Experte klärt auf, was Sie im Notfall tun können

Kinderärztemangel spitzt sich zu: Warum will keiner mehr den Kindern helfen?

von Vera Dünnwald

Versorgungslage? Mangelhaft! In Deutschland herrscht heftiger Kinderärztemangel. Einen festen Kinderarzt zu haben, den man aufsuchen kann, sobald das eigene Kind plötzlich fiebert oder eine wichtige Untersuchung ansteht, ist vor allem in ländlichen Regionen kaum noch Gang und Gäbe. Hinzu kommt: Egal ob in Kliniken oder in Praxen, auf dem Land oder in der Stadt – die Praxen und Ärzte, die es noch gibt, sind überlastet. Doch was können Eltern tun? Muss im Notfall wirklich der Allgemeinmediziner einspringen? Wir haben mit dem Berliner Kinderarzt Jakob Maske, Bundespressesprecher des Berufsverbands der Kinder- und Jugendärzte e.V., gesprochen.
Auch Annett Fischer-Stephan hat keinen festen Kinderarzt für ihren Sohn. Warum sie regelmäßig an ihre Grenzen stößt, sehen Sie im Video.

Experte ist sich sicher: "Die Versorgung wird schlechter werden"

Eigentlich, so Experten, sollte JEDER einen Kinderarzt im Radius von höchstens 30 Kilometern haben. In vielen Regionen ist das jedoch unrealistisch, sagen sie. Nicht nur in Praxen, sondern auch in Kliniken gibt es Engpässe, wie Songül Yürek, die als Ärztin in der Kinderklinik der Charité arbeitet, RTL gegenüber erzählt. Man komme mit den kleinen Patienten kaum hinterher, stundenlang müssten sie und ihre Eltern teils warten. „Das ist eine Situation, die vor allem in der Kinderheilkunde nicht angenehm ist, weil man eigentlich hier mit viele Geduld und Empathie und Zeit da herangehen muss“, erklärt sie. Das Ergebnis: die Qualität der Behandlung leidet, die Arbeitsbedingungen der Ärzte auch.

Doch woran liegt es eigentlich, dass wir zu wenig Kinderärzte in Deutschland haben? Steffen Büchner vom Verband der Kinder- und Jugendärzte sagt: „Das liegt nicht zuletzt daran, dass jahrelang zu wenig ausgebildet wurde. Und zu wenige Fachärzte in die Spezialisierungs-Weiterbildung gegangen sind. Und in der Niederlassung merken wir es daran, dass wir es schwer haben, Praxisnachfolger zu finden.“ Man habe verpasst, eine neue Generation von Kinderärzten auszubilden, so der Vorwurf an die Politik.

Dem stimmt auch der Berliner Kinderarzt Jakob Maske zu. Im RTL-Interview erklärt er: „Es wird zum Tagesgeschäft werden, dass Kinderärzte keine neuen Patienten mehr aufnehmen können. Dass die Versorgung schlechter werden wird, daran werden wir uns wohl oder übel gewöhnen müssen. Vor allem ambulante Praxen, die über 90 Prozent der Patienten versorgen, werden schließen müssen, weil sie keinerlei Unterstützung erhalten.

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DAS können Eltern tun

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In Deutschland gibt es zu wenige Kinderärzte.
Getty Images/iStockphoto, nyul

Doch was tun, wenn vor allem jetzt im Herbst und Winter die Infekt-Saison wieder startet? Die Ärzte rechnen mit einem enormen Ansturm, weswegen sie die Zustände anprangern und sich in einem Brandbrief an Gesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) gewandt haben.

Jakob Maske, der ebenfalls als Bundespressesprecher des Berufsverbands der Kinder- und Jugendärzte e.V. tätig ist, sagt, dass man durchaus in Kauf nehmen müsse, eine gewisse Strecke zum Kinderarzt fahren zu müssen. Man könne zwar auch einen Allgemeinmediziner in der Nähe aufsuchen, „aber das ist eigentlich nicht in unserem Sinne. Kinder sind keine kleinen Erwachsenen.“ Die Kindermedizin sei ein Fachgebiet mit eigenen Erkrankungen, eigenen Medikamenten und eigenen Dosierungen.

Lese-Tipp: Eltern verzweifelt: Stundenlange Fahrt zum Kinderarzt

Problematisch wird es allerdings, wenn das Kind wirklich krank ist und man auf dem Land wohnt. Maske gibt jedoch Entwarnung; „Keine Praxis würde je ein krankes Kind ablehnen, es wird immer behandelt. Und zwar so schnell wie möglich. Die akute Versorgung von Kindern und Jugendlichen bleibt hoffentlich noch eine Weile gesichert. Aber so etwas wie Präventivmedizin, also Impfungen, Untersuchungen und Co. – das wird massiv gestört werden, wenn die Politik weiter in die Richtung stößt und die ambulante Medizin nicht wahrnimmt.“

Die Devise lautet: Bleiben Sie hartnäckig!

Wer wirklich langfristig bei nur einem bestimmten Kinderarzt bleiben möchte, der das Kind nicht nur im Notfall behandelt, sondern auch die Vorsorge durchführt, der solle hartnäckig bleiben oder sich durch die zuständige Kassenärztliche Vereinigung vermitteln lassen, so Maske. Darüber hinaus können all diejenigen, die ohne Arzt dastehen, die 116 117 anrufen. Der ärztliche Bereitschaftsdienst steht ebenfalls bereit, um Termine zu vermitteln. (tha)