Nach Massen-Kündigung durch Stromio und GrünweltJetzt ermittelt die Staatsanwaltschaft

Henning Kaiser
Das Gebäude in dem sich auch die Räume Stromversorgers Stromio GmbH befinden.
deutsche presse agentur

Hunderttausende Kunden haben im Dezember 2021 die Kündigung ihres Gas- oder Stromanbieters erhalten. Viele der Betroffenen hatten ihre Verträge über Stromio, Gas.de oder Grünwelt laufen. Nach Auffassung von Verbraucherschützern sind die Kündigungen alle unzulässig. Jetzt hat offenbar auch die Staatsanwaltschaft Düsseldorf Ermittlungen aufgenommen.

1200 Euro Abschlag im Monat nach Stromio-Kündigung

Auch Ute Wirtz hat es erwischt. Sie hat nach Weihnachten die Kündigung ihres Stromanbieters Stromio erhalten – obwohl der Vertrag noch eine restliche Laufzeit hatte. Stromio könne nicht mehr liefern, behauptet das Unternehmen zumindest. Statt weiter günstigen Strom von Stromio zu erhalten erhielt sie Post vom Grundversorger: 1200 Euro Abschlag soll sie jeden Monat zahlen.

Laut Stromio habe "sich der Strompreis für Lieferungen in der kommenden Winterzeit auf den Beschaffungsmärkten in der Spitze um mehr als 400% erhöht." Rechtsanwälte und Verbraucherschützer kritisieren das Vorgehen. "Was hier passiert, ist absolut illegal", erklärt die Rechtsanwältin Leonora Holling. Wenn die Anbieter auf dem Strommarkt zu höheren Preisen einkaufen müssen, könne dies nicht zu Lasten der Kundinnen und Kunden gehen.

Wie der „Spiegel“ berichtet, ist jetzt offenbar die Staatsanwaltschaft Düsseldorf aktiv geworden: Im Zusammenhang mit den Kündigungen von Strom- und Gaskunden seien Vorermittlungen eingeleitet worden. Nach einer Strafanzeige werde der Anfangsverdacht geprüft, heißt es weiter. Zu einem möglichen Tatvorwurf habe die Staatsanwaltschaft keine Angabe gemacht. Also alles nur Routine?

Haben Stromio, Gas.de und Grünwelt Gas und Strom zu Höchstpreisen im Großhandel verkauft?

Nach „Spiegel“-Informationen geht offenbar die Bundesnetzagentur dem Verdacht nach, dass die Unternehmen in den vergangenen Wochen ihr Gas und ihren Strom im Großhandel zu Höchstpreisen verkauft und anschließend den Endkunden mit ihren viel günstigeren Verträgen gekündigt habe. Alle drei Anbieter haben ihren Sitz unter der gleichen Anschrift in Kaarst.

Das Nachsehen haben hunderttausende Kunden, die einfach aus ihren gültigen Stromverträgen geworfen wurden. Denn die müssen wie Ute Wirtz in der Regel erstmal in die teure Grundversorgung des regionalen Stromanbieters wechseln – und viele Grundversorger langen ordentlich zu und verlangen teilweise das Dreifache des bisherigen Preises. Aus diesem Grund hat bereits die Verbraucherzentrale NRW drei Stadtwerke abgemahnt und zieht jetzt sogar vor Gericht.

Auch die Politik will jetzt nachbessern. Die Regierung will einen besseren Schutz für Stromkunden und das Energiewirtschaftsgesetz überarbeiten. Die Aufkündigung von Gas- oder Stromlieferungen soll künftig mehrere Monate vorher angekündigt werden müssen, damit Verbraucher sich in Ruhe einen neuen Versorger suchen können. Außerdem soll es künftig einheitliche Tarife in der Grundversorgung geben, damit Neukunden nicht das Doppelte oder Dreifache gegenüber Bestandskunden zahlen müssen.

Für Betroffene wie Ute Wirtz kommt das alles zu spät. Sie hat jetzt zwar einen neuen Stromanbieter und muss keine 1200 Euro im Monat Abschlag zahlen. Ordentlich draufzahlen muss sie aber trotzdem. (aze)