"Ich konnte ihre brennenden Haare riechen"

Vater nach Bootsbrand vor Gericht: Tochter Leonie Sophie (7) stirbt in den Flammen

von Gunda Möller und Leonie Dorn

Es sollte ein schöner Sonntag auf dem Boot im idyllischen Schiersteiner Hafen werden – doch es endete in einer Tragödie: Am Morgen des 6. März 2022 geht das kleine Boot im Hafen Wiesbaden-Schierstein in Flammen auf, die siebenjährige Leonie Sophie stirbt bei dem Brand. Jetzt steht der Vater Tobias W., mit dem das Kind auf dem Boot war, wegen fahrlässiger Tötung vor Gericht. RTL verfolgte den ersten Prozesstag am Montag vor Ort.

RTL-Reporterin Leonie Dorn erlebte den Schmerz der Eltern von der toten Leonie Sophie am 1. Prozesstag hautnah.
RTL-Reporterin Leonie Dorn erlebte den Schmerz der Eltern von der toten Leonie Sophie am 1. Prozesstag hautnah.
RTL

Vater bei Prozessauftakt in Tränen aufgelöst

Die Emotionen überwältigen den Angeklagten schon bei der Lesung der Anklage am Wiesbadener Landgericht, Tränen fließen. Seit einem Jahr muss der Familienvater den Verlust seiner Tochter Leonie Sophie verkraften – und mit dem Gedanken leben, dass er schuld an ihrem Tod ist. Schwere Brandstiftung und fahrlässige Tötung wird dem 40-Jährigen vorgeworfen. Der Treibstoff in einem Kanister soll Auslöser für den verheerenden Brand gewesen sein: Vermutlich sei der Treibstoff mit der mit der Heizung auf dem Boot in Kontakt gekommen, habe sich entzündet und dabei eine Explosion ausgelöst.

Tobias W. hatte laut Polizei und Zeugen noch versucht, seine Tochter zu retten, bevor er selbst ins Wasser sprang. Er war zunächst nicht vernehmungsfähig gewesen.

Mit gesenktem Blick und sichtbarer Trauer nimmt der Familienvater die Verlesung seiner Anklage zum Prozessauftakt in Wiesbaden entgegen.
Mit gesenktem Blick und sichtbarer Trauer nimmt der Familienvater die Verlesung seiner Anklage zum Prozessauftakt in Wiesbaden entgegen.
RTL

Gemeinsames Vater-Tochter-Hobby wird zur Todesfalle

Zwei Jahre war das Boot, auf dem die Tragödie passierte, das gemeinsame Hobby von Vater und Tochter, äußert der Angeklagte zum Prozessauftakt. Er habe es mit seiner Tochter gemeinsam aufgebaut. Es müsse der Gaskocher, nicht die Heizung, gewesen sein, der die Verpuffung ausgelöst habe, so seine Vermutung. Er habe draußen auf dem Boot gestanden, seine siebenjährige Tochter sei drinnen gewesen. Immer wieder habe er versucht, durch das Fenster, den einzigen Einstieg in die Kajüte, ins Boot zu gelangen – vergeblich. Unter Tränen erinnert der Familienvater sich an den Geruch der verbrannten Haare seiner Tochter.

Laut Augenzeugen sei Tobias W. dann von Bord gesprungen oder gefallen, das Boot brannte bis auf den Rumpf nieder – und auch seine Tochter wurde Opfer der Flammen. „Ich habe es versucht, ich bin nicht mehr hochgekommen“, sagte er unter Tränen aus.

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Vater stand unter Drogeneinfluss

Der Vater soll am besagten Sonntagmorgen unter Betäubungsmitteln gestanden haben, das ergab eine Blutprobe nach dem Vorfall. THC und Amphetamine seien nachgewiesen, zum Prozessauftakt am Montag gestand der 40-Jährige seinen Drogenkonsum am Vorabend.

War er zu nachlässig, hätte das Umkippen des offenen Benzinkanisters in der Kajüte des Bootes verhindert werden können? Auch bei Tätigkeiten als Hausmeister in einem Kindergarten soll der Angeklagte laut Ermittlern gefährliche Gegenstände wie eine defekte Kabeltrommel, eine Motorsäge und Benzinkanistern unbeaufsichtigt in der Nähe von Kindern stehenlassen haben.

Es sind zwei weitere Verhandlungstermine im April geplant.