Jetzt kann Biathlon-Star Joanne Reid (31) endlich darüber sprechen
Bin jahrelang sexuell belästigt worden - doch nur eine Teamkollegin half

„Neue Frauen im Team wurden vor ihm gewarnt.“
Was muss diese junge Sportlerin alles mitgemacht haben? Jahrelang soll Biathletin Joanne Reid versucht haben, sich gegen sexuelle Übergriffe ihres Skitechnikers zu wehren. Die Biathletin hat ihren Verband darüber zwar informiert. Doch erst, als eine Teamkollegin sich einschaltete, bekam die heute 31-Jährige echte Unterstützung. Das erzählte sie jetzt in einem Interview mit AP.
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Sie schwieg aus Angst, ihre Karriere zu zerstören
US-Sportstar Joanne Reid (31) war Anfang 20, als im Jahr 2016 laut ihrer Aussage die sexuellen Belästigungen begannen. Ihr Skitechniker Petr Garabik, selbst ehemaliger Biathlet, habe sie berührt und umarmt, mit anzüglichen Witzen behelligt und ihren Po angefasst. Doch dabei sei es nicht geblieben, erklärte die Top-Biathletin den Ermittlern. Im Frühjahr 2017 habe der gebürtige Tscheche sie in ihrem Hotelzimmer aufgesucht, sich hineingedrängt. Dort habe er versucht, sie zu küssen. Sie habe sich gewehrt, aber erst nach Eingreifen einer dritten Person habe sich der Skitechniker zurückgezogen, behauptet Reid.
Die junge Frau habe sich in den ersten Jahren nicht getraut, sich gegen diese Belästigung zu wehren. Sie habe Angst gehabt, der Technikexperte könne ihre Skier manipulieren, erzählte sie der Nachrichtenagentur AP. Im Jahr 2019 fand die Sportlerin, motiviert durch ihre Teamkollegin Deedra Irwin (31), den Mut, ihren Verband zu informieren. Aber dort bekam sie Unfassbares dazu zu hören.
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Neue Teammitglieder wurden vor Übergriffen gewarnt
Laut Joanne Reids Erinnerung habe der damalige Biathlon-Direktor Lowell Bailey zu den Vorwürfen gesagt, man könne einem Europäer keine Regeln für sexuelle Belästigung beibringen und dass dies „Teil der männlichen europäischen Kultur“ sei. Von AP auf diese Aussage angesprochen, bestritt Bailey, dies so gesagt zu haben. Zwar habe ein damaliger Trainer den Skitechniker nach den Vorwürfen zurechtgewiesen und ihn von den Ski-Vorbereitungen der 31-Jährigen abgezogen, doch sein Verhalten soll laut Aussagen der US-Biathleten bereits zwei Tage später erneut begonnen haben.
In einem AP-Interview sagte Skitechniker Garabik zu den Vorwürfen, dass er zwar ein paar Witze und Andeutungen gemacht, aber er nie etwas ohne Zustimmung seines Gegenübers getan habe: „Wir haben immer [mit anderen Teammitgliedern, Anm. d. Redaktion] darüber gelacht.“ Die Top-Biathletin scheint sein Verhalten allerdings ganz anders in Erinnerung zu haben. Neue weibliche Teammitglieder sollen sogar vor Garabik gewarnt worden sein, sagte Reid. Immer wieder versuchte die 31-Jährige, auf Garabiks mutmaßliche Belästigungen aufmerksam zu machen, aber erst, als die Militärangehörige Deedra Irwin 2021 ihre Vorgesetzten informierte, kam Bewegung in den Fall.
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Rücktritt aus dem Profi-Biathlon
Es wurde eine 18-monatige Untersuchung angestoßen. Ende 2022 wurde Garabik wird für sechs Monate suspendiert. Für Reid jedoch nur ein kurzes Aufatmen. Ein halbes Jahr nach Abschluss der Untersuchung wurden rückwirkend die Kriterien für die Weltcup-Qualifikation des US-Biathlon-Teams geändert. Die 31-Jährige fiel plötzlich durchs Raster! Sie hätte von vorn beginnen und an Qualifikationsrennen teilnehmen müssen.
Reids Meinung nach seien die Änderung der Weltcup-Regeln eine Art Vergeltung an ihr gewesen. Jack Gierhart, CEO von US-Biathlon, bestreitet allerdings, dass die Änderung der Regeln mit der Untersuchung in Verbindung stünden. Die Sportlerin zog für sich selbst Konsequenzen: Sie reichte kurzerhand ihren Rücktritt aus dem Profi-Biathlon ein. Wenige Monate später geht sie mit ihrer Geschichte an die Öffentlichkeit. Die Sportlerin teilt seitdem öffentlich, dass diese Entscheidung der richtige Schritt gewesen sei und sie sich endlich besser fühlen könne. (agö/lha)
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