Eltern empört - Musical kassiert Shitstorm und stellt seine Sicht des Abends darBehinderten Nico aus Musical geschmissen, weil er zu laut lachte?

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„Nico war total empört und aufgebracht nach dem Rausschmiss. Die ganze Pause hat er nur darauf gewartet, dass der Vorhang wieder aufgeht.", sagen die Eltern.
Facebook/Arnold Schnittger

Hat Nico wirklich die Aufführung gesprengt?
Als die Band des Weihnachtsmusicals „Die Schneekönigin“ in Hamburg-Tonndorf endlich anfängt zu spielen, kann sich der behinderte Nico kaum noch halten vor Freude. Er strahlt bis über beide Ohren und lacht laut – offenbar zu laut für einige Besucher. Nico und seine Eltern sollen aufgefordert worden sein, das Theater in der Pause zu verlassen. „Wir sind empört“, erzählt uns sein Vater. Doch die Veranstalter sehen den Vorfall ganz anders.
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„Er liebt das Theater, er hat sich total gefreut."

Der Theaterbesuch am Sonntag (17. Dezember) habe schon problematisch begonnen, erzählt Nicos Vater Arnold Schnittger im Gespräch mit RTL. „Als wir ankamen, sagte man uns, wir hätten anmelden müssen, dass wir einen Rollstuhl dabeihaben.“ Den Rollstuhl parkte der Vater am Rand des Saals, seinen Sohn (29) setzte er auf einen normalen Stuhlplatz. Nico leidet an einer Zerebralparese, also einer Fehlbildung des Gehirns und daraus resultierenden Spastiken.

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„Er liebt das Theater, er hat sich total gefreut. Und das natürlich auch sehr laut, er ist schließlich behindert“, so Schnittger weiter. Doch diese Freude schienen nicht alle Besucher zu teilen. Eines der Bandmitglieder und andere Eltern sollen sich beim Veranstalter über Nicos Lautstärke beschwert haben – daraufhin der „Rausschmiss“, wie der Vater behauptet. „Sie hatten schon das Eintrittsgeld in der Hand, um es uns zurückzugeben. Das haben wir in der Form noch nie erlebt.“

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Das Theater weist alle Vorwürfe von sich

Arnold Schnittger teilt seine Sicht auf den Vorfall auf Facebook. „Zivilcourage, Einsetzen für behinderte Menschen – Fehlanzeige“, schreibt der 72-Jährige und bekommt hunderte Zustimmungen auf seinen Post. Das führte zu einem regelrechten Shitstorm gegenüber dem „dance & more Tanz- und Theaterensemble e. V.“. Über Facebook, Instagram und E-Mail werde dem Verein seit dem Post von Arnold Schnittger immer wieder vorgeworfen, einen behinderten Menschen aus der Vorstellung rausgeworfen zu haben.

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Der Verein hat allerdings eine ganz andere Auffassung der Geschichte. Auch sie teilen diese unter anderem auf Facebook: „Diese Behauptung ist falsch. Wir haben die betroffene Familie nicht aufgefordert, die Vorstellung zu verlassen. Die Eltern haben für sich entschieden, der zweiten Hälfte der Aufführung nicht beizuwohnen.“ Außerdem schreibt der Verein, er habe vergeblich ein lösungsorientiertes Gespräch mit den Eltern gesucht. „Es spielt für uns keine Rolle, wer im Publikum sitzt, (...) es geht nicht um eine Behinderung, sondern um die Störung durch das Verhalten, auf die wir in kurzer Zeit reagieren mussten“, so der Verein weiter.

Auch der Vater hätte sich ein klärendes Gespräch gewünscht

„Für uns als Eltern eines behinderten Kindes was das ganz harter Tobak. Die Aussage, dass Nico die Vorstellung gesprengt hätte, ist erbärmlich und blamabel“, erzählt uns sein Vater. „Man hätte den Kindern, die verständlicherweise irritiert waren, Nicos Krankheit erklären können. Nach Sekunden wäre das Eis gebrochen. Aber die Chance hatten wir gar nicht.“

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Trotzdem sei es ihm wichtig, die Wogen zwischen dem Verein und seiner Familie wieder zu glätten und gemeinsam ins Gespräch zu gehen. Auch der Verein bedauert den Verlauf des Besuchs in seinem Facebook-Statement und versichert sich schon seit Jahren für das Thema Inklusion einzusetzen. Darin, dass sich so ein Vorfall nicht wiederholen sollte, sind sich beide Parteien sicherlich einig. (jjä)