Welche Rolle das "Gruppenzwang"-Phänomen spielt

Maske auf oder ab - was macht das mit uns? Expertin klärt auf

 - Wien 25.01.2021 - Coronavirus Krise - FFP-Maskenpflicht - Als Konsequenz aus der weiteren Verbreitung des Coronavirus und den noch gefährlicheren Virusmutationen gilt ab heute die Pflicht FFP2 Masken in Supermärkten, in öffentlichen Verkehrmitteln, öffentlichen Gebäuden zu tragen. Die Supermarktketten verteilen je eine gratis FFP2 Maske pro Kunde für die ersten 3 Tage. Die Masken können auch für 0,59 Euro erworben werden. Österreich befindet sich noch bis vorraussichtlich den 8. Februar im 3., harten, Lockdown. PHOTO: Kunden und Angestellte dürfen nur mehr mit FFP2 Maske in den Supermarkt. // Vienna, Austria - Corona virus crisis - FFP mask requirement - As a consequence of the further spread of the coronavirus and the even more dang PUBLICATIONxNOTxINxAUT
Die Maskenpflicht wurde abgeschafft. Jetzt müssen wir selbst entscheiden. Eine psychologische Expertin erklärt, nach welchen Kriterien wir unsere Entscheidung treffen.
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Ziehe ich die Maske jetzt auf oder ab? Das Ende der Maskenpflicht löst aktuell selbst innerhalb von Familien Diskussionen aus. Während die einen ihre neuen Freiheiten schon nach Lust und Laune ausnutzen, bleiben andere konsequente Maskenträger. Doch nach welchen Kriterien treffen wir aktuell unsere Entscheidung für oder gegen den Mundschutz? Die psychologische Beraterin Ruth Marquardt schildert im Gespräch mit RTL, welche Rolle dabei zum Beispiel das „Gruppenzwang“-Phänomen spielt.
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Maske ab und damit ganz alleine? Im Supermarkt & Co achten wir auf unser Umfeld

Denn: Wer will schon die einzige Person im Supermarkt sein, die eine Maske trägt und sich womöglich als „Hysteriker“ outen? Und wer will auch der einzige Mensch ohne Maske im Drogeriemarkt sein, wenn alle anderen Kunden noch einen Mundschutz tragen und möglicherweise als rücksichtslos dastehen? In der aktuellen Corona-Lage sind viele Menschen noch unsicher, wie sie mit den Lockerungen umgehen sollen.

Masken-Entscheidung im Supermarkt: Die meisten Menschen schließen sich Verhalten der Mehrheit an

„Wir suchen nach Orientierung und schauen, was die Referenzgruppe beispielsweise im Supermarkt vormacht. Die meisten Kunden werden sich der Masse anpassen“, sagt RTL-Expertin Ruth Marquardt. „Wir übernehmen gerne sogenannte Gruppenregeln. Es gibt Untersuchungen, in denen bereits diverse Male gezeigt wurde, dass wir dazu neigen, selbst unsinnige Verhaltensweisen und unausgesprochene Regeln innerhalb einer Gruppe zu übernehmen.“

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Video: Ende der Maskenpflicht - wer trägt trotzdem eine?

Maske auf aus Gruppenzwang-Gründen? „Menschen wollen nicht aus Masse herausstechen“

Doch warum richten sich viele Menschen nicht nach ihrer persönlichen Überzeugung? „Menschen möchten nicht aus der Masse herausstechen, weil das so in uns so angelegt ist und wir tief in uns eine große Angst verspüren, die zu den Grundängsten von uns Menschen gehört: nämlich nicht zur Gruppe dazuzugehören – einfach, weil wir evolutionstechnisch früher nur gemeinsam in der Gruppe unser Überleben sichern konnten“, erklärt Marquardt.

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Expertin schildert: „Für viele Menschen hat das Tragen der Maske noch einen guten Grund“

Wobei deutliche Unterschiede zwischen verschiedenen Gruppen vorhanden seien. „Man darf nicht vergessen, dass wir Menschen auch Individuen mit eigener Geschichte sind und auf dieser Grundlage Entscheidungen treffen“, so Marquardt. Wer mit Blick auf die eigene gesundheitliche Verfassung mit Vorerkrankungen aufpassen muss – oder zum Beispiel im familiären Umfeld einen schweren Corona-Krankheitsverlauf miterlebt habe, sei dadurch geprägt und daher wohl noch längere Zeit Maskenträger.

„Für viele Menschen hat das Tragen der Maske noch einen guten Grund, das dürfen wir einfach nicht vergessen“, betont Marquardt.

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Maske auf oder ab? Wir sind an Ihrer Meinung interessiert!

Masken-Entscheidung: „Emotionale Erfahrungen sind viel stärker als jeder Gruppenzwang“

Doch fest steht: Die meisten Individuen gehen situativ dem Bedürfnis nach, sich der Masse anzuschließen. Sehen wir also aktuell im Supermarkt vor allem ein „Gruppenzwang-Phänomen?“

„Nein. Es ist zu erwarten, dass die persönliche Erfahrung überwiegt. Wenn wir eine starke emotionale Erfahrung gemacht machen, eine nahestehende Person verstorben ist oder wir selbst schwer an Covid-19 erkrankt waren, dann ist das wie ein massiver emotionaler Fußabdruck in unserem Gehirn. Diese Emotion wird immer abgerufen, wenn wir uns daran erinnert fühlen. Eigene emotionale Erfahrungen sind viel stärker als jeder Gruppenzwang“, schildert Marquardt.

Zusammen im Supermarkt – mit und ohne Maske: Gegenseitige Akzeptanz ist wichtig

Sich an die neuen Freiheiten erst noch gewöhnen zu müssen, sei normal. Dieser Prozess könnte laut der psychologischen Expertin sogar zwei bis drei Monate dauern. Ruth Marquardt selbst trägt im Supermarkt keine Maske mehr, ihre Tochter aber schon. „Wir können uns jetzt selbst entscheiden, sollten aber gesprächsbereit bleiben, um ein angenehmes Miteinander zu haben. In der Corona-Zeit sollten wir auch gelernt haben, wie wichtig es ist, Rücksicht aufeinander zu nehmen und für andere Verständnis zu zeigen“, so der abschließende Appell der Expertin.