Virologe Kekulé kritisiert Impfstoff-HerstellerWarum gibt es noch keinen Impfstoff gegen Corona-Varianten?

Während die Welt derzeit aufgeschreckt nach Südafrika blickt, weil von dort über das Auftreten der neuen Coronavirus-Variante B.1.1.529 mit 32 Mutationen berichtet wird, verimpft die ganze Welt - also auch Deutschland – weiterhin Impfstoffe gegen die ursprüngliche Wuhan-Variante des Virus. Laut Virologe Alexander Kekulé gäbe es aber schon eine Lösung gegen das Dilemma: Wirksame Delta-Vakzine stehen zum Beispiel schon in den Regalen der Hersteller, werden aber noch nicht auf den Markt gebracht. Und wie steht es um einen Super-Impfstoff, der gegen neue Varianten wirkt?
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Warum dauert das Vakzin-Update so lange?
Die Delta-Variante des Coronavirus Sars-CoV-2 dominiert das Infektionsgeschehen jetzt schon seit geraumer Zeit. Doch wenn es um die Impfungen geht, sind wir immer noch am Anfang der Pandemie – denn die Impfstoffe wurden gegen den sogenannten Wildtypus aus dem chinesischen Wuhan konzipiert. Eine Meisterleistung, trotzdem: Noch nie wurde so schnell ein wirksamer Impfstoff hergestellt, modernste Technologie und weltweite Vernetzung der Wissenschaftler machten es möglich. Warum dauert ein Update auf neue Varianten – vor allem die ursprünglich indische Delta-Variante – dann so lange?
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An verbesserten Impfstoffen wird bereits gearbeitet
Zwar arbeiten die bekannten Impfstoff-Hersteller wie Biontech, Moderna und AstraZeneca bereits an verbesserten Impfstoffen, die teilweise schon in den letzten Phasen II und III der Erprobung stehen. Aber: AstraZeneca werkelt bisher nur an einem an die Beta-Variante angepassten Vektorimpfstoff – als Auffrisch-Impfung oder als Erstimpfung.
Über diese Virusvariante, die zuerst in Südafrika nachgewiesen wurde, wurde erstmals bereits im Dezember 2020 berichtet. Moderna arbeitet an einem Booster-Vakzin gegen das Wuhan-Virus, außerdem an einem Impfstoff gegen die südafrikanische Beta-Variante und an einem „bivalenten“ Vakzin mit zwei verschiedenen mRNA-Strängen gegen zwei Varianten, unter anderem Beta, gleichzeitig.
Außerdem testet der Impfstoffhersteller drei vorhandene Covid-19-Booster-Kandidaten gegen die Omikron-Variante. Das Unternehmen kündigt zudem einen neuen variantenspezifischen Impfstoffkandidaten gegen diese Variante des Coronavirus an, die zuerst in Südafrika festgestellt wurde.
Kekulé: "Hersteller wollen und müssen Profit machen"
Bereits Ende Oktober kritisierte der renommierte Virologe Alexander Kekulé bei ntv: „Entgegen ihrer ursprünglichen Ankündigungen haben die Hersteller kein Impfstoff-Update auf den Markt gebracht“, warf er den Unternehmen dort vor. Kekulé zufolge stünden etwa bei Biontech/Pfizer neue Impfstoffe, die effektiver vor der Virusvariante Delta schützen, bereits in den Regalen. Verimpft habe sie jedoch noch kein Pharmaunternehmen. Ein Grund für das Zurückhalten der neuen Vakzine sind seiner Meinung nach Profitinteressen. „Es ist die Realität, dass die Hersteller Profit machen wollen und müssen, um ihre Arbeit fortsetzen zu können“, kritisierte Kekulé.

Biontech entwickelt Prototyp gegen alle möglichen Mutationen
Tatsächlich hat Biontech gleich drei neue mRNA-Impfstoffe in der Pipeline, die als Auffrisch-Impfungen besser gegen Delta schützen sollen. Auch an einer Erstimpfung mit zwei Injektionen für bisher nicht geimpfte Menschen wird geforscht, ebenso mit an die Beta-Variante angepasster mRNA – aber die soll dann sogar als Prototyp für alle möglichen weiteren Mutanten dienen.
Zudem arbeitet das Mainzer Unternehmen an einem „bivalenten“ Impfstoff – der enthält sowohl an die ursprünglich britische, mittlerweile verdrängte Alpha- als auch an die Delta-Variante angepasste mRNA. Aber diese Impfstoffe befinden sich alle noch in der Phase II der klinischen Erprobung – vor Phase III ist eigentlich keine Zulassung möglich.
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Risiko für die Pharma-Unternehmen zu hoch
Unter anderem darin liegt natürlich auch der Kern des Problems: Jede noch so kleine Änderung des Impfstoffs, ja selbst der Verpackungen muss in einem aufwendigen Zulassungsverfahren freigegeben werden. Zudem zeigten die bisherigen Studien in den Augen der Wissenschaftler und Prüfer bisher stets, dass die Wirksamkeit der bisher zugelassenen Vakzine auch gegen Delta durchaus ausreichend ist. So sieht das auch Mediziner Dr. Christoph Specht: „Im Labor ist das vielleicht in vier Wochen gemacht, aber insgesamt ist die Anpassung dann doch nicht so trivial.“
Für die Pharma-Unternehmen stelle sich auch die Frage, ob der wirtschaftliche Aufwand mit allen möglichen Risiken für die bereits etablierten Produktionslinien gerechtfertigt ist – zumal die Produktion der zugelassenen Impfstoffe auf Hochtouren läuft und nicht unterbrochen werden soll. Da würde nur ein Fast-Track-Verfahren helfen, so wie es beispielsweise von der US-amerikanischen Gesundheitsbehörde FDA angewandt wird. So weit sind wir aber noch nicht.
Delta-Impfstoff könnte auch neue Varianten hervorbringen
Auch aus virologischer Sicht spricht etwas gegen ein rasches Update gegen die Delta-Variante: "Wir haben in Deutschland bisher noch keine neue Variante, weil die bisherigen Impfstoffe, man muss schon fast sagen Gott sei Dank, nicht so super gegen Delta wirken", erklärt uns Medizinjournalist und Arzt Dr. Christoph Specht, "denn in diesem Fall würde das Virus nämlich gezwungen, wenn man so will, eine neue Variante zu bauen." Momentan verbreite sich die Delta-Variante ja auch trotz Impfung gut. Und das Virus will uns als sein Wirt ja nicht umbringen, sondern es will - evolutionär gesehen - sich einfach nur verbreiten. Am vielversprechendsten wäre da natürlich eine Art Super-Impfstoff - der mit einer einmaligen Impfung sämtliche Varianten abdeckt.
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Curevac forscht am Super-Impfstoff gegen mehrere Varianten
An einem solchen arbeitet das Tübinger Biotechunternehmen Curevac, das seinen ersten Impfstoff wegen zu geringer Wirksamkeit hatte zurückziehen müssen. Dieser multivalente Impfstoff, an dem in Zusammenarbeit mit dem britischen Partner GlaxoSmithKline geforscht wird, soll eine sehr breite Immunantwort bereitstellen, die auf viele bestehenden und auch kommende Varianten abzielt.
„Angetrieben durch das Auftreten von Virusvarianten, entwickeln CureVac und GSK gemeinsam Impfstoffkandidaten der zweiten Generation, um aufkommenden Virusvarianten zu begegnen“, teilte das Unternehmen im Mai dieses Jahres mit. „In Kombination mit einer geringeren Dosis“ könnten die Impfstoffe der zweiten Generation einen breiten Schutz bieten. Allerdings befindet sich dieser Impfstoff erst in der vorklinische Entwicklung. Da heißt also weiterhin warten. (ija)
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