Nach Umfrageschock für Laschet
Wer jetzt wen für eine Koalition umgarnt

von Simon Steioff
Der Wahltag am 26. September könnte wohl kaum mehr Spannung bieten. Vor allem nach dem erneuten Einbruch der Union in den jüngsten Umfragen stellt sich die Frage: Wer könnte denn am Ende eigentlich mit wem regieren? Eine regierungsfähige Mehrheit (399 Sitze) hätten derzeit nur Dreier-Koalitionen und dafür wird schon jetzt die Werbe-Trommel gerührt.
Scholz auf Partnersuche
Olaf Scholz hat im Moment gut lachen, denn er könnte Stand jetzt bei möglichen Koalitionsverhandlungen aus dem Vollen schöpfen. Zwar ist aktuell auch für ihn kein reines Zweier-Bündnis (beispielsweise rot-grün) möglich, eine Regierung ohne die SPD ist allerdings kaum vorstellbar.
+++ Hier macht Merkel im Bundestag Wahlkampf für Laschet +++
Weil die SPD aktuell stärkste Kraft im neuen Bundestag werden würde, wäre Olaf Scholz damit bei jeder Beteiligung auch sicher Bundeskanzler. Einzige Ausnahme: eine Jamaika-Koalition aus CDU/CSU, Grünen und FDP. Dazu müssten sich die Annalena Baerbocks Grüne und Armin Laschets Union vor allem in der Klimapolitik mächtig aufeinanderzubewegen oder sogar einige ihrer zentralen Ziele über Bord werfen. Vor allem bei den Grünen ist das nur schwer vorstellbar.
Dritter Partner gesucht
Vor allem weil ein Bündnis mit Beteiligung von Union und Grünen unwahrscheinlich ist, schauen sich Annalena Baerbock und Olaf Scholz nach Alternativen um. Und die könnten auch schon gefunden sein. Denn sowohl die Grünenchefin als auch der SPD-Kanzlerkandidat machen keinen Hehl daraus, dass sie sich eine gemeinsame Regierung gut vorstellen könnten. Die gab es ja auch schon einmal – damals 1998-2005 unter SPD-Bundeskanzler Gerhard Schröder und seinem Vize Joschka Fischer.
Das Problem heute: Für rot-grün reicht es Stand jetzt nicht. Es wird ein dritter Partner gebraucht. Laut einer aktuellen Forsa-Umfrage kämen dafür CDU/CSU, Linke und FDP in Frage. Weil CDU und Grüne nicht miteinander können („Mit Herrn Laschet gerät der Klimaschutz ins Hintertreffen“) bleiben zwei übrig und dabei könnte vor allem die FDP eine wichtige Rolle spielen.
Koalitionsrechner: Welche Koalitionen wären derzeit möglich?
SPD und Grüne flirten schon miteinander
Denn bei einer Diskussionsrunde der „Märkischen Allgemeinen Zeitung“ in Potsdam sagte Scholz auf die Frage, wen er mit auf eine Hausboot-Tour nehmen würde: „Ich würde Frau Teuteberg (FDP-Abgeordnete des dortigen Wahlkreises/ Anm. der Redaktion) und Frau Baerbock mitnehmen." Und warum? "Ich glaube, dass wir uns nett unterhalten können und dass wir es auch hinkriegen, das Boot zu steuern."
Das klingt schon sehr danach, als ob Olaf Scholz genaue Vorstellungen für eine so genannte „Ampel-Koalition“ hat. Und auch Annalena Baerbock zeigte sich in einem Interview mit der „Frankfurter Rundschau“ nicht abgeneigt mit der SPD zu koalieren. „Im sozialen oder auch finanzpolitischen Bereich sind SPD und wir uns recht nah. Beim Klimaschutz hingegen bremst sie. Ob es am Ende für ein Zweierbündnis oder ein Dreierbündnis reicht, liegt in den Händen der Wählerinnen und Wähler.“
FDP hält sich vage
Rein rechnerisch könnte Olaf Scholz aber auch ein Dreier-Bündnis mit den Grünen und der Linkspartei schmieden. Das hatte der SPD-Kandidat aber bereits im Kanzler-Triell bei RTL an hohe Bedingungen geknüpft. So müssten sich die Linken definitiv zu einem Verbleib in der Nato bekennen. Ein Ziel, das die Linken bisher strikt ablehnen.
Das und auch die Worte des FDP-Chefs Christian Lindner machen eine „Ampel-Koalition“ immer wahrscheinlicher. Bei RTL Direkt sagte Lindner, es gehe nicht darum irgendwelche Bündnisse zu verhindern, sondern man wolle gestalten. „Nur verhindern wollen, das ist zu wenig“, so Lindner.
Ein Nein zur Ampel ist das nicht, ein Bekenntnis aber auch nicht. Denn dass die FDP eigentlich größere Schnittmengen CDU und CSU hat, ist kein Geheimnis. So liegen die Positionen der Parteien vor allem in der Steuer- und Finanzpolitik, aber auch beim Klimaschutz deutlich näher zusammen, als das mit SPD und Grünen der Fall ist. Aber wer gestalten will, muss Kompromisse eingehen.