Lufthansa-Flug wird zum HorrortripWeil Assistenzhund nicht mitfliegen darf: Schwerbehinderter sitzt neun Tage in Deutschland fest

von Sonja Gude

Erst läuft alles rund, doch dann wird diese Flugreise zur Einbahnstraße!
Ein Mann mit Schwerbehinderung fliegt mit seinem Assistenzhund von seiner Wahlheimat Costa Rica nach Frankfurt. Die Reise nach Deutschland verbringen Michael Wurm und sein Hund Max gemeinsam im Passagierraum. Doch vor dem Rückflug weigert sich die Airline, den Vierbeiner in der Kabine zu befördern. Für Michael Wurm bedeutet das: Er sitzt in Deutschland fest. Wegen wichtiger Arzttermine drängt die Zeit – und auch sein Medikamentenvorrat neigt sich dem Ende zu.

Ein entspannter Hinflug mit harter Landung

Als Michael Wurm Ende Mai mit der Lufthansa von Costa Rica nach Deutschland fliegt, scheint alles in Ordnung zu sein. Gemeinsam mit seinem Assistenzhund Max fliegt er von seiner Wahlheimat Costa Rica in seine alte Heimat Deutschland. Der Auswanderer ist in seiner Bewegung eingeschränkt, herzkrank und zu 50% schwerbehindert. Eine Reise ohne den Assistenten neben ihn in der Kabine ist für den 69-Jährigen undenkbar.

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Schon im Vorfeld hat sich Michael Wurm mit der Lufthansa auseinandergesetzt und einen Bescheid über Max Assistenzhund-Ausbildung vorgelegt. Die Bestätigung, dass der American Staffordshire Terrier mit im Passagierraum fliegen darf, habe er allerdings erst in der Nacht des Fluges erhalten. Als er gerade in Deutschland gelandet ist, traut er seinen Augen kaum: In seinen Mails habe er ein Schreiben der Airline gefunden, das den Flug untersagt. Doch Michael Wurm ist bereits gelandet. „Ich hab einfach gedacht, das kann doch gar nicht wahr sein“, erzählt er im RTL-Interview. Damit beginnt ein langer Konflikt, der den 69-Jährigen viel Kraft und Nerven kostet.

Weil Assistenzhund nicht mitfliegen darf: Schwerbehinderter sitzt neun Tage in Deutschland fest
Hund Max sitzt im Flieger.
Facebook/Michael Wurm

In Deutschland nimmt die Auseinandersetzung an Fahrt auf

Hierzulande beginnt das Hin und Her. Michael setzt alle Hebel in Bewegung, damit die Airline seinen Assistenzhund Max anerkennt. Er will erreichen, dass die beiden den Rückflug doch gemeinsam in der Kabine antreten können. Zu diesem Zeitpunkt erhält er von Max Ausbildungsstätte einen detaillierten Trainingsnachweis, den er der Airline dann vorgelegt habe.

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Außerdem sucht sich Michael Wurm Hilfe beim Verein „Lichtblick e.V.“, kontaktiert Beschwerdestellen und die Anti-Diskriminierungsstelle. Max’ Unterlagen lässt er von einer Behörde prüfen. Ein amtlicher Bescheid, der RTL vorliegt, bestätigt ihm schriftlich, dass sein Vierbeiner alle Anforderungen für einen anerkannten Assistenzhund erfüllt. Der Person mit Behinderung dürfe wegen der Begleitung durch ihren Assistenzhund kein Zugang zu Anlagen und Einrichtungen verweigert werden, wenn der Zutritt keine unverhältnismäßige oder unbillige Belastung darstellen würde, steht darin. Diesen Bescheid erhält Michael Wurm rund eine Woche vor dem geplanten Rückflug nach Costa Rica.

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Der Rückflug fällt ins Wasser

Und trotzdem: Die Airline bleibt stur. Die Maschine fliegt am 27. Juni ohne Michael Wurm und seinen Hund Max nach Costa Rica. Und langsam verzweifelt der Mann. Und er gerät in Panik. Denn „mir sind bestimmte Medikamente ausgegangen, die ich teilweise hier in Deutschland nicht kriege und ich hatte wichtige Arzttermine in Costa Rica. Wenn ich die nicht hätte wahrnehmen können, dann wäre ich in der ganzen Medizin-Abarbeitungsliste wieder ganz hinten angetreten.“

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Erst als der Auswanderer die Airline darauf aufmerksam macht, dass sie billigend in Kauf nimmt, dass sich sein Gesundheitszustand massiv verschlechtert, habe sie eingelenkt und Hund und Herrchen gemeinsam in der Kabine fliegen lassen.

Airline spricht von „Kulanzgründen“

Die Fluggesellschaft spricht in einem Statement gegenüber RTL von einem „bedauerlichen Arbeitsfehler“, der dem Bodenpersonal in Costa Rica passiert ist. Man habe Mann und Hund aus „Kulanzgründen“ die Rückreise ermöglicht – neun Tage nach dem eigentlich geplanten Flug. Telefonisch erklärt ein Sprecher der Airline, man nähme die Sicherheit an Bord sehr ernst. Außerdem weist er darauf hin, dass Max ein potenziell gefährlicher Listenhund ist. Und man könne im Flugzeug ja nicht einfach aussteigen.

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Michael Wurm ist froh, endlich wieder in seiner Wahlheimat zu sein. Auch zu seinem Arzttermin hat er es rechtzeitig geschafft. Die entstanden Kosten möchte er trotzdem von der Airline einfordern. Er kann das Verhalten der Fluggesellschaft noch immer nicht fassen: „Ich führe keinen Rachefeldzug. Ich möchte Gerechtigkeit, den Ersatz der mir entstandenen Aufwendungen. Und ich möchte die Sicherheit, dass die Lufthansa solche Maßnahmen zukünftig unterlässt und dafür auch eintritt.“