Nicole Ogburn sah Todesschützen auf Schule zukommenAmoklauf in Uvalde - Lehrerin rettete 15 Schüler: "Wenn ich die Augen schließe, verfolgen mich die Bilder"

Es sind Momente, die Grundschullehrerin Nicole Ogburg wohl nie vergessen wird. Sie sah den Amokschützen auf die Robb Elemantary Schule in Uvalde (US-Bundesstaat Texas) zulaufen, ehe er das Feuer eröffnete, 19 Kinder und zwei Lehrerinnen kaltblütig erschoss. Ogburn reagierte sofort, rettete ihren Schülerinnen und Schüler vermutlich das Leben, indem sie sie anwies, sich auf den Boden zu legen. Sekunden später zerschmetterte ein Kugelhagel das Fenster des Klassenzimmers.
Nicole Ogburn und 15 Schüler flüchteten aus Fenster
Sie habe Schüsse gehört, sei aufgestanden und zum Fenster gegangen. "Ich schaute aus meinem Fenster und dachte: 'Da ist ein Typ mit einer Waffe. Oh mein Gott, alle runter!'", sagte sie im Interview mit der US-Show „Today“. "Ich hörte nur noch bumm, bumm, bumm. Es ging einfach immer weiter, und fühlte sich wie eine Ewigkeit an." Aussagen, die sich mit den Erkenntnissen der Polizei decken, nach denen Salvador R. (18) auf das Schulgebäude feuerte, bevor er das Gebäude betrat und 19 Kinder und zwei Lehrerinnen tötete.
"Ein Schüler lag auf mir, ein paar andere Schüler waren direkt neben mir und wir hielten uns alle an den Händen", so die Lehrerin. "Ich weiß noch, dass ich gebetet habe: 'Bitte Gott, bitte Gott, beschütze uns.'" Als die Polizisten schließlich das zerbrochene Fenster ihres Klassenzimmers erreichten, seien ihre fünfzehn verängstigten Schüler herausgesprungen und in den Schutz eines nahe gelegenen Beerdigungsinstituts gerannt, sagte sie dem Lokalsender „KENS 5“.
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„Auf der Fensterbank lag Glas", erinnert sie sich im Gespräch mit "Nightly News". "Dann sprangen ich und die letzten beiden Kinder aus dem Fenster und rannten einfach los. Sie sagten uns immer wieder: 'Lauft, lauft, lauft.'" Sobald sie in Sicherheit war, habe sie die Eltern der Kinder angerufen, ihnen mitgeteilt, dass ihre Söhne und Töchter am Leben seien.
Albtraumhafte Bilder und Momente, die sich tief in ihr Gedächtnis geprägt haben. "Wenn ich die Augen schließe, sehe ich das Bild von ihm und der Waffe, wie er auf meine Schule zugeht, und es verfolgt mich, aber gleichzeitig habe ich mir gesagt, dass ich nicht in Angst leben werde. Das will ich tun und meinen eigenen Kindern beibringen.“ Gleichzeitig wisse sie nicht, ob sie jemals an die Robb Elementary School zurückkehren könne. Mehrere Eltern hätten Kontakt mit ihr aufgenommen, sich bedankt, sie als Heldin bezeichnet. Ein Status, den Ogburn für sich selbst nicht beanspruche, so die Lehrerin unter Tränen. "Ich bin in keiner Weise eine Heldin. Aber ich liebe diese Kinder sehr."
Diese Woche zwölf Beerdigungen in Uvalde: Abschied von elf Kindern und einer Lehrerin

Am Sonntag hatte das Justizministerium bekannt gegeben, dass es eine Untersuchung der verzögerten Reaktion der Polizei einleitet. Mindestens eines der angeschossenen Kinder sei den Vorwürfen nach verblutet, weil die Einsatzkräfte zu lange gewartet haben sollen, ehe sie die Schule stürmten, in der sich der Attentäter in einem Klassenzimmer verschanzt hatte. Ogburn äußerte sich auch zu den Schuldzuweisungen. "Die einzige Person, der man hier die Schuld geben kann, ist die Person, die in meine Schule gekommen ist und meine Freunde und die Schüler verletzt hat, die ich jeden Tag gesehen habe und die ich liebe", sagte sie „KENS 5“.
Unterdessen fanden am Montag Trauerfeiern für die ersten beiden Opfer des schlimmsten Schul-Massakers in der Geschichte der USA seit zehn Jahren statt. Ausgerechnet an dem Tag, der eigentlich ein fröhlicher sein sollte, der Beginn der Sommerferien. Es werden nicht die letzten Beisetzungen und Abschiede bleiben. Allein für diese Woche seien in Uvalde die Beerdigungen von elf Kindern und der Lehrerin Irma Garcia geplant. Garcia hatte sich schützend vor ihre Schüler geworfen, nur zwei Tage später starb ihr Mann Joe an einem Herzinfarkt. Ein schwerer Schlag für die vier gemeinsamen Kinder im Alter von 23, 19, 15 und 13 Jahren. Eine Spenden-Kampagne sammelte jetzt unglaubliche 2,5 Millionen US-Dollar für die Vollwaisen.
Die Trauerfeier für die zehnjährige Amerie Jo Garza fand im Hillcrest Memorial Funeral Home in Uvalde statt, direkt gegenüber der Grundschule, in der die Kinder zusammen mit zwei Lehrerinnen am Dienstag erschossen wurden, bevor der Schütze selbst getötet wurde. Einige Trauernde trugen auf Wunsch von Ameries Vater Angel Garza lila- oder lavendelfarbene Töne – Ameries Lieblingsfarben. Eine ihre Freundinnen habe Angel Garcia erzählt, das Amerie während des Angriffs in ihrem Klassenzimmer noch versucht habe, Hilfe zu rufen. Mit dem Handy, das sie zu ihrem zehnten Geburtstag bekommen hatte.
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Schussverletzungen Nummer 1 Todesursache in den USA bei Kindern

Der Amoklauf von Uvalde hat die Debatte über eine Verschärfung der Waffengesetze in den USA einmal mehr angefacht. Viele Republikaner sperren sich seit Jahren gegen strengere Regularien, wie etwa ein Verbot von Sturmgewehren. Die USA haben seit langem mit einem gewaltigen Ausmaß an Waffengewalt zu kämpfen. Im Jahr 2020 waren Schusswaffenverletzungen Todesursache Nummer eins für Kinder und Jugendliche in den USA, noch vor Verkehrsunfällen.
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