arzneimittel abgeben. Für einen solchen Austausch sollen Apotheken und Großhändler dann finanziell entschädigt werden. Um die Versorgungssicherheit zu erhöhen, sollen Vorräte für wichtige Medikamente verbindlich für drei Monate angelegt werden.

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Mit seinem bereits im November angekündigten Maßnahmenpaket wollte Lauterbach den ökonomischen Druck bei der Bestellung von Medikamenten senken. Immer wieder werden die günstigsten Anbieter bevorzugt. Das soll sich nun ändern. Allerdings führt das Gesetz, wenn es verabschiedet wird, einerseits zwar zur Erhöhung der Liefersicherheit. Andererseits dürfte es zu einem Preisanstieg bei etlichen Medikamenten führen.

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Inhaltliche Mängel hinsichtlich des Verbraucherschutzes

Experten bemängeln aber schon jetzt, dass die Beschlussvorlage des Bundesgesundheitsministers erhebliche inhaltliche Mängel hinsichtlich des Verbraucherschutzes beinhalte, die Bundesrat und Bundestag nun im Rahmen des Gesetzgebungsverfahrens beheben müssen.

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Mathias Arnold, Vizepräsident der Bundesvereinigung Deutscher Apothekerverbände, befürchtet auch in Zukunft weitere Lieferengpässe. Insbesondere die Aushändigung wirkstoffähnlicher Medikamente sieht er kritisch: "Die Apotheken brauchen dazu Entscheidungsfreiheit und Handlungsspielraum, um beim Einlösen eines Rezeptes ein vorrätiges Ersatzmedikament abzugeben, statt den Patienten oder die Patientin zu vertrösten oder für ein neues Rezept zur Arztpraxis zurückzuschicken. Kurzum: Die Patientinnen und Patienten müssen schnell, unbürokratisch und sicher versorgt werden.“

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Zeit- und kostentechnisch sei der Entwurf hinsichtlich des Austauschs verbesserungswürdig: „Wir brauchen keine zwei Verfügbarkeitsanfragen beim Großhandel, wenn doch ein Alternativpräparat im Warenlager der Apotheke vorrätig ist. Als Engpass-Ausgleich für den Personal- und Zeitaufwand brauchen wir keinen zweistelligen Cent-Betrag, sondern einen zweistelligen Euro-Betrag.“ Nun muss der Gesetzesentwurf von Bundesrat und Bundestag geprüft werden. Ein Wunsch Arnolds wäre die Möglichkeit, „Rezepturen selbst herzustellen, wenn kein industrielles Arzneimittel lieferbar ist.“ Sollte es bis zur Gesetzgebung erneut zu einem Arznei-Engpass kommen, könnte dieser Vorschlag womöglich berücksichtigt werden. (rdr/dpa)

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