Sein Haus wurde von einer Bombe getroffen

Bei Angriff in Charkiw: Russen töten Holocaust-Überlebenden Boris Romantschenko (96)

Bild von Holocaust-Überlebendem Boris Romantschenko
Putins Truppen töten Holocaust-Überlebenden Boris Romantschenko
Twitter / @Buchenwald_Dora

Er hat die Konzentrationslager Buchenwald, Peenemünde, Dora und Bergen Belsen überlebt. Doch jetzt wurde der 96 Jahre alte Holocaust-Überlebende Boris Romantschenko am vergangenen Freitag bei einem Bombenangriff in Charkiw getötet.
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Holocaust-Überlebender Romantschenko stirbt bei Bombenangriff in Charkiw

Michael Reichel
Boris Romantschenko (2. v.r.) erneuert in der KZ-Gedenkstätte Buchenwald den Schwur von Buchenwald. Foto: Michael Reichel/Gedenkstätte Buchenwald/dpa/Archivbild
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„Wir trauern um einen engen Freund“, heißt es in der Mitteilung der Gedenkstätte Buchenwald und Mittelbau-Dora. Der 96-Jährige wohnte wohl in einem mehrstöckigen Gebäude in Charkiw, das von einer Bombe getroffen wurde. Das besonders Tragische: Seine Wohnung habe Romantschenko seit Monaten nicht verlassen - aus Angst, sich mit Corona zu infizieren. Doch dann traf ein Geschoss das Gebäude. Die Wohnung des Holocaust-Überlebenden brannte aus.

Romantschenko überlebte die KZs Buchenwald, Peenemünde, Dora und Bergen-Belsen. 1942 wurde er nach Dortmund verschleppt, wo er unter Tage Zwangsarbeit leisten musste. Er habe versucht zu fliehen, sei aber aufgegriffen und im Oktober 1943 ins KZ Buchenwald gebracht worden. In Peenemünde habe er später auch an Raketen mitbauen müssen.

Holocaust-Überlebende in der Ukraine in Gefahr

Jan Woitas
Das Tor des ehemaligen Konzentrationslagers Buchenwald, das heute eine Gedenkstätte ist (Symbolbild). Foto: Jan Woitas/dpa-Zentralbild/dpa
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Boris Romantschenko habe sich intensiv für die Erinnerung an die NS-Verbrechen eingesetzt. Er war laut Gedenkstätte war Vizepräsident des Internationalen Komitees Buchenwald-Dora. Seit den 1990er Jahren ist Romantschenko immer wieder zu Veranstaltungen in dem ehemaligen KZ gekommen. 2012 engagierte er sich beispielsweise während der Gedenkveranstaltung zum Jahrestag der Befreiung von Buchenwald.

„Der entsetzliche Tod von Boris Romantschenko zeigt, wie bedrohlich der Krieg in der Ukraine auch für die KZ-Überlebenden ist“, hieß es in der Mitteilung weiter. Gemeinsam mit 30 anderen Gedenkstätten habe die Stiftung ein Hilfsnetzwerk für ehemalige NS-Verfolgte in der Ukraine gegründet.

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Überlebende müssen "um ihr Leben fürchten"

Auch Axel Drecoll sieht mehrere KZ-Überlebende in der Ukraine in Gefahr. Der Direktor der Stiftung Brandenburgische Gedenkstätten schlägt darum Alarm. Wegen des Krieges müssten sie sich in Kellern und U-Bahnhöfen verbergen und um ihr Leben fürchten, so Drecoll. Die Stiftung habe nur wenige von ihnen erreichen können. Die Leiterin der Gedenkstätte Ravensbrück, Andrea Genest, berichtet von einer KZ-Überlebenden, die aus gesundheitlichen Gründen ihre Wohnung im 9. Stock in Kiew nicht mehr verlassen könne.

Nach Angaben von Drecoll hat die Stiftung Kontakt zu insgesamt 32 Überlebenden. Sie beteiligt auch an dem Hilfsnetzwerk für weitere Opfer der NS-Verfolgung in der Ukraine.

Demnach wohnen in dem umkämpften Land noch rund 42.000 Überlebende von NS-Lagern und -Verfolgungsmaßnahmen, heißt es in dem Spendenaufruf des Hilfsnetzwerks. Darunter seien vor allem Ukrainer, die als Minderjährige gemeinsam mit ihren Eltern zur Zwangsarbeit nach Deutschland verschleppt oder in NS-Lagern geboren wurden, so eine Sprecherin. (dpa/jmu)

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