Luttach: Betrunkener raste Janine (†22) und ihre Freunde tot
Krebskranke Mutter wahnsinnig wütend: Meine Tochter soll selbst an ihrem Tod schuld sein

Ihre Tochter Janine wurde nur 22 Jahre alt. Totgerast vom betrunkenen Autofahrer Stefan L. (27) im Südtiroler Skiort Luttach – sechs weitere junge Menschen starben bei dem Horrorunfall im Januar. Martina Nierhoff (56) gibt nicht auf, kämpft mit aller Kraft gegen die Trauer und den eigenen Brustkrebs, startet sogar eine Kampagne gegen Alkohol am Steuer. Doch jetzt das: Laut einem Gutachten sollen die Touristen eine Mitschuld an ihrem Tod haben. Weil sie einen beleuchteten Zebrastreifen nicht benutzten und die Straße im Dunkeln überquerten. Ein Vorwurf, der Martina Nierhoff "wahnsinnig wütend" macht.
Janines (†22) Mutter: "Er war extrem betrunken – darum geht's"
"Völliger Mumpitz" ist das neue Gutachten für die kaufmännische Angestellte. Es sei ohnehin nur eines von bisher fünf, die zu der Tragödie in Südtirol erstellt worden seien, erklärt sie gegenüber RTL.
"Um was geht es hier?", fragt Martina Nierhoff. Und in ihrer Mimik und ihrer Stimme blitzt sofort jener Kampfgeist auf, der sie die letzten Monate überhaupt überstehen ließ. "Dass die Kinder sich nicht unter eine Laterne gestellt und den Zebrastreifen um drei Meter verpasst haben?"
Zwar wisse sie, dass die Verteidiger auch ihren Job machen müssten. Aber letztlich sei der Unfall passiert, weil Stefan L. alkoholisiert Auto gefahren sei. "Er war extrem betrunken und ist dann ungebremst in diese Gruppe rein. Und darum geht's", sagt die 56-Jährige.
Krebs wurde schlagartig zur Nebensache
Als sie vom Tod ihrer Tochter Janine erfuhr, kämpfte Martina Nierhoff gerade gegen eine aggressive Form von Brustkrebs. Die Diagnose hatte sie erst kurz zuvor bekommen. Doch der Krebs sei schlagartig zur Nebensache geworden. "Der Tod meiner Tochter hat mir die Angst vor meinem eigenen Tod genommen", erklärt Nierhoff.
Dennoch setzte ihr die Krebstherapie körperlich und seelisch zu. Sie habe lange am Grab ihrer Tochter gesessen und sich entscheiden müssen: "Machst du jetzt weiter oder nicht?" Dann habe sie Janine sagen hören: "Mama, es ist keine Option, aufzugeben, du machst jetzt weiter." Das sei ihr Antrieb gewesen, sich ins Leben zurückzukämpfen.
Martina Nierhoff startet Kampagne "Don't Drink & Drive - Go Pink for Life"
Die von ihr ins Leben gerufene Kampagne "Don't Drink & Drive - Go Pink for Life" hilft Martina Nierhoff nicht nur bei der Trauerbewältigung: Sie will andere Menschen für das Thema Alkohol am Steuer sensibilisieren und Unfälle wie den ihrer Tochter in Zukunft zu verhindern.
Janine habe Flamingos und die Farbe Pink geliebt – überhaupt alles, was glitzerte. Daher der Titel der Kampagne, die ihre Tochter bestimmt unterstützt hätte. "Janine hätte es so auch gewollt", ist sich die 56-Jährige sicher. "Sie lebt damit für mich auch weiter."
Aber es gehe auch um die die anderen Opfer von Luttach, die eine Stimme bräuchten – und alle anderen Unfallopfer. "Denn es sterben ja noch weit mehr Menschen jährlich auf unseren Straßen durch Alkohol am Steuer."
Sieben Tote bei Raserunfall von Luttach
Fast zwei Promille hatte Stefan L. im Blut, als er am 5. Januar 2020 in die Reisegruppe raste, sieben Menschen tötete und zehn verletzte. Vor dem Unfall hatte er sich in der rund vier Kilometer entfernten Après-Ski-Bar "Paulas Schirmpub" betrunken. Gegen 1 Uhr nachts brach er zum Club "Hexenkessel" auf, wollte dort offenbar weitertrinken. Er soll mit fast 100 km/h unterwegs gewesen sein, als er durch Luttach raste.