Prozess in Nürnberg: Wurde seine schwangere Freundin Alexandra R. ermordet?Nur ein Ultraschall-Foto bleibt mir noch! Bastian R. trauert um ungeborenes Kind

Alexandra R. wird seit Dezember 2022 vermisst.
Alexandra R. wird seit Dezember 2022 vermisst.
Polizei Mittelfranken, Polizei Mittelfranken, Polizei Mittelfranken
von Sandra Blösch und Michaela Johannsen

„Das ist das letzte, was mir von meinen Kind geblieben ist!“
Den 9. Dezember 2022 nennt Bastian R. den „schlimmsten Tag seines Lebens“. Es ist der Tag, an dem er seine im achten Monat schwangere Lebensgefährtin Alexandra R. das letzte Mal sieht. Bis heute fehlt von ihr jede Spur. Vor Gericht sagt der 39-Jährige als Zeuge aus. Er trägt ein T-Shirt, das mit dem Ultraschall-Foto seines ungeborenen Kindes bedruckt ist. Angeklagt sind der ehemalige Lebensgefährte seiner Freundin, Dejan B. (50) und dessen Geschäftspartner Ugur T. (48). Sie sollen die Frau aus Habgier ermordet haben.

Lebensgefährte trauert um Alexandra R. aus Nürnberg: „Hat sich so auf das Kind gefreut!"

09.04.2024, Bayern, Nürnberg: Ein wegen Mordes angeklagter Mann (M) unterhält sich zu Prozessbeginn im Sitzungssaal im Landgericht Nürnberg-Fürth mit seinem Anwalt. Im Dezember 2022 verschwindet eine hochschwangere Frau aus Nürnberg spurlos. Obwohl ihre Leiche bis heute nicht gefunden wurde, gehen Ermittler davon aus, dass die 39-Jährige von ihrem früheren Lebensgefährten und dessen Geschäftspartner verschleppt und getötet wurde. Die Anklage gegen die beiden 50 und 48 Jahre alten Beschuldigten lautet auf Mord und Geiselnahme. Foto: Daniel Karmann/dpa +++ dpa-Bildfunk +++
Dejan B. (50), der ehemalige Lebensgefährte von Alexandra R., steht in Verdacht, die Schwangere gemeinsam mit seinem Geschäftspartner ermordet zu haben.
dka, dpa, Daniel Karmann

Bastian R. hat 20 Kilogramm abgenommen „seit Beginn dieser Sache“, sagt er vor Gericht. Der Mathelehrer kann nicht mehr arbeiten seit seine Freundin verschwunden ist. Er sei in Therapie und leide unter Panikattacken. Er ist einer von rund 100 Zeugen, die im Laufe des Prozess vor dem Landgericht Nürnberg-Fürth aussagen sollen. Es ist ein reiner Indizienprozess, denn die Leiche von Alexandra R. wurde nie gefunden.

Lese-Tipp: Prozessbeginn im Fall der verschwundenen Alexandra R. (39): Ermittler sicher: Ihr Ex und sein Geschäftspartner haben Hochschwangere getötet

Bis heute, so erzählt es der 39-Jährige dem vorsitzenden Richter, kümmere er sich um das Pflegekind von Alexandra R. Das sei das letzte, was er für sie noch tun könne. Fast jede Nacht würde es immer noch aufwachen und „nach der Mama rufen“, sagt er. Der Gang zum Gericht sei ihm sehr schwer gefallen. Alexandra „war glücklich, sie war wahnsinnig glücklich. Sie hat sich auf das Kind gefreut“, beschreibt er die Tage und Wochen vor ihrem Verschwinden. Ihm sei sofort klar gewesen, dass etwas passiert sein müsse, dass seine Freundin niemals freiwillig gegangen wäre. Niemals hätte sie ihr Pflegekind alleine gelassen. Es war „ihr Heiligtum“, sagt er.

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Schwangere Alexandra R. vermisst: Zwei Männer wegen Mordes angeklagt

Dabei sollte alles so aussehen, als wäre die Frau im Ausland untergetaucht. Die Mordanklage liest sich wie aus einem Krimi: Die beiden Männer Dejan B. (50) und Ugur T. (48) sollen sich für die Tat Prepaid-Handys und Autos ohne Navigationsgeräte besorgt haben, um keine digitalen Spuren zu hinterlassen. Nach dem Mord sollen sie die Leiche verschwinden lassen und eine falsche Spur gelegt haben. Von Alexandra R.s Handy sollen sie mysteriöse Nachrichten an Bekannte verschickt haben. Unter anderem auch an ihren damaligen Lebensgefährten Bastian R.

Er habe sofort gewusst, dass diese Nachricht niemals von seiner Freundin stamme, sagt er jetzt vor Gericht. Nicht nur, weil sie glücklich gewesen sei und nicht abgehauen wäre. Ungewöhnlich sei vor allem „das perfekte Deutsch gewesen“, erinnert er sich. „Sie war Rumänin, sie hat Artikel weggelassen“, so der Lehrer. Ob ihm damals schon der Verdacht gekommen sei, dass Dejan B. etwas mit ihrem Verschwinden zu tun haben könnte, daran könne er sich nicht erinnern. Ihm sei nur klar gewesen, dass er sofort reagieren müsse. „Es gilt keine Zeit zu verlieren“, sagt er.

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„Jeder Stein umgedreht" - Mordprozess um verschwundene Schwangere

Seit dem 9. April müssen sich der 50-Jährige aus Bosnien-Herzegowina und der 48-jährige Deutsche wegen Mordes, Geiselnahme, Betrugs und anderer Straftaten vor dem Landgericht in Nürnberg verantworten. Die Angeklagten schweigen zu den Vorwürfen. Ob trotz umfangreicher Beweisaufnahme alle Fragen zum Tod der 39-Jährigen beantwortet werden können, das bezweifelt Nebenklage-Anwalt Harald Straßner, der die Eltern und den Bruder des Opfers vertritt. Er sei aber zuversichtlich, dass es für eine Verurteilung der beiden Angeklagten ausreiche. „Es ist eigentlich jeder Stein umgedreht worden, den man braucht für ein solches Ermittlungsergebnis“, so Straßner.

Bastian R. erzählt zum Ende seiner Zeugenaussage, dass er kurz vor Alexandras Verschwinden ein Haus für seine Freundin gekauft habe. Er habe sich sehr auf eine gemeinsame Zukunft gefreut. Jetzt sei das Ultraschall-Foto seine letzte Erinnerung. „Das ist das letzte, was mir von meinen Kind geblieben ist.“

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