Wenn der Pflegedienst nicht kommt, packt sie selbst an
Kaum Pausen, wenig Schlaf – Mama Andrea pflegt ihren kranken Sohn

Das Gesundheitssystem ist am Anschlag – und sie auch!
Wer Kinder hat, weiß, wie herausfordernd der Alltag sein kann. Andrea Otto aus Hildesheim kommt oft an ihre Grenzen. Ihr Sohn Elijah (18) hat eine seltene Krankheit und braucht rund um die Uhr Betreuung. Allein stemmen kann Andrea das nicht, das geht nur mit Hilfe. Aber was, wenn genau die wegen Personalmangel ausbleibt?
„Es kann jederzeit ein Notfall kommen”

Für Andrea war es nie eine Option, ihren Sohn in eine Pflegeeinrichtung zu geben. Elijah hat einen extrem seltenen Gendefekt, das sogenannte Coffin Series Syndrom. Trotzdem soll er bei seiner Familie sein, findet Andrea, auch wenn das ihren gemeinsamen Alltag nicht einfach macht. Der 18-Jährige muss rund um die Uhr gepflegt werden, sein Leben lang. „Es kann jederzeit zu einem Notfall kommen“, erklärt Andrea im Interview mit RTL. „Er verschluckt sich. Er muss abgesaugt werden. Er braucht seine Beatmungsmaske, weil die Sauerstoffsättigung runtergeht. Da bin ich so reingewachsen.“
Lese-Tipp: Die kleine Aria (3) hat die seltenste Erkrankung der Welt
Anfangs glaubt die Mutter nicht, der Aufgabe gewachsen zu sein. Gerade die pflegerischen Tätigkeiten machen ihr Sorgen. Doch damit Elijah bei ihr zu Hause leben kann, muss die gelernte Bürokauffrau mit anpacken. Zwar stehen ihrem Sohn täglich 18 Stunden Betreuung durch einen Pflegedienst zu – doch wegen Personalmangels klappt das oft nicht.
Video-Tipp: Niemand hat daran geglaubt!
Keine Pflegekraft, kein Schlaf
Wenn Elijahs Pflegeplan leer ist, bedeutet das für Andrea schon mal eine Nachtschicht. Dann ist sie auf sich selbst gestellt, bis eine Intensivpflegekraft sie am Morgen ablöst. „Das bedeutet für mich tatsächlich nicht schlafen“, sagt Andrea. In der Vergangenheit gab es schon Situationen, in denen zwei Nächte und drei Tage niemand vom Pflegedienst kommen konnte. „Dann geht man wirklich am Stock.“
Lese-Tipp: Neue Pflege-Apps sollen das Leben der Angehörigen erleichtern

Personal in der Pflege fehlt in ganz Deutschland, eine Entwicklung, die Andrea und Elijah direkt zu spüren bekommen. Die Mutter schaut deshalb mit Sorgen in die Zukunft. „Da bin ich schon manchmal verzweifelt, wenn ich daran denke, dass vielleicht nicht genug junges Personal nachrückt und wir hier auch doch schon Schwestern haben, die aufs Rentenalter blicken”, erzählt sie. „Dann kriege ich schon Angst.”
Gute Ausbildungszahlen reichen nicht
Eine berechtigte Angst, denn trotz guter Ausbildungszahlen kann der steigende Fachkräftebedarf nicht aufgefangen werden. Landesweit muss laut Pflegereport der Krankenkasse DAK in den nächsten zehn Jahren jede fünfte Pflegekraft ersetzt werden. Außerdem wächst die Zahl der Pflegebedürftigen, weil Menschen insgesamt immer älter werden. Andrea Otto hofft jetzt auf weitere Lösungsansätze aus der Politik, damit sie und andere Angehörige zumindest eine Sorge weniger hätten.