Frauenärztin beantwortet die wichtigsten Fragen Was rate ich meinem Kind? Das sollten Teenie-Eltern über Verhütung wissen

When the unrecognizable doctor walks in, the smiling young adult woman reaches out to shake hands.
Und plötzlich sind sie groß... Aufklärung vor dem ersten Sex ist wichtig - welches Verhütungsmittel eignet sich?
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von Dr. med. Judith Bildau

Sie werden so schnell erwachsen!
Für viele Eltern ist es nicht einfach, wenn die Töchter plötzlich erwachsen werden. Vor allem der Gedanke daran, dass die Mädchen jetzt ihre ersten sexuellen Erfahrungen machen, kann bei vielen Müttern und Vätern ein unwohles Gefühl auslösen. Absolut verständlich, aber umso wichtiger ist es, dass Teenager ihren ersten Sex aufgeklärt und geschützt erleben. Doch was ist überhaupt das richtige Verhütungsmittel?
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Pearl-Index beschreibt, wie sicher ein Verhütungsmittel ist

Eine wichtige Erklärung vorneweg: Um die Sicherheit eines Verhütungsmittels zu beschreiben, wird der sogenannte Pearl-Index (PI) verwendet. Er gibt an, wie viele Frauen innerhalb eines Jahres unter der regelmäßigen Verwendung des Verhütungsmittels schwanger werden. Beispiel: Ein Pearl-Index von 2 besagt, dass es zwei von 100 Frauen sind, bei einem PI von 0,2 sind nur zwei von 1.000 Frauen schwanger geworden.

Lese-Tipp: Verhütungsmittel im Check! Welches ist für euch das Richtige?

Kondom als Verhütungsmittel bei Teenagern

Ganz klar: Das Kondom ist deshalb schon wichtig, weil es nicht eine Schwangerschaft verhindert, sondern auch sehr zuverlässig vor Geschlechtskrankheiten schützt. Deshalb ist es absolut sinnvoll, es sowieso immer zu verwenden, auch wenn daneben hormonell verhütet wird.

Aber: Der Pearl-Index des Kondoms hat leider eine recht große Spannbreite. Er liegt zwischen zwei und 12, da die Sicherheit stark von der Erfahrung und der Handhabung der Benutzer abhängt. Für junge Paare halte ich die alleinige Anwendung eines Kondoms deshalb für riskant.

Lese-Tipp: Kondom benutzen: Die zehn schlimmsten Gummi-Fehler

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Die Pille als Verhütungsmittel

Eine Frau hält eine Packung der Antibabypille in der Hand. (model released) || Modellfreigabe vorhanden
Die klassische Antibabypille verliert bei jungen Frauen an Beleibtheit als Verhütungsmittel. Trotzdem ist sie sicher, wie unsere Expertin erklärt.
picture alliance / Frank May | Frank May

Nach wie vor zählt die hormonelle Verhütung immer noch zur sichersten Art und Weise, eine Schwangerschaft zu verhindern. Auch wenn die Pille in den letzten Jahren in Verruf gekommen ist, ist sie für viele Mädchen sehr gut geeignet. Der Vorteil ist, dass sie vielen Mädchen auch bei einer starken und schmerzhaften Menstruation hilft.

Es wird übrigens zwischen einer Kombinationspille, die sowohl einen Östrogen- als auch einen Gestagenanteil enthält, und einer reinen Gestagenpille unterschieden. Die Kombinationspille hat einen Pearl-Index von 0,1 bis 0,9, die Gestagenpille einen von 0,5.

Natürlich ist der Verhütungsschutz nur gewährleistet, wenn eure Tochter die Pille regelmäßig nimmt.

Vor Beginn der Einnahme muss die Frauenärztin dringend abklären, ob es ein erhöhtes Risiko für die Bildung von Thrombosen gibt, da eine Kombinationspille in diesem Fall nicht geeignet ist. Auch bei der Neigung zu depressiven Verstimmungen ist Vorsicht geboten, da gerade bei jungen Frauen das Risiko für die Entwicklung einer Depression in den ersten Einnahmemonaten steigt.

Lese-Tipp: Einnahme kurz vor dem Sex: Diese Pille könnte die Verhütung völlig verändern

Der Verhütungsring

Auch der Verhütungsring, der in die Vagina gelegt wird und dort drei Wochen verbleibt, ist ein hormonelles Kombinationspräparat. Gerade für Mädchen, die eher vergesslich sind oder häufig unter Erbrechen oder Durchfall leiden, kann er eine gute Alternative zur Pille darstellen. Sein Pearl-Index liegt bei 0,65.

Das Verhütungspflaster

Das Gleiche gilt für das Hormonpflaster: Es muss einmal in der Woche gewechselt werden und enthält sowohl Östrogen als auch Gestagen. Der Pearl-Index beträgt 0,9.

Das Verhütungsstäbchen

Das flexible Stäbchen wird unter die Haut des Oberarms gelegt und verbleibt dort für drei Jahre. Es gibt nur Gestagen ab, ist also östrogenfrei – eine gute Option für Mädchen, die ein erhöhtes Risiko für Thrombosen oder Embolien haben.

Nachteil: Gerade in den ersten Monaten nach der Einlage kann es zu nervigen Zwischen- und Schmierblutungen kommen. Vorteil: Das Verhütungsstäbchen ist mit einem Pearl-Index von 0,05 sehr sicher.

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Im Video: Tschüss Antibabypille, hallo hormonfreie Verhütung!

Spiralen

Dass Spiralen nur für Frauen geeignet sind, die bereits geboren haben, ist ein hartnäckiger Irrtum, der sich leider immer noch hält. Dabei können sie eine wirklich gute Alternative für junge, noch nie schwanger gewesene Frauen sein. Man unterscheidet zwischen zwei Spiralentypen: Die Gestagenspirale wirkt hormonell. Sie sorgt neben der sicheren Verhütung (Pearl-Index: 0,16 – 0,33) außerdem dafür, dass die Menstruation schwächer wird. Daneben gibt es die Kupferspirale (PearI-Index: 0,3 – 0,8). Sie ist komplett hormonfrei und verstärkt bedauerlicherweise die Menstruationsblutung. Da die Spiraleneinlage schmerzhaft sein kann, rate ich ganz jungen Mädchen nicht dazu.

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Verhütung bei Teenagern mit der Drei-Monats-Spritze

Die Gestagenspritze ist nicht für Mädchen in der Pubertät geeignet, da sie die Knochendichte verringert. Sie sollte deshalb bei jungen Frauen nur nach genauer Abwägung von Nutzen und Risiken als Verhütungsmittel angewandt werden.

Fragenkatalog für den Besuch zum Frauenarzt

Ich empfehle alle Eltern, ganz offen mit ihren Töchtern darüber zu sprechen, ob sie zur Frauenärztin begleitet werdne wollen oder doch lieber alleine gehen möchten.

Um das individuell passende und sichere Verhütungsmittel für Teenies zu finden, kann es hilfreich sein, folgenden Frageboden gemeinsam mit den Mädchen auszufüllen und der Frauenärztin mitzubringen:

  • Wann war die letzte Menstruation eurer Tochter?

  • Ist ihr Zyklus regelmäßig? Wie lange dauert die Blutung?

  • Ist die Blutung stark und/oder schmerzhaft?

  • Wie groß und wie schwer ist das Mädchen?

  • Gibt es irgendwelche Grunderkrankungen?

  • Nimmt eure Tochter regelmäßig Medikamente ein?

  • Neigt sie zu gedrückter Stimmung, beziehungsweise wurde bei ihr bereits eine depressive Stimmungslage diagnostiziert?

  • Leidet das Mädchen häufig an Kopfschmerzen? Wenn ja, sind diese begleitet von Übelkeit, Erbrechen und/ oder Sehstörungen (Aura)?

  • Muss sie sich oft übergeben oder hat Durchfall?

  • Raucht eure Tochter?

  • Ist eure Tochter eher vergesslich und vergisst oft Dinge?

  • Gibt es in der Familie Krebserkrankungen? Wenn ja, welche genau?

  • Gibt es in der Familie bekannte Gerinnungsstörungen oder hatten Familienmitglieder gehäuft Thrombosen bzw. Embolien?

Übrigens: Ab 14 Jahren kann die Frauenärztin nach einem ausführlichen Gespräch mit eurer Tochter entscheiden, ob sie ihr die Pille auch ohne elterliche Einverständnis verschreibt. Ab 16 Jahren ist das elterliche Okay grundsätzlich nicht mehr nötig.

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