Rückkehr der Mehrwertsteuer von sieben auf 19 Prozent
Ökonomen führen Gastronomen vor: Ihr habt doch jetzt mehr Geld als vorher!

Die Gastronomen gehen wegen der Mehrwertsteuererhöhung auf Speisen auf die Barrikaden.
Droht der Untergang einer ganzen Branche? Was führende Ökonomen in Deutschland zu dem Regierungs-Bashing sagen.
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Star-Koch Frank Rosin wütet gegen Bundesregierung
TV-Koch Frank Rosin hält auf Instagram eine Wutrede und erhält von seinen Kollegen großen Zuspruch. „30 bis 40 Prozent der Restaurants werden abgeschafft“, sagt der Gastronom und Unternehmer. Bundeskanzler Olaf Scholz Wortbruch wirft er sogar Wortbruch vor.
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„Wir wollen, dass Gastronomie bezahlbar bleibt"
Und auch der Deutsche Hotel- und Gaststättenverband (Dehoga) hat sich für ein Festhalten am niedrigeren Mehrwertsteuersatz ausgesprochen. „Im Falle einer Steuererhöhung auf 19 Prozent droht 12.000 Betrieben das Aus", mahnt Dehoga-Präsident Guido Zöllickt. „Wir wollen, dass Gastronomie bezahlbar bleibt sowie die kulinarische Vielfalt und Esskultur in unserem Land erhalten werden."
Die Mehrwertsteuer auf Speisen in der Gastronomie war in der Corona-Pandemie von 19 auf sieben Prozent gesenkt worden, um die Branche zu stützen. Wegen der Energiekrise wurde die Regelung bis Ende 2023 verlängert, ab Januar 2024 gilt wieder der alte Steuersatz von 19 Prozent.
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Und das ist auch gut so, sagen führende deutsche Ökonomen.
Ökonomen kritisieren „Dauersubvention für Strukturwandel einer Branche"
„Diese sehr teure Vergünstigung ist sozial problematisch, weil sie besonders den Wohlhabenden zugutekommt", sagt Friedrich Heinemann vom Zentrum für Europäische Wirtschaftsforschung (ZEW ). Die Argumente der Gastronomiebranche für eine Entfristung der Steuersubvention seien immer schwach und widersprüchlich gewesen.
Zudem sei ihre eigentliche Begründung mit der Pandemie weggefallen. „Und sie fußte auf dem Missverständnis, dass man Strukturwandel einer Branche durch Dauersubventionen begleiten sollte", sagte Heinemann. „Dennoch war die Kampagne der Lobbies aus Gastronomie und Großhandel laut und aggressiv." Das Bundesverfassungsgericht und die erstarkte Schuldenbremse wirkten jetzt wie ein wirksamer Damm gegen diese Kampagne.
Ähnlich äußerte sich die Vorsitzende des Sachverständigenrates, Monika Schnitzer. „Es ist einfach nicht gut zu vermitteln, dass eine bestimmte Branche jetzt dauerhaft so stark unterstützt wird, indem man die Mehrwertsteuer absenkt“, sagte die Wirtschaftweise im Deutschlandfunk. Man müsse sich fragen, welche Branchen in der neuen Situation dauerhaft Schwierigkeiten hätten und nur mit Subventionen überleben könnten. „Da muss es dann schon einen Strukturwandel geben", sagte die Ökonomin. „Das wird auch für die Gastronomie gelten."
Trotz gesenkter Mehrwertsteuer: So stark haben Gastronomen ihre Preise erhöht
Nach Angaben des Statistischen Bundesamts ist das Essen in Gaststätten aktuell rund ein Fünftel teurer als im Januar 2021. Im Vergleich zum vergangenen Februar, als der Ukraine-Krieg begann, sind es 14 Prozent mehr.
Einer Studie des IFO-Instituts zeigt außerdem, dass sich vor allem Restaurants in Großstädten bereits erholt haben und ihre Umsätze preisbereinigt über dem Vor-Corona-Niveau liegen.
Und trotz der gesenkten Mehrwertsteuer hat die Branche ihre Preise insgesamt stärker als die Gesamtwirtschaft erhöht. „Den Betrieben ist es also gelungen, ihre gestiegenen Kosten für Personal, Lebensmittel und Energie teilweise weiterzugeben, ohne dass die Gäste ausbleiben", schreiben die IFO-Forscher in ihrer Studie.
Kein Wunder also, dass das Geschrei so groß ist. Erst im September hat das Finanzministerium das Volumen der Umsatzsteuerreduzierung auf 3,4 Milliarden Euro beziffert. Steuergeld, das jetzt für andere Projekte dringender gebraucht wird. (mit rts/aze)