Erstaunliches Urteil in München
Milde Strafe, damit Vergewaltiger Beamter bleiben kann
Mildes Urteil für einen Vergewaltiger – verhängt vor einer Frau.
Ein Mann missbraucht eine schlafende Freundin und wird dafür zu elf Monaten auf Bewährung verurteilt. Grund: bei einer höheren Strafe wäre er seinen Beamtenstatus losgeworden. „Das wäre eine sehr große Härte“, findet die Richterin vom Amtsgericht München. Es ist ein erstaunliches Urteil.
Richterin will „sehr große Härte” vermeiden
Der Schuldspruch habe viele Zuschauer des Prozesses „fassungslos“ zurückgelassen, berichtet die Lokalzeitung „tz“. Die Richterin räumt ein, dass es „nur eine sehr milde Ahndung“ sei. Zugleich stellt sie fest, dass die Vergewaltigung „sehr einschneidend“ für die Frau gewesen sei, zitiert die „Süddeutsche Zeitung“ (SZ). Über das Opfer sagt die Richterin: „Sie wird für den Rest ihres Lebens nicht mehr dieselbe sein wie vor dem Vorfall.“
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Davon ist auszugehen, schließlich war die Missbrauchte nach der Tat anderthalb Jahre lang in psychotherapeutischer Behandlung und leide laut „tz“ bis heute an einem Trauma. Die Therapie habe aus Termingründen Probleme bei ihrer Arbeit gemacht, führt die „SZ“ aus. Weiter ist die Rede von „Schlafstörungen“, einer „posttraumatischen Belastungsstörung“ und Ekel vor Männerparfüms. Umarmungen von Bekannten oder Freunden sei sie nach der Vergewaltigung ausgewichen.
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Urteil legt Verständnis für Täter nahe
Umso bemerkenswerter ist es, dass die Richterin die Interessen des Täters höher gewichtet. Der Mann und seine Verteidigung hatten als Ziel, dass die Strafe nicht höher als ein Jahr ausfällt. Andernfalls wäre er als Beamter aus dem Staatsdienst entlassen worden. „Wir haben gesehen, dass ein solches Urteil für Sie sonst eine besondere Härte hätte“, findet auch die Juristin.
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In der Urteilsbegründung „schwang aber in erster Linie Verständnis für den Täter mit“, moniert die „SZ“. Sie habe dem Täter zugutegehalten, dass er zum Zeitpunkt der Vergewaltigung mit 25 „noch sehr jung“ gewesen sei. Kurz zuvor habe er sich von seiner Frau getrennt, der Missbrauch seiner Freundin sei eine „unreife Reaktion“ darauf gewesen, die das Gericht strafmildernd werte. Deswegen soll er unter anderen fünf Beratungsstunden absolvieren.
Opferanwalt behält sich Berufung vor
Opfer und Vergewaltiger kannten sich. Am Tattag waren sie gemeinsam auf einer Party, dort betrank sich der Feuerwehrmann bis zur Besinnungslosigkeit. Um die drei Promille Alkohol soll er laut Rechtsmedizin im Blut gehabt haben, heißt es in der „tz“. Das Opfer sagt in ihrer Videovernehmung aus, dass sie den Mann mit in ihre Wohnung genommen habe. Sie hätten noch über seinen Trennungsschmerz gesprochen. Als er versucht habe sie zu küssen, wehrte sie ihn ab, er habe sich dann entschuldigt.
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Später sei sie auf der Couch eingeschlafen. Sie wurde von „Berührungen im Intimbereich“ geweckt, heißt es weiter. „Mein Rock, die Strumpfhose und mein Slip waren heruntergezogen“, sagt sie dem Gericht. Der Täter sagt hierzu: „Ich kann mich nicht erinnern und gehe davon aus, dass der Vorwurf stimmt.“ Eine Rechtsmedizinerin bestätigt, dass der starke Alkoholkonsum die Erinnerungslücken erkläre. Gleichwohl sei der Mann in sein Opfer eingedrungen, die Gutachterin stuft dies als „zielgerichtetes Verhalten“ ein.
Was passiert sei, tue ihm leid, so der Täter. Er zahlt der Frau 6.000 Euro Schmerzensgeld, muss laut Urteil 80 Sozialstunden leisten. Und kann Beamter bleiben. Der Opferanwalt hatte anderthalb Jahre gefordert, ebenfalls auf Bewährung. Er ließ laut „SZ“ offen, ob er in Berufung gehe.