Viel hilft viel - von wegen!Zu viel Whey schadet nie? Neurologe warnt: Für wen Eiweißpulver gefährlich werden kann

Ob Brot, Pudding oder Frühstücks-Cerealien: Kaum ein Lebensmittel, das nicht mit der Extra-Portion Eiweiß wirbt!
Bei Sportlern ist vor allem Whey-Pulver beliebt, um den Muskelaufbau zu beschleunigen. Warum es meist überflüssig ist und für wen es gefährlich werden kann.
Warum wir Eiweiß benötigen
In Drogerien, Supermärkten und Discountern erleben Lebensmittel, die zusätzlich mit Eiweiß angereichert sind, seit einigen Jahren einen regelrechten Hype. Verantwortlich dafür ist das durchweg positive Image von Eiweiß und die Tatsache, dass ein hoher Eiweißkonsum das Abnehmen erleichtern kann. Und tatsächlich erfüllen Proteine wichtige Funktionen im menschlichen Körper: Sie sind unverzichtbare Bausteine unserer Zellen, sorgen für ein funktionierendes Immunsystem, fördern den Muskelaufbau und machen lang anhaltend satt.
Vor allem Sportler setzen auf eine hohe Eiweißzufuhr, um den Muskelaufbau zu beschleunigen. Besonders beliebt ist Pulver mit Whey-Proteinen. Dieses Molkeneiweiß enthält alle essenziellen Aminosäuren und hat eine sehr hohe biologische Wertigkeit. Daher wird es vom Körper eins zu eins in körpereigenes Eiweiß umgewandelt.
Wie gesund Whey-Pulver wirklich ist und wer besser darauf verzichten sollte
Während eine tägliche Aufnahme von bis zu zwei Gramm Whey-Protein pro Kilogramm Körpergewicht für gesunde Menschen, die viel Sport treiben, als unbedenklich gilt, gibt es Menschen, die bei der Einnahme vorsichtig sein sollten.
„Nicht geeignet ist es für Menschen, die auf Milchbestandteile allergisch reagieren oder eine entsprechende Unverträglichkeit haben“, warnt Neurologe Prof. Dr. Christoph Kleinschnitz. Der Experte empfiehlt, dass Menschen mit einer Laktoseintoleranz oder Proteinunverträglichkeiten wie einer Kuhmilchallergie beispielsweise auf die Aufnahme verzichten oder vor der Einnahme des Pulvers Rücksprache mit ihrem Hausarzt halten sollten.
Allerdings sollten laut Kleinschnitz auch gesunde Menschen darauf achten, dass es sich um ein qualitativ hochwertiges Pulver handelt. „Denn Zucker, Süßungsmittel oder Zusatzstoffe wie Aromen können als Nebenwirkung zu Übergewicht führen.“ Hier helfe ein Blick auf die Zutatenliste.
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Warum die Aufnahme einzelner Eiweißkomponenten riskant ist
Die Deutsche Gesellschaft für Ernährung (DGE) warnt zudem vor Nahrungsergänzungsmitteln, die sich auf einzelne Eiweißkomponenten, etwa die Aminosäure Glutamin, konzentrieren. Diese seien nicht sinnvoll, da es durch die hoch dosierte Zufuhr einzelner Aminosäuren wie Leucin zu einem Ungleichgewicht im Aminosäurestoffwechsel kommen könne. Bei Tierversuchen konnten in solchen Fällen neurologische Störungen beobachtet werden.
Dieser Effekt lasse sich auch auf Menschen übertragen. „Wer bestimmte Aminosäuren nicht spalten oder verwerten kann, hat ein höheres Risiko für Nebenwirkungen“, erklärt Kleinschnitz. Wenn das Aminosäuregleichgewicht gestört sei, könne es durch den relativen Aminosäuremangel zu Kopfschmerzen, Benommenheit, Übelkeit und pathologischer Müdigkeit kommen. Grundsätzlich sollte man bei entsprechenden Aminosäureprodukten keinesfalls die vom Hersteller empfohlene Tagesdosis überschreiten. Auch die Verbraucherzentrale empfiehlt, dass gesunde Erwachsene pro Tag nicht mehr als 4 Gramm Leucin, 2,2 Gramm Isoleucin und 2 Gramm Valin aufnehmen sollten.
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Je mehr Eiweiß, desto mehr Muskeln? Das stimmt nicht!
Grundsätzlich gilt: Viele überschätzen die erforderliche Eiweißmenge. Die DGE empfiehlt für gesunde Erwachsene eine tägliche Zufuhr von 0,8 Gramm Eiweiß je Kilogramm Körpergewicht. Bei einer 70 Kilogramm schweren Person entspricht das einer Eiweißmenge von 56 Gramm am Tag. Dieser Bedarf lässt sich leicht über einen ausgewogenen, vielseitigen Speiseplan decken. Mit der üblichen Mischkost werden die empfohlenen Mengen durchschnittlich sogar überschritten. So liegt die durchschnittliche Eiweißzufuhr bei Frauen bei 64 Gramm, bei Männern bei 85 Gramm pro Tag.
„Viel hilft viel“ ist im Falle von Eiweiß ein Trugschluss. Denn die Erhöhung der Proteinzufuhr allein reicht für einen gezielten Muskelaufbau nicht aus. Von zentraler Bedeutung ist es, gleichzeitig auch die Trainingsintensität zu erhöhen. Aber auch der Zeitpunkt der Eiweißzufuhr spielt eine Rolle. Optimal ist es, eiweißreiche Lebensmittel im sogenannten anabolen Fenster, also etwa eine Stunde vor oder nach dem Training, aufzunehmen.
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Wie sinnvoll sind mit Eiweiß angereicherte Lebensmittel wirklich?
„Für die meisten gesunden Menschen hat es wenig Sinn, mit Proteinen angereicherte Produkte zu essen, da sie ausreichend mit Eiweiß versorgt sind. Außerdem sind Lebensmittel mit zugesetztem Eiweiß nicht automatisch gesünder“, fasst das Bundeszentrum für Ernährung (BZfE) zusammen.
Auch Sportler, die gezielt Muskeln aufbauen wollen, brauchen keine mit Eiweiß angereicherten Produkte. Die für den Aufbau empfohlene Proteinzufuhr von etwa 1,6 bis 1,7 Gramm pro Kilogramm Körpergewicht lässt sich über eine gute Mischung auf pflanzlichen und tierischen Eiweißquellen leicht erreichen.
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Diese Eiweißquellen machen Pulver und Co überflüssig
Hochwertige pflanzliche Eiweißlieferanten sind Hülsenfrüchte wie Linsen oder Kichererbsen, Vollkorngetreideprodukte wie Vollkornbrot, -reis oder -nudeln sowie Sojaprodukte wie Tofu oder Sojadrinks. Auch Kürbiskerne, Mandeln und Champignons liefern viel Protein.
Gute tierische Eiweißquellen sind Milchprodukte wie Magerquark oder Käse, Fleisch, Geflügel wie Hähnchen oder Eier. Durch die Kombi von pflanzlichen und tierischen Eiweißquellen wie Kartoffeln mit Ei oder Tofu mit Reis lässt sich die biologische Wertigkeit noch erhöhen.
Positiver Nebeneffekt der natürlichen Eiweißquellen: Eine Überdosierung ist praktisch unmöglich. Wer zudem auf eine ausreichende Trinkzufuhr von mindestens 1,5 bis zwei Liter Wasser am Tag setzt, entlastet auch die Nieren und beugt Nierensteinen vor, die sich infolge einer dauerhaft erhöhten Proteinzufuhr (mehr als 1,6 Gramm pro Kilogramm Körpergewicht täglich) bilden können.
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