Kinder-Totraser von Barsinghausen wieder vor Gericht
Vater zur Entschuldigung der Angeklagten: „Das tut mir Leid, bringt meine Kinder nicht zurück!”

Wird es doch noch eine Verurteilung wegen Mordes geben?
Zwei Autofahrer rasen mit 180 Kilometer pro Stunde über eine Landstraße, überholen einander. Dann verliert die Frau die Kontrolle über ihr Auto, kracht in mehrere entgegenkommende Wagen. Am Ende sind zwei Kinder (2 und 6 Jahre) tot. Doch die beiden Raser werden nicht wegen Mordes, sondern wegen unerlaubten Kraftfahrzeugrennens mit Todesfolge bestraft. Dieses Urteil steht jetzt auf dem Prüfstand. Die Eltern müssen die Gerichts-Tortur noch einmal über sich ergehen lassen.
Emotionaler Prozesstag in Hannover

War es doch Mord? Der Prozess um ein verbotenes Autorennen startet am Donnerstag (9.00 Uhr) am Landgericht Hannover noch einmal. Ewa P. und Marco S. sitzen wieder auf der Anklagebank. Und direkt gegenüber: die Eltern der verstorbenen Kinder. Die Mutter fängt direkt an zu weinen, als sie den Gerichtssaal betritt und die Angeklagten sieht. Als Ewa P. den Saal mit Handschellen betritt, fängt auch sie an zu weinen. Sie spricht an diesem Prozesstag direkt zu den Eltern: „Es tut mir leid. Ich wollte das nicht machen!“ Auf diese Worte reagiert der Familienvater: „ ‚Das Tut mir Leid’ bringt meine Kinder nicht zurück, meine Frau ist immer noch nicht wieder gesund!“ Er und seine Frau würden noch immer stark leiden, sowohl körperlich als auch psychisch, erklärt der Vater vor Gericht.
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Vorheriges Urteil: Sechs Jahre Gefängnis für Hauptangeklagte
Schon im ersten Prozess wurden die beiden 41-Jährigen wegen Mordes beziehungsweise Beihilfe zum Mord angeklagt, allerdings nicht deswegen verurteilt. Damals war die Hauptangeklagte zu sechs Jahren Gefängnis verurteilt worden, ihr Kontrahent bei dem Rennen im Februar 2022 zu vier Jahren. Das Landgericht sah es im April vergangenen Jahres als erwiesen an, dass die beiden 41-Jährigen sich auf einer Straße in Barsinghausen ein verbotenes Autorennen geliefert hatten. Demnach sollen sie mit ihren PS-starken Autos mit bis zu 180 Kilometern pro Stunde nebeneinanderher gerast sein - erlaubt war Tempo 70. In einer Kurve verlor die Frau die Kontrolle über ihren Wagen, es kam zum Zusammenstoß mit entgegenkommenden Autos. Der Wagen einer Familie wurde auf einen Acker geschleudert, die angeschnallten zwei und sechs Jahre alten Jungen auf der Rückbank starben.
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Angeklagter bot Eltern Geld an

Der Vater sagt an dem Donnerstag als Zeuge aus. Er erzählt, dass seine Frau nach dem Unfall im Koma lag. Noch immer würden für das Elternpaar Operationen anstehen. Die Mutter würde oft weinen, vor allem, wenn sie morgens aufwacht und an die Kinder denkt. Auch ihn macht der Gedanke an seine Kinder sehr traurig. Wie der Vater erzählt, würde er wieder arbeiten, seine Frau hingegen sei gesundheitlich dazu nicht in der Lage. Marco S. habe der Familie Geld angeboten, doch darauf seien die Eltern nicht eingegangen. „Er wollte was gut machen mit Geld. Aber Geld ist nichts wert, ich will Gerechtigkeit!“, sagt der Vater vor Gericht.
Fall muss neu verhandelt werden
Der Bundesgerichtshof urteilte im vergangenen Februar, dass weder die Begründung, mit der das Landgericht einen – bedingten – Tötungsvorsatz der Hauptangeklagten abgelehnt habe, noch die Beweiswürdigung zum Autorennen frei von Rechtsfehlern seien. Daher müsse der Fall von einer anderen Schwurgerichtskammer des Landgerichts neu verhandelt werden. Mögliche Mordmerkmale: Heimtücke oder sonstige niedrige Beweggründe. Vielleicht drohen den beiden nun doch weitaus höhere Strafen. (dpa/eon)