Personal nicht mehr qualifiziert
Kita-Not! Kann bald JEDER auf unsere Kinder aufpassen?

Heute bleibt die Kita zu!
Eltern kennen es: Wegen Personalausfällen läuft die Kita nur im Notbetrieb oder hat gleich für einige Tage ganz zu. Das sorgt für Unmut. Um der großen Personalnot entgegenzuwirken, sollen mehr Menschen eingestellt werden – doch eine Studie zeigt nun: Die pädagogischen Voraussetzungen erfüllen diese nicht immer.
Rentner dürfen in der Kita arbeiten
So werden zunehmend Personen ohne formale pädagogische Voraussetzungen in den Kindertagesstätten eingestellt. Gleichzeitig sinke der Anteil der Fachkräfte, die mindestens über eine Qualifikation als Erzieherin oder als Erzieher verfügen. Zu diesem Ergebnis kommt das „Ländermonitoring Frühkindliche Bildungssysteme“ der Bertelsmann Stiftung.
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Einen einschlägigen Hochschul- oder Fachschulabschluss und damit die formale pädagogische Qualifikation haben Erzieherinnen, Sozialpädagogen, Sozialarbeiter, Heilpädagogen oder auch Kindheitspädagogen, schildert Studien-Mitautorin Kathrin Bock-Famulla der Deutschen Presse-Agentur. Kinderpflegerinnen oder Sozialassistentinnen mit lediglich zweijähriger Ausbildung würden nicht dazugezählt.
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Je nach Bundesland seien die Regelungen, wer ohne pädagogische formale Voraussetzungen in den Kitas arbeiten darf, sehr unterschiedlich. Beispiele: In Baden-Württemberg dürften auch Hebammen oder Logopädinnen einfach so in die Kita-Arbeit einsteigen. In Niedersachsen können unter bestimmten Bedingungen auch Eltern oder Rentner tätig sein, wie Bock-Famulla berichtet.
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Kitaleitung ohne pädagogische Qualifikation
In Bremen gebe es den Vorschlag, dass Personen ohne jegliche pädagogische Qualifikation für zwei Stunden pro Tag eingesetzt werden dürfen. In Bayern brauche eine Kitaleitung keine pädagogische Qualifizierung mehr. „Das kann zum Beispiel auch eine Betriebswirtin übernehmen.“
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In einer Notsituation könne es vertretbar sein, Anforderungen vorübergehend zu senken, sagt Bildungsexpertin Anette Stein von der Stiftung. Ein dauerhaftes Absenken des Fachkräfteanteils – wie es sich in vielen Bundesländern abzeichne – dürfe es aber nicht geben. Für die anspruchsvolle Arbeit mit den Kindern brauche es die entsprechende pädagogische Qualifikation.
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Doch 2023 kam nur jedes dritte Kita-Team (32 Prozent) auf eine hohe Quote von mehr als acht Fachkräften unter zehn pädagogisch tätigen Personen. 2017 konnten noch 41 Prozent aller Kita-Teams diesen hohen Anteil vorweisen. Den deutlichsten Rückgang habe es hier seit 2017 in Berlin, Mecklenburg-Vorpommern und Nordrhein-Westfalen gegeben, bilanziert die Analyse. Sie basiert auf Daten zum Stichtag 1. März 2023.
Viele Mitarbeiter wollen gehen
Wissenschaftlerin Bock-Famulla sieht einen großen Belastungsfaktor für das Fachpersonal, wenn nicht einschlägig ausgebildete Mitarbeitende im laufenden Kita-Betrieb „on the Job“ angeleitet werden müssten. Die oft überlasteten Fachkräfte könnten das nicht zusätzlich stemmen. Es schlage sich mitunter auch negativ auf die Arbeitszufriedenheit in Teams nieder, wenn diese „irgendwie zusammengewürfelt“ würden. Das habe auch eine Befragung zusammen mit der Uni Gießen unter gut 21.600 Kita-Beschäftigten ergeben.
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In der zeitgleich vorgestellten Erhebung aus Gießen hatte fast die Hälfte der Befragten angegeben, sich täglich oder fast täglich überlastet zu fühlen. Viele schätzten die Wahrscheinlichkeit, dass sie das Berufsfeld kurz- bis mittelfristig verlassen werden, als sehr hoch ein. Das Abwanderungsrisiko sei am höchsten bei jüngeren Menschen zwischen 26 und 30 Jahren.
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Quereinsteiger können auch Bereicherung sein
Unter bestimmten Voraussetzungen könnten Quereinsteiger wie zum Beispiel Ergotherapeuten oder Logopädinnen eine sinnvolle Ergänzung im Kita-Team darstellen, findet der Landeselternbeirat der Kindertageseinrichtungen. „Wichtig ist es, zahlenmäßig maßzuhalten und Basisqualifikation von mindestens 160 Unterrichtsstunden zu absolvieren, bevor sie in die Kitas kommen“, sagt NRW-Sprecherin Daniela Heimann der dpa. (dpa/eon)