Gericht schickt Aktivisten ins Gefängnis

Haftstrafe für Klima-Kleber: Verurteilter Daniel E. blockiert direkt wieder eine Straße

Haftstrafe ohne Bewährung - zum aller ersten Mal gibt es dieses harte Urteil für Klima–Kleber. Daniel E. und ein weiterer Aktivist müssen für drei und zwei Monate ins Gefängnis, dafür dass sie im Februar eine wichtige Straße in Heilbronn versperrten. Stunden nach dem Urteil sitzt Daniel E. wieder für den Protest auf der Straße. Ist das noch Klimaschutz und wie weit darf der Einsatz für die Umwelt gehen?

Klimaaktivisten wollen mit Aktionen provozieren

„Ich sitze heute wieder hier, obwohl ich weiß, dass es mir eine erneute Gefängnisstrafe einbringen kann”, und trotzdem blockiert Daniel E. nur wenige Stunden nach dem Urteil die nächste Straße. Drei Monate Haft ohne Bewährung haben nicht ausgereicht, um den 22-Jährigen von seinem Protest abzuhalten. „Weil ich es nicht akzeptieren kann, dass wir untätig bleiben angesichts der Klimakatastrophe”, so Daniel E. über seine Beweggründe.

Der junge Mann ist Klimaaktivist der “Letzten Generation”, einem Bündnis von Klimaaktivisten, die durch zivilen Ungehorsam Schritte gegen die Klimakrise erzwingen wollen. Das Blockieren von Straßen ist nur eine dieser Maßnahmen. Zu Aktionen der Gruppe gehören auch das Beschmieren des Verkehrsministeriums mit Farbe, das Grundgesetz Denkmal in Berlin bekam eine Ladung Öl ab. Auch das Abseilen von Autobahnbrücken gehört zu ihren Spezialitäten. Hauptsache, es provoziert.

Da sieht Jörn Ehlers, Pressesprecher von WWF, auch das Problem. „Die Frage ist nur, was wird wahrgenommen? Sind es die Forderungen? Leider eher nicht, sondern es ist die Aktionsform und die Aktionsform ist von daher noch kein Klimaschutz!!“, sagt er im RTL-Interview.

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Aktivist: “Dass da Menschen sterben ist etwas, was wir ein Stück weit riskieren müssen”

Schockiert hat vor allem die Aussage eines Aktivisten, der auch radikale Folgen billigend in Kauf nehmen würden: „Also gerade durch einen Unfall am Ende des Staus könnte es natürlich sein, dass da wirklich Menschen sterben und das wäre wahnsinnig schwer zu ertragen. Aber es ist etwas, was wir zumindest ein Stück weit auch riskieren müssen”, so Christian Bläul, Mitglied der “Letzten Generation“, in einer TV-Dokumentation.

Dass das die Meinung eines Einzelnen ist, macht Lina Johnson im Gespräch mit RTL klar. Sie ist die Presssprecherin der “Letzten Generation”, die sich klar von solchen Aussagen distanzieren: „Die angesprochenen Äußerungen sind insofern schwierig, weil sie den Eindruck entstehen lassen könnten, wir würden zumindest billigend in Kauf nehmen, dass Menschen durch unseren Protest Schaden nehmen. Das ist nicht der Fall. (…). Durch unseren Protest wollen wir erreichen, dass Leben geschützt wird und das ist unser höchstes Ziel.“

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Marburg hat eine Lösung gefunden

Proteste gibt es mittlerweile bundesweit. Auch die Stadt Marburg war Ziel der Klimakleber, bis der Oberbürgermeister entschied, das Gespräch mit den Aktivisten zu suchen: „In einem zweiten Gespräch haben wir dann nochmal miteinander besprochen, wie die Haltung der Stadt Marburg ist. Das war offenkundig sehr überzeugend. Und daraufhin hat die letzte Generation von sich aus erklärt, dass sie das nicht mehr tut”, so Oberbürgermeister Thomas Spies im RTL-Interview.

Er könnte sich vorstellen, dass das auch auf andere Städte übertragbar ist und sich das Problem so lösen lassen könnte: „Und ich habe die Anregung aufgegriffen und einen Brief an die Bundesregierung geschrieben und an die Bundestagsfraktionen, zu Punkten, die wir in Marburg ohnehin richtig finden oder beschlossen haben. Wobei ich natürlich immer das, was wir lokal beschließen, dann gesagt habe. Das könnte man auch auf die Bundesebene hochzoomen.” Ob jedoch alle bereit sind, das Gespräch zu suchen, bleibt sicherlich fraglich.

Bewährungsstrafe für die Klima-Kleber war keine Option

Protestforscher sicher: Aktionen der “letzten Generation” werden größer und häufiger. „Ich könnte mir durchaus vorstellen, dass vor allem als eine Reaktion auf dieses Urteil, das doch recht hart ist, es vielleicht eine koordinierte Aktion geben wird”, so Dr. Piotr Kocyba im Gespräch mit RTL.

Die Urteile von zwei und drei Monaten Haft sind die härtesten Strafen, die jemals für Klimakleber verhängt wurden. Eine Bewährungsstrafe war für das Gericht keine Option „In dem Fall war es so, dass die Angeklagten zu ihrer Straftat gestanden und gesagt haben, dass sie zukünftig auch wieder solche Straftaten begehen werden. Und da hat das Gericht gesagt, da muss eine Freiheitsstrafe her, die nicht zur Bewährung ausgesetzt werden kann, da auf die jeweilige Täterpersönlichkeit entsprechend eingewirkt werden muss.” so Michael Reißer, Pressesprecher des Amtsgerichts Heilbronn im Gespräch mit RTL.

Gewirkt hat es allerdings wenig. Kurz Zeit später sitzt Daniel E. wieder als Aktivist auf der Straße. Sollte das Urteil rechtskräftig werden, dann wird der 22-Jährige immerhin für drei Monate keine Proteste durchführen. (jsa)

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