RTL-Reporter least eine Sau
Mein Schwein Elisa - und wie ich es am Ende doch schlachten lassen konnte
Ein Jahr lang habe ich das Leben eines Schweins finanziert – jetzt habe ich es schlachten lassen und das Fleisch bekommen. Schweineleasing nennt sich das. Wie das so war und wie ich ein Schnitzel essen kann, dem ich mal einen Namen gegeben habe, lest Ihr hier.
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„Wie bitte? Du hast ein Schwein? Und das wohnt bei dir auf dem Balkon, oder was?“
Elisa war ein Jahr lang das beste Small-Talk-Thema, das ich jemals hatte. „Wie bitte? Du hast ein Schwein? Und das wohnt bei dir auf dem Balkon, oder was?“ Nein. Natürlich nicht. Elisa lebt auf einer Weide in Mecklenburg-Vorpommern, viel Wiese, viel Matsch, artgerechtes Futter und kleine Schweinehäuschen zum Unterstellen. Ein Schweineparadies, ich zahle dafür.
Und so funktioniert Schweine-Leasing: Ich habe im Oktober 2022 einmalig 120 Euro an den Bauern bezahlt und nach dem Abstillen von der Muttersau dann monatlich 90 Euro. Nach zwölf bis 15 Monaten bekomme ich bestes Schweinefleisch und das Tier zuvor das beste Leben, das ein Schwein eben führen kann. Ich darf sie besuchen, wann immer ich will und mich davon überzeugen, dass es ihr tatsächlich gut geht.
„Wie kannst du nur ein Wesen umbringen, dem du einen Namen gegeben hast?“

Und es ging ihr richtig gut. „Wir sind hier tiefenentspannt“, sagt mir Bauer Michael Reichelt immer und das soll sich auf die Tiere übertragen. Ich habe Elisa noch in einer kleinen Bucht im Stall kennengelernt, wo sie neben ihrer Mutter lag. Ich habe sie Elisa genannt – nach einer Freundin, die zufällig an diesem Tag Geburtstag hatte: Elisa, das Leasing-Schwein. Fand die Freundin erst super, später dann nicht mehr so sehr. Vom Stall ging es auf die Eingewöhnungswiese und dann auf die große Weide, zu den anderen Schweinen.
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Alle, mit denen ich über mein Tier spreche, stellen mir diese Frage: „Du kannst die doch nicht umbringen?“ Fleischesser fragen das genauso wie Veganer und Vegetarier. „Wie kannst du nur ein Wesen umbringen, dem du einen Namen gegeben hast? Und es dann auch noch essen!“ Ich bin Fleischesser. Ich achte darauf, dass es gutes Fleisch ist und ich gebe dafür dann auch gutes Geld aus. Sonst esse ich keines. Die Bilder von enger Stallhaltung stoßen mich ab. Aber: totes Tier essen finde ich okay. Deswegen ist es für mich auch in Ordnung, ein Tier zu essen, über das ich wie bei keinem anderen weiß, dass es ein gutes Leben hatte.
„Schweine-Elisa muss nur sterben, wenn du sagst, dass sie sterben muss“
Meine Menschen-Freundin Elisa sagt: „Mag schon sein, aber bei diesem Tier liegt es in deiner Hand, es einfach auf einen Gnadenhof zu bringen. Da kann es leben. Schweine-Elisa muss nur sterben, wenn du sagst, dass sie sterben muss.“ Sie hat da recht. Es klingt so banal, aber wenn ich es sage, endet dieses Leben. Und das müsste es nicht.
Für Bauernfamilie Reichelt ist Elisa ein Nutztier. Sie hat das beste Leben verdient. Um das man sich kümmert, Tag und Nacht. Und das dann irgendwann zu Fleisch wird. Schlachten, ja oder nein? Diese Frage stellt sich gar nicht. Ihnen kommt ein aktueller Trend entgegen. Kurz nach der Wende, 1991 haben die Deutschen noch 63,9 Kilogramm Fleisch pro Kopf im Jahr gegessen. Heute sind es noch 52 Kilo. Weniger Fleisch, dafür was Gutes.
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1.800 Euro für ein gutes Gewissen beim Fleischessen?
Ich finde, wer Fleisch isst, muss auch damit leben können, dass dafür ein Tier stirbt und das nicht einfach beiseite wischen, als stünden in der Uckermark vor Berlin irgendwelche Schnitzelbäume und einmal im Jahr stehe die Ernte an.
Am Ende habe ich Elisa schlachten lassen. Eisbein, Koteletts, Spareribs und so weiter liegen jetzt in einer eigens angeschafften Kühltruhe. Bratwürste, Wiener, Schinken, Kassler und Co kommen noch. Das wird alles auf dem Hof vom eigenen Metzger zubereitet und wird sicherlich sehr gut sein.
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Ich habe keine endgültige Haltung nach einem Jahr mit meinem Schwein: Aber final zu sagen: Elisa stirbt jetzt, damit ich Fleisch habe: Das fühlte sich eigentümlich an. Auch wenn ein Schwein kein Tier zum Kuscheln ist, es war doch meines, ich habe oft über sie gesprochen. Es gab da eine Verbindung. 1.800 Euro habe ich gemeinsam mit zwei Freunden in ihr Leben investiert, das Fleisch teilen wir uns.
Aus Schweine-Elisa werden 180 Kilo Fleisch
Niemand kann 180 Kilo Fleisch allein essen. Und niemand WILL das. Etwa 10 Euro pro Kilo also. Das ist viel, aber bei Fleisch dieser Qualität zahlt man an Frischetheken oft sogar mehr. Natürlich ist es trotzdem ein ganz schöner Batzen Geld!
Ich weiß, dass sich davon nun einige auf den Schlips getreten fühlen: Aber am Ende ist das Geld, das wir ausgeben, natürlich auch ein Stück Absolution für uns selbst. Man erkauft sich das gefühlte Recht, ein Lebewesen ohne Gewissensbisse umzubringen. Alles gut, hat ja auch eine Stange Geld gekostet und sie hatte ein tolles Leben. Es endete auf meinem Teller, am Sonntag gab es Krustenbraten.
Der Braten ist mir etwas zu trocken geraten. Über ein misslungenes Gericht habe ich mich selten so geärgert.
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