Sechsjähriger in Pragsdorf getötet

Das unermessliche Leid von Joels Familie: Sein großer Bruder macht sich schwere Vorwürfe

von Ulrich Vonstein und Bastian Schlüter

„Dann hat er uns gesagt, dass er tot ist.“
So beschreibt Joels Mutter Kathleen den schlimmsten Moment ihres Lebens. Als sie vom Arzt die schlimme Bestätigung erhält. Wie schwer es ihr fällt, über den Tod ihres geliebten Kindes zu sprechen, ist kaum zu ermessen. Die ganze Familie leidet unter Joels Tod, besonders der große Bruder. Warum er sich schwere Vorwürfe macht, erklärt Kathleen K. im Video.

„Ich habe nur eine Frage – ist er tot oder nicht?“

Joel
Der sechsjährige Joel wurde Opfer eines furchtbaren Verbrechens. RTL zeigt diese Fotos mit dem Einverständnis seiner Eltern

Sie habe es vorher schon geahnt, sagt Kathlen K. unserem Reporter. „Man kann es sich nicht vorstellen“, ergänzt Vater Till. Seit gestern wissen die Eltern auch, wer ihren Jungen umgebracht haben soll.

Im Interview erinnern sie sich an die bangen Stunden, nachdem sie Joel vermisst gemeldet hatten. „Die Gedanken, die man sich macht, die Fragen, die man sich stellt“, beschreibt Till, wie er mit Joels Geschwistern aufgewühlt in der Wohnung auf und ab gelaufen sei. „Wenn der Helikopter anfing zu kreisen…“ – das war, als sie noch Hoffnung hatten. Als sie sich noch fragten: „Wo ist er hin? Hat ihn irgendein Auto mitgenommen?“ Oder die Angst, er könne im See ertrunken sein, ergänzt Mutter Kathleen.

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Als sie von der Tante des Jungen erfahren, dass Joel gefunden wurde, wissen sie noch nicht, dass der Sechsjährige tot ist. Sie eilen ins Krankenhaus, der Arzt will mit ihnen sprechen. „Ich bin ihm sofort ins Wort gefallen und habe gesagt: „Ich habe nur eine Frage – ist er tot oder nicht‘“, sagt sie unter Tränen. „Und dann hat er uns gesagt, dass er tot ist. Ich habe es schon vorher gefühlt.“

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„Normal ist nichts mehr, seit Joel nicht mehr da ist“

Vater Till erinnert an die anfängliche Idylle der Patchwork-Familie, die sie in Pragsdorf erlebten. „Wir sind über die Jahre immer mehr zusammengewachsen“, erzählt er. „Der Große hatte endlich einen kleinen Bruder, auf den er aufpassen konnte, mit dem er Ball spielen konnte.“

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Mutter Kathleen weint wieder, als sie sagt: „Und jetzt macht er sich Vorwürfe. Weil er nicht auf ihn aufgepasst hat…“ Sie spricht nicht weiter, zu groß sind Schmerz und Trauer. Dann sagt: „Normal ist nichts mehr, seit Joel nicht mehr da ist. Und es wird auch nie mehr normal.“

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Joel kam vom Spielen nicht nach Hause

Joel war am 14. September mit zwei Geschwistern zum Spielen ins Dorf gegangen, wo sie den späteren mutmaßlichen Täter (14) trafen. Alle kannten sich aus dem kleinen Dorf. Joels Geschwister gingen nach Hause, der Sechsjährige und der Teenager blieben.

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Als der als zuverlässig geltende Joel nicht zur vereinbarten Zeit nach Hause kam, meldeten die Eltern ihn als vermisst. Abends wurde er von Feuerwehrleuten mit schwersten Stichverletzungen in einer Hecke am Bolzplatz gefunden. Alle Versuche, den schwerverletzten Jungen wiederzubeleben, scheiterten.

Tatverdächtiger 14-Jähriger schon früher durch Gewalt gegen Kinder aufgefallen

Die Polizei ermittelte sofort mit großem Aufwand. Beim Fundort des Jungen wurde ein Messer gefunden. Der Verdächtige geriet schnell ins Visier der Ermittler. Sie erfuhren, dass er durch aggressives Verhalten gegenüber Kindern aufgefallen war.

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Tage später brachten kriminaltechnische Untersuchungen des Landeskriminalamtes den Durchbruch. Am Griff des Messers gefundene DNA-Spuren konnten Joel und dem Verdächtigen zugeordnet werden konnten. Das Amtsgericht erließ Untersuchungshaftbefehl gegen den mutmaßlichen Täter.