„Es hat etwas geheilt”

Teenager (17) besucht Auschwitz und löst 80 Jahre altes Familienrätsel

Der Schriftzug \Arbeit macht frei\ ist am Tor zum früheren Konzentrationslager Auschwitz I zu sehen.
Der Schriftzug „Arbeit macht frei” ist am Tor zum früheren Konzentrationslager Auschwitz I zu sehen.
Kay Nietfeld/dpa

Seine Familie kann jetzt endlich abschließen.
Mehr als 80 Jahre nach dem Holocaust gibt es endlich Gewissheit für eine jüdische Familie. Als der 17-jährige Yuval aus New York das ehemalige Vernichtungslager Auschwitz besucht, stößt er auf einen Namen – und löst damit ein jahrzehntelanges Rätsel.

Ein Name, der alles verändert

Es ist eine dieser Entdeckungen, die Geschichte greifbar machen. Als Yuval, ein 17-jähriger Schüler aus der Bronx, im Sommer 2024 mit einer Jugendgruppe die Gedenkstätte Auschwitz besucht, entdeckt er bei den ausgestellten Zeichnungen ehemaliger KZ-Häftlinge einen Namen: Freddy Popper. Dieser Name steht für mehr als eine Erinnerung – er ist der fehlende Puzzlestein einer seit Generationen offenen Familienwunde. „Bis dato war Freddys Schicksal nur ein Gerücht“, sagt Yuval der New York Post. „Diese Reise gab meiner Familie Beweise und einen Abschluss, den wir nie für möglich gehalten hätten.“

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Freddy Popper und sein Bruder Michael Popper wuchsen in einer jüdischen Familie in der Slowakei auf. Als die Nazis auch ihr Heimatland erreichten, entschieden ihre Eltern, ihre Söhne in Sicherheit zu bringen. Der damals zehnjährige Michael wurde in den Bergen versteckt – in der Scheune einer christlichen Familie. Sein 13-jähriger Bruder Freddy wurde zu Verwandten nach Budapest geschickt. Michael überlebte den Holocaust und wanderte später in die USA aus. Doch die Frage nach dem Schicksal seines Bruders Freddy ließ ihn nie los – eine offene Wunde, die ihn sein Leben lang begleitete. 2020 verstarb Michael, ohne jemals zu erfahren, was mit Freddy passiert war.

Jetzt, fünf Jahre später, bringt sein Enkel Yuval die Wahrheit ans Licht.

Für Yuvals Mutter Michal Poran (46), die ihren Sohn auf der Reise begleitete, war der Moment der Entdeckung ein Schock – aber auch eine Erleichterung. „Als ich den Namen sah, blieb mir das Herz stehen. Ich konnte kaum atmen. Es hat etwas geheilt, das seit Generationen kaputt war.“

Die Familie wusste, dass Freddy vermutlich nach Auschwitz deportiert wurde, aber hatte keine Kenntnis zu Details. Jetzt ist klar: Wie so viele jüdische Kinder wurde er nach seiner Ankunft wahrscheinlich direkt ins Krematorium geschickt. „Es war wie ein Hinweis, ein Wink aus der Vergangenheit“, beschreibt Michal das Gefühl, als sie das Foto des Namens an ihre Mutter schickte.

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Auch Yuval selbst erlebte den Moment als überwältigend: „Ich habe mir Tausende Szenarien überlegt, was auf der Reise passieren könnte. Ich hätte mir nicht vorstellen können, dass es darum gehen würde, dieses Familienmysterium zu lösen.“

Für Yuval und seine Familie bedeutet dieser Fund nicht nur Schmerz, sondern auch Heilung. Freddy ist nicht mehr nur eine vage Erinnerung – sein Name hat endlich einen Platz in der Familiengeschichte gefunden. (kra, mit ntv.de)