Rechtsanwalt Jan Siebenhüner klärt auf
Luise (12) aus Freudenberg getötet: Müssen die Täterinnen Schmerzensgeld an die Hinterbliebenen zahlen?
32-mal stechen zwei Mädchen (12 und 13) in Freudenberg mit einem Messer auf ihre Freundin Luise ein. Die Zwölfjährige verblutet. Es ist eine unvorstellbare Tat, die viele Fragen aufwirft. Die beiden Täterinnen sind noch nicht strafmündig und können daher nicht verurteilt werden. Trotzdem drohen den beiden Schülerinnen Konsequenzen. Es könnte es sein, dass die beiden Schmerzensgeld an die Hinterbliebenen zahlen müssten, wie Rechtsanwalt Jan Siebenhüner im RTL-Interview erklärt.

Kinder in Deutschland sind erst mit vierzehn Jahren strafmündig
Das Opfer ist ein Kind und die Täterinnen sind selbst noch Kinder. Und genau deswegen wird es gegen die beiden Mädchen im Alter von zwölf und dreizehn Jahren auch keinen Prozess geben. „Strafrechtlich ist es so, dass praktisch die Strafmündigkeit erst mit dem vollendeten 14. Lebensjahr einsetzt. Heißt: Bin ich jünger als vierzehn Jahre, kann ich strafrechtlich für eine Straftat, die ich begangen habe, nicht zur Verantwortung gezogen werden“, erklärt der Rechtsanwalt im Gespräch
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Eltern von getöteter Luise könnten Schadensersatz fordern
Neben dem Strafrecht gibt es aber auch noch das Zivilrecht – da haften Täter schon ab dem siebten Lebensjahr, und zwar mit möglichen Schadensersatzansprüchen. Im Fall der getöteten Luise könnten die Eltern Geld von den Täterinnen einklagen, wie Siebenhüner erklärt: „Dann schulden sie den Eltern und nächsten Verwandten das sogenannte Hinterbliebenengeld. Dies bemisst sich in der Regel nach dem Gesetz auf ungefähr 10.000 Euro pro Person.“ Neben den Eltern können auch Geschwister, in manchen Fällen sogar die Großeltern, die 10.000 Euro fordern.
Darüber hinaus könnten die Eltern auch noch Schadensersatz wegen eines möglichen Schocks beim Überbringen der Todesnachricht geltend machen, sowie Ersatz für einen möglichen Verdienstausfall oder die Behandlungskosten. Und nicht nur das: Auch die Kosten der Beerdigung könnten auf die Mädchen zukommen.
Es könnte noch Jahre dauern, bis Luises Eltern Geld erhalten
Doch wer würde für die Schadensersatzzahlungen aufkommen? Immerhin sind die beiden Täterinnen noch minderjährig und werden wahrscheinlich nicht Tausende Euro auf dem Konto haben. „Haften tun in solchen Fällen immer die Täter selber“, erklärt der Rechtsanwalt im Gespräch mit RTL. Dies hat zur Folge, dass es noch Jahre dauern könnte, bis Luises Familie Geld erhalten würden: „Die Eltern der Verstorbenen müssten so lange warten, bis die Täterinnen irgendwann mal Geld verdienen“, so Jan Siebenhüner weiter.
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Rechtsanwalt erklärt: Eltern haften nicht für ihre Kinder
Theoretisch könnten auch die Eltern oder andere Verwandte der beiden Täterinnen die Zahlungen an die Hinterbliebenen übernehmen. Sie sind aber nicht dazu verpflichtet, da sie nicht für ihre Kinder haften, wie Siebenhüner erläutert: „Die Aussage: Eltern haften für ihre Kinder, ist aus juristischer Sicht eigentlich Nonsens. Das gibt es nicht, das steht an jeder Baustelle [...] Eltern haften immer nur für eigenes Verschulden und ihre Pflichtverletzung. Das ist in der Regel dann die Verletzung der Aufsichtspflicht.“ Ob und inwiefern es zu Schmerzensgeldzahlungen kommt, das müssen die Betroffenen klären, beziehungsweise ihre Anwälte. (anr)