Berufungsverfahren in ChemnitzPlötzliches Geständnis: Mildere Strafe für pädophilen Sexualstraftäter

Trotz einer Vorstrafe wegen Kindesmissbrauchs konnte ein Mann wieder als Erzieher arbeiten.
Kindergärten, Krippen, Grundschulen sollen sichere Orte für kleine Kinder sein. Verurteilte Sexualstraftäter haben dort als Erzieher nichts zu suchen. Doch David E. machte sich eine Lücke im Gesetz zunutze: Trotz einer Vorstrafe konnte er wieder mit kleinen Kindern arbeiten. Und er missbrauchte Kinder aus seinem Umfeld. Dafür stand er nun in Chemnitz erneut vor Gericht.

Opfer-Vater: „Ich hoffe, dass er wirklich Einsicht zeigt"

Er war wegen des sexuellen Missbrauchs von Kindern zu drei Jahren und drei Monaten verurteilt worden. Diese Taten hatte E. abgestritten. Anschließend ging er in Berufung, will eine mildernde Strafe erwirken - indem er jetzt plötzlich gesteht. Wegen dieses späten Geständnisses wurde seine Strafe jetzt auf zwei Jahre und zehn Monate reduziert.

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Beim Prozess ist auch Kai Fröhner dabei, Vater eines Opfers von David E. – er sagt: „Ich hoffe, dass er wirklich Einsicht zeigt und einfach nicht so weitermacht. Das ist mir wichtig." Denn David E. hatte über Jahre hinweg die Möglichkeit, sich trotz Vorstrafe an Kindern und Jugendlichen zu vergehen. E. arbeitete als Erzieher in einer Kita und beaufsichtigte Grundschüler in einem Hort - weil er die Lücken des Justizsystems ausnutzte.

Eintrag im Führungszeugnis fehlte

Bereits 2017 war der gelernte KFZ-Mechaniker erstmals wegen sexuellen Missbrauchs von Kindern verurteilt worden. E. bekam sechs Monate auf Bewährung und ein Beschäftigungsverbot mit Kindern und Jugendlichen. Zwei Monate später begann er an einer Grundschule zu arbeiten. Einen Eintrag im Führungszeugnis gab es damals offenbar noch nicht.

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Warum das so war, erklärt Arndt Kempgens, Fachanwalt für Strafrecht: „So eine Eintragung wird ja erst vorgenommen, wenn die Sache rechtskräftig ist. So lange wird das auch nicht eingetragen.“

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Trotz Verurteilung stellte Stadt Chemnitz den Pädophilen als Kita-Erzieher ein

2021 wurde David E. trotz Vorstrafe sogar von der Stadt Chemnitz als Erzieher in einer Kita angestellt. Damals half ihm die damalige Rechtslage, nach der Freiheitsstrafen bis maximal einem Jahr nur drei Jahre im Führungszeugnis gespeichert wurden, seine also bereits gelöscht war.

Inzwischen ist das anders. Hierzu erklärt Kempgens: „Die Löschung hängt von der Schwere der Straftat ab.“ Jetzt gelte eine Löschungsfrist von zehn Jahren. In zehn Jahren wäre David E. 48. Er könnte also theoretisch wieder versuchen, in einer Kita oder Schule anzuheuern. Wichtiger als Führungszeugnisse seien deswegen Schutzkonzepte, so Experten.

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Daniel Grein, Sprecher des Deutschen Kinderschutzbundes, erklärt: „In der Praxis dürfen wir uns nicht auf so Instrumente wie ein Führungszeugnis verlassen. Schutzkonzept beinhaltet auch eine Kultur des Hinschauens.“ Das gelte auch im privaten Umfeld. Dort hatte auch David E. sich seine letzten Opfer gesucht. Demnächst muss er sich wegen des Missbrauchs an seinem Stiefsohn vor Gericht verantworten.