Studie zeigt die erschreckenden AusmaßeKita schon wieder dicht? Diese Rechte könnt ihr jetzt geltend machen!

Nicht schon wieder ...
Eltern kennen das: Eine Nachricht in der Kita-App poppt auf und verkündet schlechte Neuigkeiten: Die Kita bleibt morgen geschlossen! Der Grund: Personalmangel. Ein Dauerzustand in Deutschland, wie eine aktuelle Studie zeigt. Wie können Eltern jetzt ihre Rechte geltend machen? Rechtsanwältin Nicole Mutschke klärt auf.
Personalmangel in Kitas: Vor allem die Mütter baden es aus
Eine aktuelle Studie der Hans-Böckler-Stiftung bestätigt nun ein Problem, das mittlerweile zum Dauerzustand geworden ist: 44 Prozent der befragten Eltern gaben an, dass ihre Kita in den vergangenen drei Monaten zeitweise geschlossen war. Fast die Hälfte musste ihre Kinder früher abholen, weil die Kita wegen Personalmangels verkürzte Öffnungszeiten hatte. Häufig war sogar beides der Fall: Schließung an einigen Tagen und verkürzte Öffnungszeiten an anderen Tagen.
Frauen sind besonders betroffen: Sie reduzieren häufiger ihre Arbeitszeit oder nehmen Urlaub, um die Kinderbetreuung zu gewährleisten.
64 Prozent der befragten Väter gaben an, dass ihre Partnerin in solchen Fällen einspringt, während nur 48 Prozent der Mütter angaben, dass ihr Partner die Betreuung übernimmt. Die Studie zeigt damit deutlich die ungleiche Verteilung der Betreuungslast und die damit verbundenen beruflichen Nachteile für Frauen.
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Keine Ersatzbetreuung? Arbeitgeber umgehend informieren!
Die Kita ist geschlossen und eine alternative Betreuung ist nicht aufzutreiben? „Als Erstes solltet ihr umgehend euren Arbeitgeber informieren“, erklärt uns Rechtsanwältin Nicole Mutschke. Es gilt dann: „Ihr müsst grundsätzlich nicht zur Arbeit erscheinen und könnt nach § 616 BGB für wenige Tage auch weiter Lohn erhalten.“ Allerdings: In vielen Arbeitsverträgen wurde dieser Lohnanspruch ausgeschlossen – was laut unserer Expertin auch zulässig ist.
Aber was ist mit Kita-Beiträgen und dem Essensgeld?
Eltern können versuchen, diese Beiträge für die Zeit der Schließung zurückzufordern. „Grundsätzlich regelt bei kommunalen Träger die Beitragssatzung, welche Beträge für den Besuch der Kita zu zahlen sind“, erklärt Mutschke uns.
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„Bei kommunalen Einrichtungen besteht die Zahlungspflicht nach Ansicht der Rechtsprechung allerdings grundsätzlich auch dann, wenn die Betreuungsleistungen gar nicht in Anspruch genommen werden können.“ Das werde damit begründet, dass die Beiträge für das Bereitstellen des Betreuungsplatzes gezahlt werden und dessen Kosten regelmäßig auch nur teilweise durch die Elternbeiträge abgedeckt würden, so die Rechtsanwältin.
Ermäßigung der Beiträge: Im Streitfall gerichtlich überprüfen lassen
Eine Ermäßigung der Beiträge käme daher nur in Betracht, wenn das Verhältnis zwischen Zahlung und Leistung gröblich gestört sei. „Die Schließung für mehrere Tage wurde von diversen Gerichten hierfür zumindest nicht als ausreichend angesehen“, so die Rechtsanwältin.
„Auch in Bezug auf das Essensgeld ist in aller Regel in der Beitragssatzung geregelt, unter welchen Umständen möglich sind.“ Im Streitfall könne man aber natürlich auch dies gerichtlich überprüfen lassen.

Verdienstausfälle der Eltern können nicht geltend gemacht werden
Der Beruf des Erziehers ist nicht nur stressig, sondern auch häufig schlecht bezahlt. Daher ist er tendenziell unattraktiv für einen Arbeitsmarkt, auf dem bereits jetzt an allen Ecken und Enden an Personal fehlt.
Deswegen haben viele Eltern durchaus Verständnis für Schließungen aufgrund von Krankheitsausfällen und Personalmangel. Welche Möglichkeiten gibt es, den Druck auf die politisch Verantwortlichen durch andere Rechtsmittel noch zu erhöhen?
„Es kann durchaus zu Verdienstausfällen der Eltern kommen, etwa wenn § 616 BGB ausgeschlossen ist“, sagt Mutschke uns. „Ein Schadensersatzanspruch würde grundsätzlich ein Verschulden des Trägers der Einrichtung voraussetzen, dies wird allerdings bei durch Streik oder Krankheit bedingten Schließungen regelmäßig nicht vorliegen.“ Auch die Kosten für eine Ersatzbetreuung, etwa für einen Babysitter, müssen Eltern daher regelmäßig selbst tragen.
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So können Eltern Druck auf die Politik machen
Um Druck auf die politischen Verantwortlichen auszuüben, sei es daher regelmäßig besser, wenn Eltern sich zusammenschließen und gemeinsam verlangen, dass sie zumindest die Elternbeiträge und das Essensgeld erstattet erhalten. Solche öffentlichkeitswirksamen Forderungen haben in der Vergangenheit durchaus schon dazu geführt, dass Gelder erstattet wurden. (mit dpa)