Nach Massaker in Butscha

Kann Putin für Kriegsverbrechen vor Gericht gestellt werden?

ARCHIV - 25.09.2020, Russland, Snamensk: Wladimir Putin (M), Präsident von Russland, und Sergei Schoigu (l), Verteidigungsminister von Russland, besuchen den Truppenübungsplatz Kapustin Jar, auf dem das Militärmanöver Kaukasus 2020 stattfindet. (zu dpa "Westliche Geheimdienste: Putin von Beratern falsch informiert") Foto: Mikhail Klimentyev/Pool Sputnik Kremlin/AP/dpa +++ dpa-Bildfunk +++
Kann Putin für die Kriegsverbrechen seiner Armee verantwortlich gemacht werden?
AZ lf nwi jai, dpa, Mikhail Klimentyev

Die Gräueltaten in der ukrainischen Kleinstadt Butscha haben weltweit Entsetzen ausgelöst. Für diese und andere Untaten wird international auch der russische Präsident Wladimir Putin verantwortlich gemacht. Ihm wird vorgeworfen, für Kriegsverbrechen verantwortlich zu sein. Doch kann er überhaupt vor ein Gericht gestellt werden?
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Fall würde vor dem Strafgerichtshof in Den Haag landen

Der Internationale Strafgerichtshof in Den Haag wäre das angewiesene Gericht. Es verfolgt individuelle Verdächtige wegen Kriegsverbrechen, Verbrechen gegen die Menschlichkeit und Völkermord und hat für das Gebiet der Ukraine ein Mandat. Chefankläger Karim Khan leitete bereits Ermittlungen zu Kriegsverbrechen in der Ukraine ein und schickte ein Team ins Kriegsgebiet. Unklar ist, ob die Ermittler auch schon nach Butscha reisten.

Entscheidend ist, dass so früh und so umfassend wie möglich Beweise gesammelt werden. Denn sie sind die Grundlage für eine Anklage. Auch die Staatsanwaltschaft der Ukraine, ein europäisches Ermittlerteam und Menschenrechtsorganisationen sammeln Beweise wie etwa Fotos, Videos, Munitionsreste und Aussagen von Augenzeugen.

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Drei Voraussetzungen für Anklage

  • Wurde ein Kriegsverbrechen begangen?
    Die Ankläger müssen zunächst nachweisen, dass Kriegsverbrechen begangen wurden. Das heißt zum Beispiel, dass die Opfer von Butscha tatsächlich wehrlose Bürger waren. Darauf deuten die Fotos hin, und das bestätigen Augenzeugen.

  • Wer sind die Täter?
    So lautet die zweite Frage, die Ermittler beantworten müssen. Waren es tatsächlich russische Soldaten, dann unterliegen sie der offiziellen Kommandostruktur. In dem Fall können auch ihre Kommandanten angeklagt werden.

  • Wussten die militärisch und politisch Verantwortlichen wie etwa Putin von den Kriegsverbrechen der Soldaten?
    Diese Frage zu klären, wird am schwierigsten. Das Weltstrafgericht will militärisch und politisch Verantwortliche strafrechtlich verfolgen. Auch Staats- und Regierungschefs können sich nicht auf ihre Immunität berufen. Doch es ist sehr schwierig, deren Verantwortung auch nachzuweisen.

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Russland würde Putin vermutlich niemals an Den Haag ausliefern

Erst wenn der Verdacht ausreichend begründet und mit Beweisen belegt ist, kann Chefankläger Khan einen internationalen Haftbefehl beantragen. Es scheint aber ausgeschlossen, dass Russland den Präsidenten an Den Haag ausliefern würde. Voraussetzung dafür wäre wohl ein Regimewechsel in Moskau.

Doch egal dürfte Putin ein Haftbefehl dennoch nicht sein. Denn jeder Vertragsstaat des Gerichts wäre verpflichtet, ihn bei der Einreise festzunehmen und dem Gericht in Den Haag zu überstellen. Seine Bewegungsfreiheit wäre dann extrem eingeschränkt, er wäre noch isolierter als jetzt. (dpa)

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