Antikörpertherapie soll ihn retten
Familie kämpft um krebskranken Ben (1) - wann hört dieser Albtraum endlich auf?

Mit eins sollte man eigentlich die Welt entdecken.
Ben Wever ist noch nicht einmal zwei Jahre alt – und muss schon jetzt mit einem harten Schicksal zurechtkommen. Im vergangenen Jahr bekommen er und seine Familie die schreckliche Diagnose: Der kleine Junge hat eine seltene und höchst aggressive Form von Leukämie. Eine Antikörpertherapie aus den USA soll die langersehnte Genesung bringen, damit die Familie die Monate voller Leid hinter sich lassen kann.
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Der kleine Ben hat eine seltene Form von Leukämie
Ben ist eines von weltweit rund 20 bis 30 Kindern, die an einer höchst aggressiven und seltenen Form von Leukämie erkrankt sind, der akuten myeloischen Leukämie (AML), genauer gesagt an dem Subtyp CBFA2T3::GLIS2. Es handelt sich dabei um eine genetische Fusion der Leukämiezellen, betroffen sind in der Regel nur Kinder unter zwei Jahren.
Seit seiner Diagnose im März 2023 kämpft Ben um sein Leben, sein Papa Stefan Wever hat eine GoFundMe-Spendenseite eingerichtet. Dort schreibt der Familienvater aus Gangelt-Breberen, dass er die Geschichte seines Sohnes erzählen möchte, um auf dessen Schicksal aufmerksam zu machen: „Wir möchten über diese seltene Erkrankung informieren und jedem bewusst machen, wie glücklich man sich schätzen kann, gesund zu sein. Wir möchten kein Mitleid, sondern Mitgefühl. Es könnte jeden treffen, zu jeder Zeit. Selbst wir fragen uns manchmal immer noch, wann wir aus diesem Albtraum erwachen.“
„Als ich bei meiner Ankunft das Schild ‘Kinderkrebszentrum Augsburg’ sah, habe ich erst wirklich realisiert, was hier gerade passiert“
Das Leben der Wevers wird vor rund einem Jahr von heute auf morgen auf den Kopf gestellt. Die Familie reist in eine Kinder-Reha ins Allgäu, „da unsere älteste Tochter Lia und auch Ben an einem hypersensiblen Bronchialsystem litten“.
Plötzlich bekommt Ben hohes Fieber, ist träge und schlapp. „Das kannten wir so von unseren anderen beiden Kindern vorher nicht“, schreibt Vater Stefan auf der Spendenseite weiter.
Lese-Tipp: So könnt ihr ganz leicht Stammzellspender werden
Nach einer Blutuntersuchung in der Reha werden Ben und seine Mama Katharina in das Klinikum nach Kempten gebracht. „Es wurden zunächst eine Hirnhautentzündung oder eine Nierenbeckenentzündung vermutet, nach verschiedenen Tests konnte dies aber ausgeschlossen werden“, so Wever.
Mutter und Sohn werden in die Uniklinik nach Augsburg verlegt, wo das erste Mal der Verdacht einer Leukämie im Raum steht. Noch in derselben Nacht bestätigt sich dieser Verdacht. Zu dem Zeitpunkt ist Stefan Wever noch mit seinen Töchtern Lia (6) und Marie (3) in der Reha-Klinik im Allgäu: „Am nächsten Morgen machten wir uns voller Sorgen auf den anderthalbstündigen Weg nach Augsburg. Als ich bei meiner Ankunft das Schild ‘Kinderkrebszentrum Augsburg’ sah, habe ich erst wirklich realisiert, was hier gerade passiert.“
Um Ostern herum erfährt die Familie, dass der kleine Ben dringend eine Stammzelltransplantation benötigt, damit überhaupt eine Chance auf Heilung bestehen kann. Wever erzählt: „Ben blieb zwei Monate in der Uniklinik Augsburg, völlig isoliert auf einem Zimmer, mit meiner Frau und mir im Wechsel. Er erhielt die ersten zwei Chemoblöcke in Augsburg. Die Nebenwirkungen waren enorm und für uns kaum zu ertragen. An einen Transport in eine heimatnahe Klinik war aufgrund seines Zustands nicht zu denken.“
Denn: Rund 600 Kilometer liegen zwischen Augsburg und dem Zuhause der Wevers.
Im Video: Verein für krebskranke Kinder unterstützt Familien
Gute Nachrichten! Bens ältere Schwester Lia (6) kommt als Spenderin infrage
Kurz darauf kommt Ben endlich nach Hause! Doch die Freude ist nur von kurzer Dauer, denn dem Kind steht schon der nächste Chemoblock in der Uniklinik Aachen bevor. Zunächst scheint es bergauf zu gehen, denn: „Bens älteste Schwester Lia kam als Spenderin infrage. [...] Wir haben ihr alles erklärt und sie war sofort bereit, ihrem Bruder das Leben zu retten. [...] Sie war sehr tapfer und hat alles hervorragend gemeistert.“
Im Sommer 2023 findet dann die langersehnte Stammzelltransplantation statt, die Ben zum Glück gut verkraftet. „Wir waren frohen Mutes, dass nach dieser kräftezehrenden Zeit alles gut werden wird und Ben es geschafft hat. Schließlich waren wir seit Beginn der Erkrankung mit Ben nahezu durchgängig in irgendeinem Krankenhaus und die Familie dadurch dauerhaft voneinander getrennt“, erklärt Wever weiter.
Zwei Knochenmarkpunktionen nach der Transplantation zeigen zunächst, dass keine Resterkrankung sichtbar ist. Für die Familie aus Gangelt eine Erleichterung: „Diese beiden Monate waren zum ersten Mal nach langer Zeit etwas unbeschwerter.“ Doch die Angst um Ben ist ihr ständiger Begleiter.
Im Dezember 2023 schlägt das Schicksal wieder zu: „Wir fielen in ein Loch, das tiefer war, als das Loch zuvor. Die Leukämie war zurück und wir wussten, was das bedeutet. Die Ärzte hatten uns schon vor der Stammzelltransplantation aufgeklärt, dass aufgrund der Zellgenetik seiner Leukämie ein enormes Rückfallrisiko besteht und die Heilungschancen dann rapide sinken.“
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Neue Hoffnung aus den USA: Kann diese Antikörpertherapie den kleinen Jungen retten?
Die Ärzte raten den Wevers so viel Zeit wie möglich mit Ben zu verbringen, Stefan legt seinen Job zu dem Zeitpunkt gänzlich nieder. „Unsere Gedanken sind nun mehr denn je ausschließlich bei unserer Familie und besonders bei Ben“, erklärt der dreifache Familienvater.
Die einzige mögliche Chance für Ben ist jetzt eine neuartige Antikörpertherapie aus den USA, die bisher erst bei 25 Kindern, die ebenfalls an der seltenen Form der AML erkrankt sind, getestet wird, „in Teilen auch erfolgreich“, so Wever. In Europa gebe es dafür allerdings weder Zulassungen noch Langzeitstudien.
Doch die Familie hat Glück. Stefan Wever sagt: „Im Rahmen eines sogenannten ‘Individuellen Heilungsversuchs’ hat man dieses experimentelle Mittel erfolgreich nach Deutschland holen können.“
Vor wenigen Tagen bekommt Ben, als erster Patient hierzulande, das Medikament intravenös verabreicht. Jetzt bekomme er sowohl ambulant als auch stationär in Essen alle zwei bis vier Wochen Antikörper verabreicht, die laufenden Blutkontrollen wiederum finden zweimal pro Woche in Aachen statt. Bis zu 52 Wochen dauere die Behandlung insgesamt. Stefan Wever schöpft neue Hoffnung und schreibt: „Wir hoffen und beten, dass das Medikament anschlägt und er nachhaltig krebsfrei wird und auch bleibt.“
Aktuell könne niemand der Familie helfen, „nur jemand, der eine solche Grenzerfahrung selbst einmal durchlebt hat, weiß, was das für die ganze Familie bedeutet“. Die Spendensumme möchte die Familie in Teilen an den Förderkreis „Hilfe für krebskranke Kinder e.V.“ in Aachen weitergeben sowie an das Project Stella, das sich mit der Erforschung der seltenen Zellfusion beschäftigt, an der auch Ben leidet. „Dadurch, dass nur so wenige Kinder weltweit betroffen sind, ist die Forschung leider auf Unterstützung durch Spenden angewiesen“, so Wever. Daher liege die Unterstützung und Weiterentwicklung des Projekts der Familie besonders am Herzen.
„Das verbleibende Drittel würden wir gerne in unsere Familie investieren und nach Bens Genesung einen größeren Urlaub mit der ganzen Familie planen“, erzählt Wever.
Im Namen seiner Familie möchte er sich schon jetzt für die großartige Unterstützung bedanken und erkenntlich zeigen. Abschließend schreibt er: „Bitte fühlt euch nicht dazu verpflichtet, irgendetwas zu spenden. Es reicht uns, wenn ihr in Gedanken bei uns seid und mit uns daran glaubt, dass Ben gesund wird.“
Und genau das werden auch wir tun.
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