Exklusive RTL-Recherchen zum Einsatz gefährlicher PflanzengifteBienenkiller – made in Germany: Giftexporte aus Deutschland töten Millionen Bienen
Gift tötete mehr als zwei Millionen Bienen!
Vorsichtig zieht Günther Jesse die Folie von der obersten der aufeinander gestapelten Styroporkisten. Darunter krabbeln tausende Bienen und surren. Aus einer Blechkanne dampft der Imker Rauch auf die Insekten, damit sie ihn nicht angreifen. Zufrieden fegt Jesse mit einem kleinen Besen einige der Tierchen wieder zurück in die Waben. Inzwischen hat der Brandenburger wieder große, gesunde Bienenvölker. Aber vor 15 Jahren erlebt er die Katastrophe.
Exklusive RTL-Recherche: Deutschland exportiert giftige "Bienenkiller"

„Ich kam zur Kontrolle her und dann habe ich die Bienen vorgefunden“, erinnert sich der Imker. „Die haben vor dem Bienenstock gelegen und sind im Gras gekrabbelt, die waren nicht mehr flugfähig.“ Später stellte sich heraus, dass benachbarte Landwirte Pflanzenschutzmittel gespritzt hatten, die für Insekten tödlich sind. „Diese Pestizide, also Pflanzenschutzmittel, sind für die Bienen hoch giftig“, sagt Imker Jesse. „Und da haben die ohne Rücksicht auf Verluste in die Blüte gespritzt.“ Der Schaden für Günther Jesse war riesig. „Insgesamt waren 2,1 Millionen Bienen hin“, sagt der Imker.
Inzwischen sind die meisten der „Bienenkiller“, so genannte Neonicotinoide, in Deutschland und der gesamten EU verboten. Allerdings dürfen die Substanzen noch hergestellt und in Drittstaaten exportiert werden. Nach exklusiven Informationen von RTL wurden im Jahr 2021 so alleine aus Deutschland 1.085 Tonnen der Umweltgiften exportiert. In Länder wie Argentinien, China oder die Ukraine. In einer mehrmonatigen Recherche haben die Nicht-Regierungsorganisationen PublicEye aus der Schweiz und die investigative Plattform Unearthed von Greenpeace Großbritannien die Hintergründe recherchiert.
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Geheimes Geschäft mit Insektengiften, die Bienen töten

„Die Zahlen sind geheim, weil die Unternehmen natürlich kein Interesse daran haben, dass klar wird, in welcher Menge und Systematik weiterhin Stoffe exportiert werden, die bei uns verboten sind“, sagt Oliver Classen von PublicEye in Zürich, „aus guten Gründen verboten sind.“ In Deutschland sind vor allem drei Konzerne für den Export der drei besonders gefährlichen Neonicotinoide Clothianidin, Imidacloprid und Thiamethoxam verantwortlich: Syngenta, Bayer und BASF.
Nach Expertenschätzungen könnten mit der aus Deutschland 2021 exportierten Menge an Insektengift bis zu 50.000.000.000.000.000 Bienen getötet werden. Mit dramatischen Folgen für die Natur in den betroffenen Ländern. Entsprechend kritisch betrachten die Aktivisten von PublicEye die Rolle der Konzerne. „Diese Unternehmen stehen natürlich in der Verantwortung“, sagt Oliver Classen, „weil sie diese Doppelstandards ganz frivol ausnutzen und bis zum Letzten ausreizen.“
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Export von Insektengiften: "Riesiger Umweltskandal"
Möglich ist der Export der giftigen Substanzen aber nur, weil die Politik weiterhin die Produktion und den Verkauf außerhalb Europas erlaubt. Für Ralph Lenkert, umweltpolitischer Sprecher der Linken-Fraktion im Bundestag, ist nicht nachvollziehbar, wieso Umweltgifte, die in Deutschland verboten sind, weiter in die Welt verkauft werden können. „Das ist ein riesiger Umweltskandal in der Europäischen Union“, sagt Lenkert, „dass sie weiter exportiert werden, ist eine Riesensauerei.“
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Streit um Export von "Bienenkillern"

Was die Unternehmen auf RTL-Nachfrage äußern – und was die Politik sagt, erfahren Sie oben im Video.
Imker Günther Jesse in Brandenburg kann die lange Diskussion nicht verstehen. Für ihn ist die Situation eindeutig: „Da verseucht man dort die Gegend und macht dort die Bauern kaputt.“ Und wenn die Landwirte nichts mehr ernten können, dann wird es bald zu Engpässen bei der Nahrungsmittelversorgung kommen. “Dann hungern die Kinder“, ist der Imker überzeugt. Deswegen müsse auch der Export schnellstmöglich verboten werden. Dafür will er kämpfen.
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