32 Mietparteien seit einem Jahr ohne warmes Wasser „Das ist der pure Albtraum!”

von Dania Maria Hohn, Anna-Sophie Schütz und Johanna Kroke

Wenn Claudia und Tochter Julie duschen wollen, ziehen sie sich AN statt aus!
Denn warmes Wasser gibt es nur noch draußen - in zwei Duschcontainern vor ihrem Wohnhaus in Hamburg-Meiendorf. Die provisorischen Duschen gibt es seit etwa drei Monaten, das Warmwasser fehlt aber schon seit einem Jahr!

Verwaltung: Mieter sollen zu Wasserkochern greifen

Vergangenes Jahr hängen plötzlich Zettel in den drei Wohnhäusern im Hamburger Osten aus. Sie tragen eine verhängnisvolle Botschaft: Das Warmwasser werde abgestellt – auf unbestimmte Zeit. Grund dafür seien Sanierungsarbeiten. Marode Wasserrohre müssten in den Häusern ausgetauscht werden. Durch die sei immer wieder Wasser ausgetreten. Das Ergebnis: Schimmel in zahlreichen Wohnungen. Und plötzlich 32 Mietparteien ohne warmes Wasser.

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Als Mutter Claudia Kiedrowicz telefonisch nachfragen will, wie sie und ihre achtjährige Tochter ohne warmes Wasser leben sollen, erhält sie nur eine Antwort: „Sie haben gesagt zu mir: Haben Sie denn keinen Wasserkocher? Und da hab ich gesagt: Jetzt geht es los“, berichtet sie im Gespräch mit RTL. „Die Dame meinte noch am Telefon zu mir, sie möchte mit mir nicht tauschen. Und da dachte ich, ich müsste sie durchs Telefon ziehen. Also, da war ich so wütend.“

Im Video: Mieter bekommen Horror-Abrechnung

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Mutter fürchtet Wintermonate

Antworten oder Zeitpläne bekommen Claudia Kiedrowicz und die anderen Mieter nicht. Stattdessen herrscht Stille. Monatelang suchen die Anwohner Lösungen für ihr Duschproblem. Claudia und Tochter Julie waschen sich zeitweise in der Wohnung von Julies Vater. Seit drei Monaten können sie jetzt die Duschcontainer nutzen, wenn die Duschen denn frei sind! Zwei Container mit jeweils zwei Frauen- und zwei Männerduschen stehen vor ihrem Wohnhaus – für 32 Mietparteien. „Unfassbar“, findet die Mutter.

Seit drei Monaten können die Bewohner in diesem Container duschen. Oft sei es dort schmutzig und feucht, erklärt Mutter.
Seit drei Monaten können die Bewohner in diesem Container duschen. Oft sei es dort schmutzig und feucht, erklärt Claudia.
RTL Nord

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„Mit nassen Haaren, das geht gar nicht. Im Sommer ist es ja auch nicht ideal, aber trotzdem im Winter. Das wird ja auch immer kälter.“ Sorge, wenn es mal frieren oder schneien sollte, ist bei der Mutter groß. Einen Föhn gibt es im Container nicht, den müssen sie aus der Wohnung mitnehmen oder mit nassen Haaren durch die Kälte zurück. Mit Warmwasser in der eigenen Wohnung rechnet Claudia erst im Februar oder März.

Vater verzweifelt: Duschcontainer für behinderten Sohn unerreichbar

Noch verzweifelter ist die Lage von Familienvater Roman Rozwora. Sein ältester Sohn Hubert hat Kinderdemenz. Der Elfjährige kann weder sprechen noch sehen, ist physisch und kognitiv vollkommen eingeschränkt und auf Hilfe angewiesen. Für ihn sind die Duschcontainer unerreichbar. Es fehlt an einer Rampe für den Rollstuhl, an Platz, um Hubert überhaupt in den Container zu bekommen. „Das macht uns kaputt“, sagt sein Vater. Aktuell wäscht er seinen Sohn in der Badewanne seiner Wohnung.

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Eine unzumutbare Situation, doch es kommt noch schlimmer: Am Montag (11. November) soll in den Küchen der Wohnungen das Wasser komplett abgestellt werden, um die Rohre auszutauschen. „Aber wir wohnen hier. Was sollen wir machen? Was sollen wir also tun? Das ist furchtbar.“ Der Vater ist rat- und sprachlos über die Zustände.

Für den schwerbehinderten Sohn der Familie ist der Duschcontainer unerreichbar, der Rollstuhl des Jungen passt nicht in die Kabine.
Für den schwerbehinderten Sohn der Familie ist der Duschcontainer unerreichbar, der Rollstuhl des Jungen passt nicht in die Kabine.
RTL Nord

„Skandal, dass die Hausverwaltung nicht reagiert”

Einige der 32 Parteien haben sich Hilfe suchend an den Hamburger Mieterverein gewandt. Der geschäftsführende Vorsitzende Rolf Bosse ist schockiert über die Situation in den Wohnhäusern: „Es ist sehr, sehr berührend und eigentlich auch ein Skandal, dass die Hausverwaltung überhaupt nicht reagiert.“ Die Mieter hätten die Möglichkeit, die Miete zu mindern, erklärt er. Einige hätten dies auch bereits getan. Bosse weiß, dass andere Mieter davor zurückschrecken. „Viele haben Angst, ihre Rechte durchzusetzen“, sagt er, „das ist natürlich grundfalsch. Man muss sich zur Wehr setzen, wenn solche Mängel passieren, damit die Eigentümerseite aufwacht.“

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Anfragen von RTL bei der Hausverwaltung EB Immobilien bleiben zunächst unbeantwortet. Schließlich folgt am Montag (11. November) eine schriftliche Stellungnahme, in dem die Hausverwaltung den Ablauf der Arbeiten vor Ort bestätigt. Warum es gedauert habe, bis die Arbeiten an den Häusern losgehen konnten? „Planerische Vorleistungen“, erklärt das Unternehmen. Bevor die Arbeiten losgehen konnten, habe es Vorbereitungs- und Planungszeit gebraucht. Die Arbeiten an zwei der Häuser sollen Ende dieses Jahres abgeschlossen werden. Die Beseitigung des Schimmels, Maler- und Fliesenarbeiten in allen Häusern sollen bis Ende März 2025 abgeschlossen sein.

Die nächsten Monate müssen Claudia Kiedrowicz und die anderen Mieter also weiter ohne Warmwasser ausharren. Eine große Belastung für sie: „Aber man muss ja funktionieren, zwecks Tochter”, sagt sie.