Diese Tat bleibt unvergessen!

"Eine ewige Wunde": Todestag von Walter Lübcke jährt sich zum dritten Mal

Die Osanna-Glocke in Kassel läutet eigentlich nur dreimal im Jahr: an Karfreitag, am 22. Oktober zum Gedenken an die Bombennacht 1943 und am 7. November, um an die Judenpogrome 1938 zu erinnern. Doch in diesem Jahr läutet sie auch am 2. Juni: es ist der Todestag von Kassels Regierungspräsident Walter Lübcke. Auch nach drei Jahren sind die Wunden bei vielen Wegbegleitern Lübckes noch nicht verheilt und immer noch viele Fragen offen. Mehr im Video.

Hassfigur der rechten Szene

Es ist der 2. Juni 2019 kurz nach Mitternacht, als Walter Lübcke von Verwandten tot auf auf der Terrasse seines Hauses gefunden wird. Getötet mit einem Kopfschuss. Als Täter wird Stephan Ernst ermittelt, der im Januar 2021 zu lebenslanger Haft verurteilt wird. Da sich Lübcke im Jahr 2015 für die Aufnahme von Flüchtlingen ausgesprochen hatte, wurde er zur Hassfigur der Rechten und zum Zielobjekt von Stephan Ernst.

Mordfall Lübcke
Haus des ermordeten Kasseler Regierungspräsidenten Walter Lübcke.
deutsche presse agentur

Walter Lübcke war ein "Pfundskerl"

In Kassel hält man die Erinnerung an Walter Lübcke hoch. Dirk Metz war ein guter Freund von Lübcke und unterstützte die Familie auch während des Prozesses. Der Todestag seines Freundes ist immer noch schwer für ihn: „Walter Lübcke fehlt nach wie vor. Er war das, was ich einen Pfundskerl nenne und das Ereignis ist nach wie vor unerklärlich. Das macht mich nach wie vor fassungslos, wie jemand auf die hirnrissige Idee gekommen ist, Walter Lübcke zu ermorden. Das bleibt eine ewige Wunde.“

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Im Video: Urteilsspruch im Lübcke-Prozess! Lebenslange Haft für Stephan Ernst

Es war ein Mammut-Prozess, der im Juni 2020 vor dem Oberlandesgericht begann und im Januar 2021 mit einem Schuldspruch endete: lebenslange Haft für Stephan Ernst. „Der Vorwurf wiegt besonders schwer", sagte der Richter bei der Urteilsverkündung.

Trotz Urteil: Prozess geht weiter

Trotz der Verurteilung von Stephan Ernst startet Ende Juli die Revisionsverhandlung am Bundesgerichtshof in Karlsruhe. Die Familie Lübckes legte dieses Rechtsmittel ein – denn viele Fragen sind weiterhin ungeklärt. „Was ist in den letzten Sekunden passiert, gab es den Mittäter oder gab es ihn nicht, gab es noch einen Wortwechsel mit Walter Lübcke, hat er versucht, sich zu wehren, alles das weiß die Familie nicht“, erklärt Dirk Metz den Schritt. Diese Fragen interessieren die Familie. Ob sie eine Antwort bekommen und danach abschließen können, weiß er nicht. „Aber sie treibt um, dass sie nicht wissen, was in den letzten Sekunden im Leben des Vaters und Ehemann passiert ist.“ (fbr/lpi/dgö)

Im Talk: Martin Steinhagen, Journalist aus Frankfurt

Journalist Martin Steinhagen war bei Prozess gegen Stephan Ernst hautnah dabei und hat ein Buch über den Mord an Walter Lübcke geschrieben. Im Talk mit RTL-Moderatorin Tina Mattick schätzt er die Gefahr von rechten Gruppierungen ein.