Stadt bietet 50.000€ Zuschuss für Bewerber
Eltern verzweifelt: Stundenlange Fahrt zum Kinderarzt
Familien in Wilhelmshaven sind besorgt: Wer derzeit einen Termin beim Kinderarzt braucht, braucht vor allem starke Nerven und eine ganze Menge Geduld. Es fehlt nämlich schlichtweg ein Arzt oder eine Ärztin.
Wie zwei verzweifelte Eltern die Situation erleben, sehen Sie im Video.
Standard-Untersuchungen werden zur Tortur
Zweifach-Mama Eleni Tofoglou sitzt zum wiederholten Male verzweifelt vor dem Telefon und wartet. Jeden Monatsanfang ruft sie bei Praxen und Ärzten in Wilhelmshaven an, um zu erfragen, ob neue Patienten aufgenommen werden. Seit der Kinderarzt vor ein paar Monaten die Stadt verlassen hat, stehen ihre beiden Kinder ohne verlässliche ärztliche Betreuung da. In ihrem Freundeskreis ist das Problem bekannt, erzählt sie uns im Interview: „Meine beste Freundin hat zwei Kinder, bei ihr ist es genau das gleiche, die hat auch keinen Kinderarzt mehr. Meine Arbeitskollegin auch – also es ist immer Gesprächsthema.“ Fast wöchentlich versucht sie deshalb die hausärztliche Hotline zu erreichen, die Facharzttermine im Umkreis vermittelt. „Das dauert schon immer. Das längste war 40 Minuten.“, sagt sie über die Zeit, die sie in der Warteschleife am Telefon verbringt.
50.000€ Zuschuss für Bewerber
Weil das Problem immer dringender wird, versucht die Stadt Wilhelmshaven Bewerber mit Geld zu locken. 50.000€ Gründungszuschuss soll es für die Person geben, die sich in der Stadt als Kinderarzt niederlässt. Für Oberbürgermeister Carsten Feist ist das ein notwendiger Schritt: „Man muss es so sehen: Das ist für uns jetzt viel Geld, aber am Ende ist es für uns viel teurer eine schlechte Gesundheitsvorsorge zu haben.“, erzählt er im Interview mit RTL. Bewerbungen auf die freie Stelle gäbe es aber weiterhin keine.
Problemursache liegt 30 Jahre zurück
Nicht nur Wilhelmshaven ist auf der Suche nach einem Mediziner. Vor allem ländliche Strukturen haben öfter Probleme, die Versorgung zu gewährleisten. Die Ursache dafür sieht Seinab Eggloffstein von der Kassenärztlichen Vereinigung Niedersachsen auch in einer Entscheidung von vor 30 Jahren. „Man hat in den 90ern die Anzahl der Medizinstudienplätze reduziert, weil man eine Medizinerschwemme befürchtet hat – dass es zu viele Ärzte gibt. Das ist nicht eingetreten. Man justiert jetzt zwar nach, aber es dauert ja immer zwölf Jahre bis Ärzte fertig sind mit dem Studium und ihren Facharzt haben, was Voraussetzung für einen Kassensitz ist“, erzählt sie im RTL-Interview.
Familienvater bemüht sich um eine Lösung
Robert Wegener ist ebenfalls von dem Mangel an Kinderärzten in Wilhelmshaven betroffen. Deshalb hat er sich einen Lösungsvorschlag überlegt: „Ich habe 10 Jahre in der Türkei gelebt und ich weiß, dass die Türkei ein relativ gutes Gesundheitssystem hat und sehr viele Ärzte, die dort unzufrieden sind, die nach Deutschland kommen möchten, aus persönlichen Gründen, aus beruflichen Gründen oder eben aus politischen Gründen.“, erzählt er im RTL-Interview. Er selbst will über seine Kontakte vernetzen, hat bereits eine Social Media Gruppe für Medizinisches Personal gegründet und erste Kontakte mit speziellen Vermittlungsfirmen gesucht. Auch mit Oberbürgermeister Carsten Feist hat er über seine Pläne gesprochen.