Repräsentative Umfrage zur Wahrnehmung der russischen Gesellschaft zum Ukraine-Krieg
Russische Kriegspropaganda wirkt offenbar: Immer mehr Russen befürworten "militärisches Eingreifen"

Bislang ist nur wenig darüber bekannt, wie die russische Gesellschaft über den Krieg in der Ukraine und ihren Präsidenten Wladimir Putin denkt. Ein Stimmungsbild liefern nun repräsentative Umfragedaten aus Russland, die RTL/ntv exklusiv vorliegen. Demnach scheint die russische Propaganda zu wirken – die Zustimmung für Putin und den Krieg ist folglich sogar gestiegen.
Die Zahlen müssen wegen der eingeschränkten Meinungsfreiheit in Russland aber auch mit Vorsicht gelesen werden. Sagen die Befragten wirklich, was sie denken, oder fürchten sie möglicherweise Repressalien?
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Propagandakrieg in Russland nimmt zu
Die ersten Umfrage-Ergebnisse aus Russland veröffentlichten die Marktforschungsinstitute „moweb research“ und „pollytix“ bereits vor vier Wochen, also kurz nach Kriegsbeginn. Knapp die Hälfte der Befragten befürwortete damals das militärische Eingreifen Russlands in der Ukraine.
Im April 2022 hat das Institut erneut 1.500 Russen und Russinnen zu ihrer Einstellung zum Krieg online befragt. Das Ergebnis: Seit der ersten Befragung hat der Propagandakrieg in Russland zugenommen und Repressalien zu Unterdrückung der kritischen Meinungsäußerung wurden verschärft. Veränderungen können allerdings nur einen Hinweis auf Stimmungsänderungen geben.
Sieben Prozent mehr befürworten das „militärische Eingreifen“ Russlands in der Ukraine. Vor allem unter den Jüngeren steigt die Befürwortung, dennoch bleiben sie die Gruppe, in der die meisten Gegner des Krieges zu finden sind. Analog steigt auch die Ablehnung eines russischen Truppenrückzugs von knapp 50 auf über 60 Prozent.
Große Zustimmung für Putin
Die russische Gesellschaft versammelt sich weiterhin hinter ihrem Präsidenten Putin, besonders die Älteren. Hier liegt die Zustimmung bei über 75 Prozent. Die Schuld an der Eskalation des Konflikts wird inzwischen deutlicher bei den USA gesehen, besonders nimmt die Zustimmung unter Jüngeren und Männern zu.
Die Bewertung westlicher Länder hingegen nimmt ab, besonders Deutschland und Frankreich werden deutlich negativer gesehen. Beide Länder verlieren im Vergleich zum März 2022 um sieben Prozentpunkte.
Die westlichen Sanktionen werden häufiger als nicht gerechtfertigt empfunden – auch wenn die Belastungen der westlichen Sanktionen auf Russland seltener empfunden werden. Nur jeder Dritte bewertet die westlichen Sanktionen als persönlich belastend.
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Russische Kriegsnarrative werden größtenteils unterstützt
Deutlich mehr Russen und Russinnen als noch im März stimmen den Narrativen zur „Entmilitarisierung“ und „Entnazifizierung“ der Ukraine zu. Auch der Idee, Russland schütze russische Minderheiten in der Ukraine, glauben mehr Menschen. Die Propaganda scheint also zu wirken.
Die Anerkennung der Krim durch Russland wünschen sich nach wie vor mehr als Dreiviertel der Russen und Russinnen. Nur jeder Fünfte befürwortet die ukrainische Verwaltung von Donezk und Luhansk.
Stark eingeschränkte Meinungs- und Pressefreiheit in Russland
Es ist jedoch unklar, inwieweit die Umfrageergebnisse dem tatsächlichen Meinungsbild in der russischen Bevölkerung entsprechen. Angesichts der stark eingeschränkten Meinungs- und Pressefreiheit in Russland muss damit gerechnet werden, dass die Befragten bei der Beantwortung von Fragen zu Krieg und Frieden vorsichtiger und regierungskonformer sind als bei den üblichen Marktforschungsfragen. (mowebresearch/tho)
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Die Umfrage wurde im Rahmen einer Gemeinschaftsstudie der Marktforschungsinstitute moweb research (Düsseldorf) und pollytix (Berlin) durchgeführt. Der Erhebungszeitraum ist vom 31.März bis 6.April 2022. Die Fallzahl liegt bei 1.508. Bei einem 95%-Konfidenzintervall beträgt die maximale Fehlertoleranz +/- 2,5 Prozentpunkte.
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