Experten warnen am Tag des Waldgipfels
Bald schon könnte die Hälfte unseres Waldes verschwunden sein
von Maximilian Storr
Peter Wohleben ist Deutschlands bekannteste Förster und Beststellerautor. Und er ist auch kein Mensch, der klare Worte scheut. Wenn Wohlleben über den Zustand des Deutschen Waldes spricht, kann einem Angst und Bange werden.
"Nach meiner Einschätzung werden wir in den nächsten zehn Jahren die Hälfte der Waldfläche verlieren.“ Die Folgen wären verheerend. Aber was muss passieren, dass die Wälder auch in Zukunft gesund bleiben?
Wohlleben lädt zum Waldgipfel
Auf den ersten Blick blüht der Wald in einem Eifeler Forstrevier in der Nähe von Wohllebens Heimat Bonn. Der zweite Blick offenbart aber: Tote Bäume und Kahlschlag. Der Borkenkäfer hat einen Fichtenbestand gekillt, der Besitzer die Stämme im Sägewerk verramscht.
Selbst schuld, findet Wohleben: "Wenn man Baumarten hier anbaut, denen es hier eh schon zu warm ist - das sind Baumarten des hohen Nordens, aus der Taiga - wenn man die hier anbaut und denen wird es noch ein bisschen mehr zu warm durch den Klimawandel, dann kann man nicht sagen: Hey, das ist der Klimawandel, wir sind unschuldig!" Die Probleme sind vielfältig, deshalb hat Wohlleben auch zum nationalen Waldgipfel geladen.

In Zukunft keine Bäume mehr umlegen?
Neben der Anpflanzung neuer, robusterer Baumarten lauter eine zentrale Forderung: Weniger Holznutzung, mehr Naturnähe. „Der Wald muss umgebaut werden oder die Möglichkeit haben, sich selber umzubauen“, sagt zum Beispiel Umweltministerin Svenja Schulze.
Für Wohlleben heißt das: in Zukunft keine Bäume mehr umlegen, stattdessen große Klimaschutzwälder pflanzen und die Förster fürs Zusehen bezahlen: „Dann könnten Wald-besitzende, die keine Bäume fällen, etwas bekommen. Denn deren Bäume speichern ja weiter CO2 ein, lagern jedes Jahr pro Hektar 10 Tonnen CO2 ein. Und wenn sie das Geld bekämen, könnten sie mehr verdienen als mit der regulären Forstwirtschaft. Das wäre doch ein echter Deal!" Für Rudolf Blochmann von den bayrischen Staatsforstern aber kein besonders guter.
Wo kommt dann das Holz her?
"Wo kommt dann das Holz her, dass die Menschen ja brauchen? Sie zerstören damit auch regionale Kreisläufe. Wirtschaftskreisläufe. Menschen, die im Wald arbeiten. Sägewerke. Und wir müssten das Holz importieren aus anderen Ländern, von denen wir glauben, dass sie das nicht so nachhaltig machen wie wir."
Auch für Grünen-Chef Robert Habeck ist klar, dass ein Umdenken stattfinden muss, um den Patienten Wald gesund zu pflegen.
Es geht ums Überleben
Nur Naturwälder auszuweisen, darin sieht er keine Lösung, aber der Wald müsse weniger strapaziert werden: „Das ist die logische Konsequenz.“ Dazu will er einen „Waldzukunftsfonds“ einführen, der Waldnutzer dafür entschädigt, dass sie in Zukunft weniger Bäume fällen dürfen. In der Holzwirtschaft müsse es zudem eine „geschlossene Kaskadennutzung“ geben. Dies schließe aus, dass Holz weiter für Wegwerfprodukte wie Papier verwendet wird.
Fakt ist aber auch, dass schnelle Lösungen hermüssen, die den Wald schützen: Noch nie sind in Deutschland so viele Bäume gestorben wie im vergangenen Jahr. Es geht nicht mehr Schadensbegrenzung, es geht darum, zu überleben, gemeinsam mit dem Wald.