Deutscher bricht vor Gericht sein Schweigen

Mann erschlägt Ehefrau und Sohn in Höhle auf Teneriffa – seine Erklärung schockiert

Die Mutter (39) aus Halle (Sachsen-Anhalt) und ihr zehnjähriger Sohn hatten kaum eine Chance an jenem 23. April 2019 auf Teneriffa. Der damals 44 Jahre alte Täter erschlug sie laut Anklage in einer einsamen Höhle im Süden der Ferieninsel – mit seinen Fäusten und schweren Steinen. Erst die Mutter, dann den Sohn, der seiner "sich verzweifelt wehrenden" Mutter zur Hilfe kommen wollte. Niemand konnte die Schreie hören. Nur der kleinere Bruder habe die Gefahr blitzschnell erkannt und fliehen können. Zum Auftakt des Doppelmord-Prozesses vor dem Geschworenengericht in Santa Cruz de Tenerife brach der angeklagte Ehemann und Vater der beiden Opfer sein jahrelanges Schweigen und lieferte eine schockierende Erklärung für die Tat.

Angeklagter behauptet: Habe "Steine zurückgeworfen"

Teils unter Tränen beteuerte der Angeklagte am Dienstag, "in Todesangst" und in verwirrtem Zustand auf eine unbegründete gewalttätige Attacke seiner Frau reagiert und "Steine zurückgeworfen" zu haben. Die Aussagen sind zum Teil sehr schwer zu verkraften.

Der jüngere Sohn, der zum Zeitpunkt der Tat sieben Jahre alt war, überlebte. Auch weil der Vater darauf vertraut habe, dass der Kleine in der Wildnis sterben werde, wie es im Abschlussbericht der Ermittlungsrichterin heißt. Zum Glück lief er nicht zum Auto der Familie, sondern irrte stundenlang durch die Gegend, bis er zufällig einer Niederländerin über den Weg lief. Sie nahm sich des geschockten und weinenden Kindes an und alarmierte die Polizei.

Überlebender Junge belastet Vater schwer

HANDOUT - 24.04.2019, Spanien, Santa Cruz de Tenerife: Auf diesem von der spanischen Zeitung «El Dia» zur Verfügung gestellten Bild nimmt ein Offizier der Guardia Civil an einer großen Suchaktion einer Frau aus Deutschland und ihres zehn Jahre alten Sohnes teil. Beide als vermistt gemeldeten Deutschen wurden in der Höhle nahe der Gemeinde Adeje tot gefunden. (Bestmögliche Qualität.) Foto: Andres Gutierrez/El Día/dpa - ACHTUNG: Nur zur redaktionellen Verwendung im Zusammenhang mit der aktuellen Berichterstattung und nur mit vollständiger Nennung des vorstehenden Credits +++ dpa-Bildfunk +++
Die Polizei fand die Frau und ihren Sohn tot in einer Höhle auf Teneriffa.
flm, dpa, Andres Gutierrez

Der Junge belastete seinen damals 44-jährigen Vater schwer. Noch am Abend nahmen Beamte den Frührentner, der getrennt von seiner Frau auf Teneriffa lebte, in dessen Wohnung in Adeje gut zehn Kilometer vom Tatort entfernt fest. Wie die Richterin schrieb, hatte er sich nach der Tat "der blutbefleckten Kleidung entledigt, gewaschen, umgezogen und ins Bett gelegt".

Über das Schicksal des Vaters entscheidet ein Geschworenengericht, das in Spanien nur bei besonders schweren Verbrechen zusammen tritt. In hellem Hemd, dunklem Jackett und mit einer hellblauen Schutzmaske vor Mund und Nase verfolgte der Angeklagte den Prozessauftakt meist stehend. Eine Übersetzerin half ihm, den Ausführungen vor Gericht zu folgen. Auf Fragen des Richters antwortete er zunächst mit ruhiger und fester Stimme auf Deutsch. Ihm stehen ein spanischer und ein deutscher Strafverteidiger zur Seite.

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Deutscher wohnte jahrelang im Winter auf Teneriffa

Teneriffa, Frau und Kind aus Deutschland tot in Höhle aufgefunden Fire Brigade vehicles are seen during the searching operation of a German woman and her ten-year-old children who went missing the previous day after, in Adeje, Tenerife, Canary Islands, Spain, 24 April 2019. Spanish Civil Guard has found the bodies of the woman and the minor during an search operation that started after another five-year-old son was found wandering in the zone, after what the father and husband, also of German origins, was arrested at his residence. Civil Guard find the bodies of a German woman and her children in Adeje !ACHTUNG: NUR REDAKTIONELLE NUTZUNG! PUBLICATIONxINxGERxSUIxAUTxONLY Copyright: xCristóbalxGarcíax GRAFCAN2832 20190424-636917221374779401
Mit seinen Fäusten und schweren Steinen soll der Deutsche seine Frau und seinen Sohn erschlagen haben.
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Er sei seit 2017 jeweils während der Wintermonate wegen des angenehmeren Klimas auf Teneriffa gewesen. Gegen Schmerzen und Depressionen habe er Medikamente genommen, auch Morphium. "Bei einer Operation wurden Fehler gemacht" – daher sei er wegen einer schweren Behinderung zum Frührentner erklärt worden.

In der Ehe habe es nie Gewalt gegeben, auch im Trennungsjahr nicht, versicherte der Angeklagte. In der Höhle war aber alles ganz anders: Seine Frau habe sich am Kopf verletzt, stark geblutet und dann die Nerven verloren, weil er wegen fehlenden Handynetzes keine Hilfe habe herbeirufen können. "Sie hat rumgeschrien, ich würde sie verbluten lassen (...), und dann hat sie begonnen, um sich zu schlagen." Er sei umgefallen. "Ich lag am Boden, da war plötzlich alles ganz komisch, ich hatte ein Rauschen und Pfeifen im Ohr."

Mutter und Sohn tot in Höhle: Angeklagter laut Verteidigung "auch Opfer"

Plötzlich seien viele Steine auf ihn geworfen worden. "Ich war total in Panik, hatte so eine Todesangst, da habe ich die Steine gegriffen und sie zurückgeworfen." Dann sei er seinen jüngeren Sohn suchen gegangen. Bei der Rückkehr in der Höhle habe er die blutüberströmten Körper der Frau und des älteren Sohnes (10) in der Höhle entdeckt. Seine Frau habe noch gelebt, sei kurz aufgestanden und dann endgültig umgefallen.

Die Verteidigung argumentierte, der Angeklagte sei nicht im Vollbesitz seiner geistigen Kräfte gewesen. Die Frau habe sich scheiden lassen wollen. "Er ist ein sehr gequälter Mensch, der viel gelitten hat", sagte sein spanischer Anwalt Alberto Suárez Bruno der dpa kurz vor dem Prozess. "Es war ein Drama, aber er ist auch ein Opfer." Zugleich rief der Anwalt die Geschworenen auf, sich nicht von Emotionen, Oberflächlichkeiten oder Vorurteilen beeinflussen zu lassen.

Prozess auf Teneriffa: Deutschem drohen 25 Jahre Haft

Für den Prozess sind acht Verhandlungstage angesetzt. Am 3. Februar sollen die Geschworenen ihr Urteil gefunden haben. Sollten sie den Deutschen für schuldig halten, legt der Richter das Strafmaß fest. Auf Milde darf der Deutsche dann nicht hoffen – in Spanien wird der Kampf gegen häusliche Gewalt sehr ernst genommen. Ihm droht eine lebenslange Freiheitsstrafe, die erst nach 25 Jahren überprüfbar ist. (dpa/bst)