„Dieser Mann war absolut auffällig!“

Ich sah den Berliner Todesarzt am Tatort

von Andrea Eickhoff und Samina Faizi

Wie viele Menschen hat Johannes M. umgebracht?
Ein Arzt für schwerstkranke Menschen aus Berlin soll mindestens acht Menschen getötet haben. Möglicherweise sind es sogar 40. Jetzt spricht ein Nachbar eines seiner mutmaßlichen Opfer. Er hat den Arzt am Tatort getroffen und sagt: „Dieser Mann war absolut auffällig!“

Situation war „sehr gruselig und angsteinflößend“

Paul R. erinnert sich genau an den Tag, als seine Nachbarin stirbt und in ihrer Wohnung Feuer ausbricht. Am Eingang trifft er auf den Palliativmediziner Johannes M., unterhält sich mit ihm. Später stellt sich heraus, dass er neben einem mutmaßlichen Serienmörder steht. Der Gedanke daran lässt ihn erschauern, sagt der Familienvater. „Das ist schon sehr gruselig, sehr angsteinflößend“, findet er. Deswegen möchte er auch nur verdeckt mit uns drehen.

Ein Mann im Porträt.
Johannes M. (39) steht im Verdacht, vier seiner Patientinnen getötet zu haben.
Privat

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Als R. den Brand in der Wohnung seiner Nachbarin bemerkt, klingelt er an allen Wohnungen, um zu helfen. Der Arzt habe sich für ihn in dem Moment auffällig und komisch verhalten: „Er hat wirklich danach gefragt, ob da jemand drin ist“, so R., der sich wundert:. Sein Bauchgefühl habe ihm gesagt, dass der Mann dort nicht hingehöre.

Video: Berliner Arzt soll weitere Senioren umgebracht haben

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Verdächtiger wird auch an anderem Tatort gesehen

Die Polizei prüft weitere Fälle. Auch bei einem Brand am 11. Juni 2024 im Berliner Stadtteil Neukölln stirbt eine ältere Frau - und auch dort wird Johannes M. offenbar am Tatort gesehen. Ein Handyvideo soll zeigen, wie er vom Tatort wegläuft.

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Die Staatsanwaltschaft glaubt, dass Johannes M. immer nach demselben Muster vorgegangen ist. Er soll die Patienten besucht und dann mit einem Gemisch aus verschiedenen Medikamenten getötet haben. Dann soll er Feuer gelegt haben, um die Taten zu verdecken. Gegenüber Anwohnern und Augenzeugen soll er sich immer wieder als Pfleger vorgestellt haben. Nach RTL-Informationen könnte Johannes M. bis zu 40 Menschen getötet haben.

Arzt wollte nicht in das „Puzzle” passen

Oberstaatsanwalt Sebastian Büchner sagt, seine Behörde habe Anhaltspunkte dafür, „dass der Beschuldigte aus seinem Interesse am Töten gehandelt haben könnte.” In seiner Doktorarbeit hat er über Tötungsdelikte an alten Menschen geschrieben. Aus heutiger Sicht wirkt das fast wie eine dunkle Vorahnung. Paul R. hat das Aufeinandertreffen mit dem Arzt zuerst als nebensächlich empfunden. Jetzt sagt er: „Das war wie ein komisches Puzzle.” Der Arzt sei das Teil gewesen, das einfach nicht ins Bild passen wollte.

Bis zu einer möglichen Verurteilung gilt für Johannes M. die Unschuldsvermutung. Er sitzt bis zu seinem Prozess in Untersuchungshaft.