RTL-Reporterin Kavita Sharma berichtet dem Dorf Jampil, in dem noch immer die Angst umgeht"Der Duft von Verwesung liegt in der Luft"

Die russischen Besatzer wurden vor wenigen Wochen vertrieben. Das kleine Dorf Jampil ist wieder in den Händen der Ukraine. Viele Bewohner haben die Befreiung ihres Dorfes allerdings gar nicht mehr miterlebt. Sie sind im Gefechtshagel getötet worden, ganze Straßenzüge gleichen nun einem Trümmerhaufen. RTL-Reporterin Kavita Sharma berichtet aus einem Dorf, in dem noch immer die Angst umgeht, die Bewohner berichten ihr von grausamen Details. Die ganze Reportage sehen Sie im Video.
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Angst und Verunsicherung noch immer präsent

Überall liegen Trümmerteile herum. Berge aus Schutt und Steinen sind dort, wo vor wenigen Monaten noch Wohnhäuser standen. Einst lebten etwa 2.100 Einwohner im kleinen Dorf Jampil, knapp 140 Kilometer nördlich von Donezk entfernt. Wie viele es momentan sind, ist nicht bekannt. Klar ist nur, viele davon sind nun obdachlos oder gar nicht mehr am Leben.

Mehrere Monate lang war das Dorf in den Händen der russischen Besatzung. Die Frontlinie verlief unweit von Jampil. Vor wenigen Wochen hat das ukrainische Militär den Ort zurückerobert. Die russischen Soldaten sind abgezogen, Angst und Verunsicherung sind in Jampil aber noch immer präsent.

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Oleksiy hat sich über mehrere Wochen mit seiner Frau im Keller verschanzt

Olekseiy hat die Gefechte überlebt. Anders als viele Bewohner Jampils.
Olekseiy ist in Jampil geboren und aufgewachsen. Viele seiner Nachbarn sind durch die Gefechte getötet worden.
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Seit Ende September ist das Dorf Jampil durch das ukrainische Militär befreit worden. Es liegt in einem der am schwersten umkämpften Gebiete. Knapp 140 Kilometer südlich besetzen prorussische Separatisten seit mehreren Jahren das Gebiet um die Großstadt Donezk. Von dort aus drang das russische Militär bis in die Region rund um das Dorf Jampil. Die Gefechte wurden schwerer, die Lage unübersichtlicher. Das berichtet Dorfbewohner Oleksiy.

„Schwer zu sagen, wer schoss. Die Russen oder die Ukrainer“, erzählt er und deutet auf die zerstörten Wohngebäude von Jampil. Er hatte sich über mehrere Wochen mit seiner Frau Valentyna im Keller ihres Wohnhauses verbarrikadiert. Nun verschafft er sich ein Bild über das Ausmaß der Zerstörung.

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"Hier wurde mein Nachbar getötet, die Hunde begannen schon an ihm rumzunagen“

Soldat Sascha hofft auf weitere Rückgewinnungen von Russland annektierter Gebiete.
Der ukrainische Kommandeur Sascha möchte die russischen Streitkräfte weiter zurückdrängen. Aus dem Dorf Jampil konnte das Militär die Invasoren bereits vertreiben.
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Zerstörte Panzer und völlig zerbombte Häuser erinnern an die Kämpfe, die hier noch vor wenigen Wochen stattfanden. Auch jetzt sind noch immer vereinzelte Detonationen in der Nähe zu hören. „Das sind Grad-Raketen. Es sind unsere“, erklärt der ukrainische Kommandeur Sascha. Die Kampfzone hat sich seither verschoben, wenn auch nur um wenige Kilometer. Die Angst davor, die Besatzer könnten zurückkehren, scheint aber noch immer da zu sein. Wohl auch, weil noch immer ein starker Verwesungsgeruch in der Luft liegt. Denn viele Dorfbewohner sind während des Beschusses ums Leben gekommen.

Das wahre Ausmaß an Getöteten wird sich wohl erst noch bei den Aufräumarbeiten zeigen. Oleksiy erzählt, er und andere Dorfbewohner haben bereits Nachbarn begraben. Senja, ein weiterer Dorfbewohner, deutet auf eine Matratze, die inmitten eines Trümmerhaufens liegt. „Hier wurde mein Nachbar getötet“, erzählt er. „Die Hunde begannen schon an ihm rumzunagen.“ Senja hat einige Nachbarn während der Beschüsse auf Jampil verloren. Er zählt die Namen auf und deutet in alle Himmelsrichtungen.

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Solange der Krieg tobt, ist an Wiederaufbau nicht zu denken

Straßenzüge sind Trümmerlandschaften. Die gesamte Infrastruktur von Jampil ist zerstört. Einkaufsmöglichkeiten sind kaum noch vorhanden. Jampil ist kein Einzelfall. So wie hier, wird es wohl auch in anderen ukrainischen Dörfern aussehen. Schließlich plant das ukrainische Militär weitere Gebiete in der Region zurückzuerobern. Mit schwerem Gefecht muss auch dann gerechnet werden. Leid und Zerstörung sind in der Region allgegenwärtig.

Viele Bewohner sind aus Jampil geflohen, andere haben die Angriffe nicht überlebt. Wegen des bevorstehenden Winters werden einige Anwohner wohl auch nicht wieder zurückkehren. Oleksiy will, zusammen mit seiner Frau Valentyna, trotzdem hier bleiben. Beide wollen ihr altes Leben sukzessive wieder aufbauen. Allerdings werden die Spuren des Krieges noch lange bleiben. Sichtbar und unsichtbar. (rdr)

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