Die Polizei half sogar aus Versehen

Vorsicht, Falle: Dreiste Betrüger schleppen eiskalt Autos ab - dann wird's richtig teuer!

ARCHIV - Ein Auto wird am 20.01.2014 in Hannover (Niedersachsen) auf einen Abschleppwagen gehoben. Foto: Julian Stratenschulte/dpa (zu dpa-Meldung «BGH nimmt Berechnung von Abschleppdienst unter die Lupe» vom 04.07.2014) +++(c) dpa - Bildfunk+++
Unzählige Autos wurden illegal abgeschleppt. Wie sich herausstellte, war alles ein großer und teurer Betrug. (Symbolfoto)

Geht es eigentlich noch dreister?
In Berlin sind viele Autofahrer Opfer von Auto-Kidnapping geworden. Ihr Auto wurde illegal abgeschleppt – der Standort wurde nur für eine Einmalzahlung verraten. Welcher Abschleppdienst dahinter steckt – und warum die Polizei sogar aus Versehen half.

Auto hat kein GPS

Wird ein Mensch gekidnappt, ist meist klar, was zu tun ist. Doch was soll man tun, wenn auf einmal das Auto nicht mehr an seinem Platz steht? Vor diesem Problem steht am 1. Juni laut dem RBB Georgi Komitov, der in Berlin-Spandau lebt. Sofort ruft er bei der Polizei an, denn er geht von einem Diebstahl aus.

Die Polizei sagt ihm wiederum, dass sein zehn Jahre alter Wagen (ohne GPS) abgeschleppt worden sei. Und zwar von der Yana GmbH, einem privaten Abschleppdienst. Komitov bekommt die Nummer des Anbieters. Er soll die Sache selbst klären.

Marktleiter nicht erreichbar

Bis dahin ist dies ein Standardverfahren in solchen Fällen. Wird ein Auto privat abgeschleppt, meldet man sich bei der zentralen „Auskunfts- und Fahndungsstelle“ der Polizei. Dort sind alle Fälle gemeldet, die nicht im Auftrag der Polizei oder der Ordnungsämter erfolgt sind.

Weil der Fahrzeughalter seinen Wagen über Nacht auf einem Supermarktplatz stehen hatte, vermutet er, dass der Marktleiter den Abschleppdienst gerufen hat. Auch wenn ihm das bereits komisch vorkam, wie er im Gespräch mit dem RBB anmerkt: „Das machen da aber viele so. Das hat nie jemanden gestört“. Bis zu diesem Zeitpunkt kann er den Markt nicht erreichen.

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Saftige Rechnung

Kurz darauf wird es dann noch komischer: Die Yana GmbH möchte nur über WhatsApp kommunizieren. Irre: Über den Messenger-Dienst schickt das Abschleppunternehmen auch die Rechnung von 476 Euro. Die müsse Komitov zahlen, erst dann erfahre er, wo sein Auto stehe.

Nach einer kurzen Online-Recherche fällt Komitov auf, dass die Summe recht hoch ist. Der normale Preis liegt bei etwa 220 Euro. Frustriert bezahlt er trotzdem, denn: „Schließlich lief das über die Polizei, in die ich - bis dahin - großes Vertrauen hatte.“

Rechnung über WhatsApp

Zwar kam ihm die Kommunikation über WhatsApp merkwürdig vor, doch Komitov überweist die volle Summe. Anschließend erfährt er von der Yana GmbH, dass sein Auto fünf Kilometer vom ersten Standort am Straßenrand abgestellt worden sei. Erst nach der Nachricht meldet sich der Marktleiter bei ihm.

Dieser versichert dem Fahrzeughalter, nie einen Abschleppdienst gerufen zu haben. Sofort wird Komitov klar: Hier ist etwas gehörig faul. Er ruft wieder die Polizei an: Um Anzeige zu erstatten! „Aber die Beamten wollten die erst gar nicht aufnehmen. Das müsse ich zivilrechtlich mit dem klären, der für das Abschleppen verantwortlich sei.“

Unzählige Autos abgeschleppt

Als Komitov aber beweisen kann, dass es keinen Auftrag für die Umsetzung des Autos gab, werden die Beamten hellhörig. Und als wäre das der Startschuss gewesen, häufen sich die Beschwerden über die Yana GmbH.

Das liegt laut Angaben der Berliner Polizei an der Intensität, wie oft die Firma Autos abgeschleppt hat. So sollen in den Nächten zwischen dem 1. und 8. Juni insgesamt 58 Autos ohne Auftrag umgesetzt worden sein. Dazu noch in einem kleinen Umkreis, nur in Spandau. Und jedes Mal forderte das Unternehmen 476 Euro, um Auskunft über den Standort des Autos zu geben.

Gier wurde zu groß

Infolgedessen wurde die Polizei dann auch unbewusst zur Helferin: Die „Auskunfts- und Fahndungsstelle“ prüft nämlich nicht, ob ein Auto zurecht abgeschleppt wurde. Diese Lücke hätten die Betrüger ausgenutzt.

Doch damit ist jetzt Schluss. Eine 36-jährige Frau, sie gilt als der Kopf der Yana GmbH, und fünf Männer konnten am 8. Juni auf frischer Tat ertappt und festgenommen werden. Die Gier wurde wohl zu groß. Denn: Sie schleppten nicht nur viele Autos ab, sondern auch solche, die nicht einmal im Park- oder Halteverbot standen. (nul)