FDP reicht der Hirntod nicht mehr
Macht uns bald schon ein Herz-Kreislauf-Stillstand zu Organspendern?

Werden wir bald früher für tot erklärt?
Es ist ein radikaler Vorschlag der FDP. Die Partei möchte die Todesdefinition erweitern, um damit mehr Spenderorgane zu bekommen. Künftig soll nach Willen der Partei der Herz-Kreislauf-Stillstand als Grundlage ausreichen. Doch es gibt kräftige Kritik an dem Vorschlag.
Hirntod muss zwingend nachgewiesen sein
Bisher musste bei einem Spender zwingend der Hirntod nachgewiesen werden. Mit einer Änderung der Todesdefinition könne die Spenderzahlen weiter erhöht werden, sagte die Rechtspolitikerin Katrin Helling-Plahr (FDP) der Welt. Zeitgleich trage man „dem individuellen Selbstbestimmungsrecht auch im Zusammenhang mit dem eigenen Tod Rechnung”.
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Ein entsprechendes Positionspapier soll dem Bericht zufolge am Dienstag von der Fraktion beschlossen werden. Potenzielle Spender sollen ihren Willen dann über ein explizit dafür vorgesehenes zusätzliches optionales Feld im Organspende-Register oder auf Organspendeausweisen festhalten können.
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Anhaltender Kreislaufstillstand gleichzusetzen mit Hirntod
„Aus medizinischer Sicht gibt es keinen Goldstandard bei der Erklärung des Todes”, sagte Andrew Ullmann, gesundheitspolitischer Sprecher der Fraktion und Universitätsprofessor in Würzburg der Welt. Der Tod nach einem anhaltenden Kreislaufstillstand sei mit dem Hirntod gleichzusetzen. „Ein wesentlicher Unterschied ist allerdings, dass der Herztod einfacher, aber dennoch sicher festzustellen ist.” Der Aufwand zur Feststellung des Hirntods sei immens hoch und schränke so die Zahl der potenziellen Spender von vornherein ein.
Kritik am FDP-Vorschlag kommt unter anderem von der Deutschen Stiftung Patientenschutz. Sie wirft der Partei vor, mit dem Thema auf Stimmenfang zu gehen. Eugen Brysch, Vorstand der Stiftung, sagte zur Deutschen Presse-Agentur: „Der Hirntod und der Herztod nach einem nicht behandelten Herzstillstand sind nicht das Gleiche. Doch genau das suggeriert der FDP-Vorstoß.” Weiter sagte er, dass es in Deutschland bislang Konsens sei, dass der Todeszeitpunkt mit dem Hirntod eintrete. „Denn nur dann ist der Tod irreversibel”, so Brysch. Diese Unumkehrbarkeit gebe es beim Herzstillstand nicht.
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Auch Gesundheitsminister kritisiert Vorschlag
Auch Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) hält von dem FDP-Vorschlag wenig. „Als Arzt und klarer Befürworter einer Widerspruchslösung halte ich doch den Hirntod für das sichere Verfahren für das Feststellen des Todes. Mit dem Hirntod sind Fehler ausgeschlossen.”
Mehr Organe wie Nieren, Lebern oder Herzen für schwer kranke Patienten werden seit Jahren dringend benötigt. Im vergangenen Jahr gaben 965 Menschen nach ihrem Tod ein Organ oder mehrere Organe für andere frei, wie die koordinierende Deutsche Stiftung Organtransplantation ermittelte. Zugleich standen aber 8.400 Menschen auf Wartelisten. Damit Spenden überhaupt infrage kommen, müssen zwei Fachärzte unabhängig voneinander den Hirntod eines Verstorbenen feststellen. (dpa/eon)