Studie gibt Hoffnung

Erste Anzeichen für Demenz bereits neun Jahre vor Diagnose erkennbar

ARCHIV - Eine alte und demenzkranke Frau sitzt am 29.11.2012 in einem Pflegeheim.   (zu dpa «Demenzlotsen helfen im Umgang mit Erkrankten» vom 16.07.2017) Foto: Patrick Pleul/dpa-Zentralbild/dpa +++(c) dpa - Bildfunk+++
Laut einer neuen britischen Studie lässt sich eine Demenz nicht erst bei ersten Symptomen erkennen – sondern bereits Jahre vorher.
ppl ink dbo fux rho, dpa, Patrick Pleul

Bekommen Patienten die Diagnose Alzheimer oder Demenz ist es für eine Behandlung meist schon zu spät. Laut einer neuen britischen Studie lässt sich eine Demenz aber nicht erst bei ersten Symptomen erkennen – sondern bereits Jahre vorher.
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Schon Jahre vorher Schwierigkeiten beim Lösen von Problemen und beim Erinnern von Zahlen

Wie britische Wissenschaftler der Cambridge University in der Fachzeitschrift „Alzheimer's & Dementia“ veröffentlichten Studie erläutern, lassen sich erste Anzeichen unterschiedlicher Demenzerkrankungen offenbar bereits neun Jahre vor der Diagnose anhand von kognitiven Auffälligkeiten erkennen. So konnte bei der Analyse von Patienten-Daten festgestellt werden, dass später an Demenz-Erkrankte schon Jahre vorher Schwierigkeiten unter anderem beim Lösen von Problemen und beim Erinnern von Zahlen hatten.

„Als wir uns die Krankengeschichte der Patienten ansahen, wurde deutlich, dass sie bereits mehrere Jahre vor dem Auftreten ihrer Symptome kognitive Beeinträchtigungen aufwiesen [...]. Die Beeinträchtigungen waren oft subtil, betrafen aber eine Reihe von kognitiven Aspekten“, erklärt Erstautor der Studie, Nol Swaddiwudhipong, Assistenzarzt an der Universität Cambridge in einer Pressemitteilung der Universität.

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Sturzwahrscheinlichkeit erhöht bei späteren Alzheimer-Patienten

Da die UK Biobank neben medizinischen Diagnosen auch Daten aus einer Reihe von Tests, zum Beispiel zum Gedächtnis, zur Reaktionszeit, zur Griffstärke sowie Daten zur Gewichtsab- und -zunahme und zur Zahl der Stürze bereithält, konnten die Forscher feststellen, dass Menschen, die später an Alzheimer erkrankten, schon Jahre zuvor bei Problemlösungsaufgaben, Reaktionszeiten, dem Erinnern von Zahlenlisten und dem prospektiven Gedächtnis (also unserer Fähigkeit, uns später an etwas zu erinnern) schlechter abschnitten als gesunde Personen.

Dies galt auch für Menschen, die eine seltenere Form der Demenz, die sogenannte Frontotemporale Demenz (FTD), entwickelten. Zudem war die Wahrscheinlichkeit, in den vorangegangenen zwölf Monaten gestürzt zu sein, bei Menschen, die später an Alzheimer erkrankten, höher als bei gesunden Erwachsenen.

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Werden Risikopatienten früher erkannt, kann ihnen besser geholfen werden

Ließen sich in Zukunft also Risikopatienten früher identifizieren, könnte man frühzeitig entsprechende Maßnahmen einleiten, um das Risiko zu verringern oder Patienten finden, die im Rahmen klinischer Studien für neue Behandlungen geeignet wären, heißt es in der Pressemitteilung.

„Das Problem bei klinischen Studien ist, dass sie zwangsläufig oft Patienten mit einer Diagnose rekrutieren, von denen wir aber wissen, dass sie zu diesem Zeitpunkt bereits weit fortgeschritten sind und ihr Zustand nicht mehr aufgehalten werden kann“, erklärt Hauptautor der Studie, Dr. Tim Rittman von der Abteilung für klinische Neurowissenschaften an der Universität Cambridge. „Wenn wir diese Menschen früh genug finden können, haben wir eine bessere Chance zu sehen, ob die Medikamente wirksam sind“,

Derzeit gebe es nur sehr wenige wirksame Behandlungen für Demenz oder andere neurodegenerative Erkrankungen wie Parkinson. Das liege zum Teil daran, dass diese Krankheiten oft erst diagnostiziert werden, wenn die Symptome auftreten, die zugrundeliegende Neurodegeneration habe hingegen möglicherweise schon Jahre - ja sogar Jahrzehnte - vorher begonnen. Für die Teilnahme an klinischen Studien, um den Krankheitsverlauf zu ändern, sei es dann oft schon zu spät.

Bei Sorge Hausarzt aufsuchen

Angst haben, nur weil mal etwas vergessen, brauchen wir uns jetzt aber nicht, beruhigt Rittman: „Die Menschen sollten sich nicht übermäßig Sorgen machen, wenn sie sich zum Beispiel Zahlen nicht gut merken können. Auch einige gesunde Menschen werden natürlich besser oder schlechter abschneiden als ihre Altersgenossen. Aber wir würden jeden ermutigen, der sich Sorgen macht oder bemerkt, dass sein Gedächtnis oder sein Erinnerungsvermögen schlechter wird, mit seinem Hausarzt zu sprechen.“ (akr)