Reservebetrieb "technisch nicht machbar"
Rumms! AKW-Betreiber widerspricht Habecks Atomplan

Der Betreiber des Atomkraftwerks Isar 2 warnt Robert Habeck und sein Bundeswirtschaftsministerium davor, die Anlage ab dem Jahreswechsel in eine Reserve zu überführen. Der Vorschlag des Ministeriums, „zwei der drei laufenden Anlagen zum Jahreswechsel in die Kaltreserve zu schicken, um sie bei Bedarf hochzufahren, ist technisch nicht machbar und daher ungeeignet, um den Versorgungsbeitrag der Anlagen abzusichern“, schreibt der Preussenelektra-Chef Guido Knott in einem Brief, der RTL vorliegt. Das Schreiben sei vom Dienstag datiert und an den Staatssekretär im Wirtschaftsministerium, Patrick Graichen, gerichtet. Preussenelektra gehört zu Deutschlands größtem Energiekonzern Eon.
VIDEO: Wirtschaftsminister Habeck erklärt seinen Atom-Plan
Atomkraftwerk-Betreiber: "Nie praktizierte Anfahrprozedur"
In dem Schreiben widerspricht der Strommanager ausdrücklich den Plänen, die Wirtschaftsminister Robert Habeck am Montag vorgestellt hatte. Demnach sollen die drei verbliebenen deutschen Atomkraftwerke ihren Regelbetrieb wie im Atomausstiegsgesetz vereinbart zum Ende des Jahres einstellen. Isar 2 und Neckarwestheim 2 (EnBW) sollen aber in Reserve bleiben und spätestens Mitte April endgültig abgeschaltet werden.
Ein Wiederanfahren mit einem Kern im Streckbetrieb werde in dieser Form nicht praktiziert. Außerdem: „Wir haben keinerlei Erfahrungswerte damit. Das Austesten einer noch nie praktizierten Anfahrprozedur sollte nicht mit einem kritischen Zustand der Stromversorgung zusammenfallen. Wir sind für den sicheren Betrieb der Anlage verantwortlich – ein solches Vorgehen ist mit unserer Sicherheitskultur nicht vereinbar“, schreibt Guido Knott weiter an den Minister.
VIDEO: RTL-Umfrage zur Energiekrise - 61 Prozent glauben, dass Habeck keinen Plan hat
CDU-Chef Merz ruft Scholz und Habeck zu: "Stoppen Sie diesen Irrsinn"
Ein Eon-Sprecher wollte sich auf Anfrage nicht näher zu dem Bericht äußern. „Wir haben am Montagabend kommuniziert, dass Kernkraftwerke in ihrer technischen Auslegung keine Reservekraftwerke sind, die variabel an- und abschaltbar sind. Sie können davon ausgehen, dass wir hierzu im engen Austausch mit dem BMWK sind, um eine umsetzbare Lösung zu finden“, sagte er. Das BMWK ist das von Habeck geleitete Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz.
In der Generaldebatte im Bundestag sorgten Habecks Pläne bereits am Vormittag für hitzigen Streit. Bundeskanzler Olaf Scholz verteidigte Habecks Vorschlag, zwei der drei noch laufenden deutschen Atomkraftwerke bis zum nächsten Frühjahr in einer Notreserve zu halten, "damit es niemals einen Strommangel in Deutschland gibt". CDU-Chef Friedrich Merz forderte hingegen, alle drei Meiler drei bis vier Jahre weiterlaufen zu lassen. "Wir sind mitten drin in einem massiven Stromproblem in diesem Land", warnte er. "Stoppen Sie diesen Irrsinn", rief Merz dem Kanzler mit Blick auf Habecks Plan zu.
Habeck "verwundert" über Brief von AKW-Betreiber
Und was sagt Habeck zum Schreiben? „Ich hab den Brief von Preussenelektra mit einiger Verwunderung zur Kenntnis genommen“, so der Bundeswirtschaftsminister am Mittwoch. So warf Habeck dem Konzern vor, das Konzept der Notfallreserve nicht verstanden zu haben. Denn ein Hoch- und Herunterfahren der Anlagen sei nicht geplant.
Vorgesehen sei vielmehr „einmal zu entscheiden, ob man die Kraftwerke braucht oder nicht“. Das könne im Dezember, Januar oder Februar geschehen. „Das ist offensichtlich an den Technikern von Preussenelektra vorbeigegangen“, sagte der Grünen-Politiker. Zudem verwies Habeck auf einen früheren Brief des Energiekonzerns von August, in dem dieser mitgeteilt habe, dass es auch im Fall eines längeren Streckbetriebs einen kurzfristigen Stillstand brauche. Nach Habecks Darstellung widersprechen sich diese Angaben des Konzerns. Nun solle in neuen Gesprächen geklärt werden, was gelte, sagte Habeck. (kra mit dpa)

Große RTL-Umfrage: Soll es weitere Entlastungen geben?
Die Ergebnisse der Umfrage sind nicht repräsentativ